Mit Kirsten Zinn hat die evangelische Gemeinde Bad Brückenau nun auch ganz offiziell eine Prädikantin.
Pfarrer Gerd Kirchner erinnerte daran, dass die 57-Jährige zur Vorbereitung auf ihre umfangreichen Aufgaben einen langen Weg gegangen sei. Der Geistliche freute sich darüber, dass seine Gemeinde das alles mitgetragen habe. Denn trotz aller umfangreichen Vorbildung und praktischer Erfahrung musste auch Kirsten Zinn ein gewisses Prozedere einhalten, das mit einem enormen Zeitaufwand, komplexen Schulungen und der detaillierten Beschäftigung mit einer Fülle von religiösen Themenkreisen verbunden war. "Prädikantin ist eben ein Amt", so Kirchner. Da komme man neben intensiven und fruchtbaren Gesprächen nicht um gewisse festgeschriebene Formalitäten herum.
Dekan Till Roth, der die Beauftragung im Namen von Regionalbischöfin Gisela Bornowski vornahm, dankte der neuen Prädikantin für ihre Bereitschaft, ehrenamtlich überall dort zu wirken, "wo sie gebraucht wird". Er betonte in diesem Zusammenhang, dass alle Dienste in einer Gemeinde, egal von wem sie geleistet würden, wichtig sind. Nur so könnten die Liebe füreinander und der Zusammenhalt untereinander wachsen. "Wir brauchen dringend Menschen, die auch die Gabe haben, das Evangelium zu verkünden", machte Roth weiter deutlich. Pfarrer allein könnten das heute nicht mehr bewerkstelligen.
Emotionen gezeigt
Dann wurde es ganz feierlich. Andächtige Stille herrschte im Gotteshaus, als sich vor dem Altar neben Roth und Kirchner auch die Patinnen der neuen Prädikantin versammelten, um der Zeremonie der Beauftragung den würdigen Rahmen zu geben. Die ansonsten recht coole Kirsten Zinn, erstmals in den schlichten Prädikantentalar gekleidet, zeigte dabei durchaus Emotionen. Vor ihrer Predigt bedankte sie sich bei allen Gemeindemitgliedern für die ihr in den vergangenen Jahren zuteil gewordene Unterstützung. Es sei besonders in schwierigen Stunden stets hilfreich gewesen, den Satz "Du schaffst das" zu hören.
Nur in der Gemeinschaft
"Die mir anvertraute Botschaft ist immer größer als mein eigener Glaube", machte die 57-Jährige in ihrer Anspreche deutlich. Die Menschen hätten heute mehr denn je Sehnsucht nach leibhaftiger Erfahrung. Und das gelte es zu vermitteln, auch wenn die Ausarbeitung einer Predigt manchmal ein regelrechter Kampf sei. Mit Blick auf ihre zukünftigen Aufgaben sagte Zinn: "Allein kann ich das aber nicht bewältigen. Wir brauchen eine Gemeinschaft, auch wenn es einmal rappelt".
Neben dem eigenständigen Verfassen von Predigten darf eine Prädikantin auch das Abendmahl vollziehen und sogar die Einsetzungsworte sprechen, die sonst nur den Pfarrern vorbehalten sind. Dieser "dankbaren Aufgabe" konnte sie beim Gottesdienst sofort nachkommen, viele Kirchbesucher schritten betend zum Tisch des Herrn. Nach der offiziellen Beauftragungsfeier war minutenlanges Händeschütteln angesagt. Jeder wollte der engagierten Ehrenamtlichen seine Glückwünsche aussprechen. Zu den ersten Gratulanten zählte auch Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks.
Kirsten Zinn ist in Bad Brückenau längst keine Unbekannte mehr. Seit 14 Jahren lebt sie im Altlandkreis. Seit fünf Jahren wirkt sie aktiv in vielen Bereichen der evangelischen Kirchengemeinde und darüber hinaus mit. "Ich gehe dorthin, wo Hilfe gebraucht wird", sagt die studierte Gemeindepädagogin. Ein ganz wichtiger Aspekt ist für sie die Seelsorge. Gerade dort eröffne sich ein breites Spektrum, das weit über den öffentlichen Wahrnehmungsradius hinaus gehe. Vor diesem Hintergrund hat sie ein klares Credo: "Nicht jede Hilfeleistung muss publiziert werden". Diese Worte machen deutlich, dass ihr Aufgabengebiet viel größer ist, als es beispielsweise die im Gemeindeblatt veröffentlichen Termine dokumentieren.