Vor einem Jahr wurden die Kernzonen in Gemeinderäte und an Stammtischen heiß diskutiert. Inzwischen sind die besonderen Schutzzonen des Biosphärenreservats längst ausgewiesen. Doch was passiert eigentlich in den Kernzonen?
Dackel Freya ist nicht aufzuhalten. Wie ein Blitz fegt sie den Hang hinauf zum Kistler-Blick auf dem Totnansberg, inmitten der Schwarzen Berge. Herrchen Hannes Napp kommt kaum nach. Als Projektmanager des Biosphärenreservats Rhön ist er für Kernzonen in Bayern zuständig. "Hier auf dem Totnansberg müssen wir noch einiges tun", sagt Napp. Denn in dem Gebiet gibt es viele Fichten. Fichten aber gehören ursprünglich nicht in die Rhön. Zudem sind sie stark anfällig für Windbruch.
Wanderwege bleiben bestehen
"Das Anliegen der Kernzonen ist, dass sich die Natur ungestört entwickeln darf", sagt Michael Geier, Leiter der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön in Oberelsbach. Mit der Erweiterung des Reservats wurden rund 3900 Hektar neue Kernzonen ausgewiesen. Das Waldstück auf dem Totnansberg gehört dazu.
"Natürlich bleibt der Zugang zu Ausflugszielen wie dem Kistler-Blick erhalten", beruhigt Napp. Denn die Wanderwege in den Kernzonen bleiben bestehen und müssen auch verkehrssicher gehalten werden, erklärt er.
Auch die Jagd - die Fachleute sprechen von "Wildtiermanagement" - findet weiterhin in Kernzonen statt. "Kernzonen sind ja keine Inseln", sagt Geier. "Sonst vermehren sich die Wildschweine in der Kernzonen und nachts gehen sie in die Felder." Auch was den Schädlingsbefall, zum Beispiel durch Borkenkäfer, angeht, greife man natürlich ein, um die angrenzenden Wälder zu schützen.
Hannes Napp ist oft im Wald. Er schaut sich jede einzelne Kernzone an und arbeitet ein Konzept aus, was noch gemacht werden muss, um dem Wald die optimale Chance zu geben, ein möglichst naturnaher Urwald zu werden. Auf dem Totnansberg zum Beispiel müssten ein paar Fichten raus, ganz klar.
Ein paar Kilometer weiter - nahe des Würzburger Hauses auf dem Farnsberg - sieht es schon ganz gut aus. "Hier ist der Zustand eigentlich so, wie wir es uns wünschen", sagt Napp. "Buche auf Bundsandstein in Steilhanglage." Typisch Rhön eben.
FEstakt anlässlich der Erweiterung des Reservats
Napp hofft, dass die Bayerischen Staatsforsten noch zehn Jahre Zeit haben, um in den Kernzonen eine gute Ausgangssituation für die natürliche Entwicklung zu schaffen. Erst danach würden die Flächen sich selbst überlassen werden. Entscheidend für die Artenvielfalt im Wald ist dabei der Anteil von Totholz. "Tiere und Pilze brauchen totes Holz", begründet Geier.
In den normalen Wirtschaftswälder ist das aber Mangelware.
"Eine Eiche wird zum Beispiel nach 200 oder 250 Jahren genutzt, das heißt also gefällt", erklärt Wolfram Zeller, Leiter des Forstamtes Bad Brückenau. "Dabei könnte sie 1000 Jahre alt werden." In einer Kernzone lassen sich also bald die natürlichen Entwicklungsstadien eines Waldes ablesen - ohne das Diktat der Wirtschaftlichkeit.
Am Donnerstag, 20. November, um 15 Uhr findet ein Festakt im Rossini-Saal in Bad Kissingen statt. Gefeiert wird die Anerkennung der Erweiterung durch die Unesco. Zudem wird ein neues Rahmenkonzept für das Biosphärenreservat vorgestellt. Die Bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) hat ihren Besuch angekündigt.