Am 8. Oktober 2015 feiert Johannes Moesus seinen 60. Geburtstag. Der Dirigent prägt das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau auf seine ganz eigene, unverwechselbare Weise.
Wer Johannes Moesus nicht kennt, hält ihn für einen stillen Menschen. Für einen, der nicht gerne spricht, auch wenn er unentwegt redet durch seine Musik. Seit 2012 ist Moesus Chefdirigent des Bayerischen Kammerorchesters Bad Brückenau (BKO). Aber wenn er mit seinen Musikern im Bus unterwegs ist - zum Beispiel zu einem Konzert in der Berliner Philharmonie -, fängt er auf einmal an, lebhaft zu erzählen.
"Hier war der Grenzübergang", sagt Moesus. Hier sei er oft gewesen, früher, als die Mauer noch stand und West und Ost teilte. Jedes Mal, wenn er einen befreundeten Kirchenmusiker besuchte, musste er durch die Transitzone durch, erinnert sich Moesus. Dann zeigt er auf den Funkturm und das Internationale Congress Centrum. Als junger Mann hat er mit dem Gedanken gespielt, Medizin zu studieren.
Dann aber hat er sich ganz der Musik verschrieben.
Musikalisches Elternhaus
"Es gab den Moment, wo ich wusste, das ist das, was ich machen will und machen werde", sagt Moesus über seinen Entschluss, Dirigent zu werden. Damals war er etwa 20 Jahre alt und studierte Kirchenmusik in Hannover. Kirchenmusik wohl, weil er in einem evangelisch geprägten Elternhaus in Northeim bei Göttingen aufwuchs. Später folgten Studienjahre in Frankfurt und Wien.
Johannes Moesus ist auch in einem musikalischen Elternhaus groß geworden. Mit fünf Jahren fing er an mit Blockflöte, mit acht wechselte er zum Klavier. Im Alter von zwölf Jahren saß er schon an der Orgel. Getriezt wurde Moesus von seinen Eltern nicht, aber "manchmal wurden Prämien ausgesetzt fürs Üben", erzählt er. In einem gewissen Alter, sagt Moesus etwas verschmitzt, könne das durchaus Sinn machen.
Nach vier Jahren der Zusammenarbeit ist Johannes Moesus im BKO fest etabliert. Seine lockere Moderation, mit der er durch die Konzerte führt und den unbedarften Zuhörer an die Hand nimmt, werden in der Kurstadt geschätzt. "Seine Persönlichkeit trägt das Orchester", sagt Joachim Hunger, Vorsitzender des BKO-Freundeskreises.
"Die Menschen", sagt Moesus, "schlafen immer wieder ein. Musik schafft es, die Gefühle wieder zu erwecken." Er kann nicht sprechen, ohne die Hände zu bewegen. Moesus hat große Hände. Er dirigiert auch, wenn er spricht. Und wenn er vor seinen Musikern steht, dann sind seine Bewegungen ausladend und fließend, manchmal unendlich vorsichtig, so wie jemand ein Baby streichelt, das ihm nicht gehört.
Und wenn die Musik verklungen ist, dann sitzt er abseits und radiert in den Noten.
Momente der Transzendenz
Manchmal aber sind seine Bewegungen auch kraftvoll und voller Energie, die nicht von einem einzelnen Menschen allein kommen kann. Es gibt diese Momente der Transzendenz, wenn die Musik von den Menschen Besitz ergreift. "Das kann man nicht machen", sagt Moesus. "Es kommt oder es kommt nicht." Er spüre das an der Intensität des musikalischen Erlebens. "Ich spüre es auch daran, wie es hinter mir ist."
Und darum geht es ja bei der Musik, um die Gefühle, die zwischen Musikern und Publikum fließen: Humor und Trauer, Heiterkeit und Freude, aber auch ein Nachdenken. "Was macht mich aus? Was ist meine Aufgabe im Leben als Mensch?", stellt der Dirigent die Fragen, die Musik zu beantworten hilft.
Er selbst hat seine Antwort schon gefunden.
Die Musik macht ihn aus, die doch immer die Musik anderer ist, denn komponiert hat Moesus noch nie. Er verspüre kein Bedürfnis danach. Wenn er so über das Leben und seine Arbeit spricht, drängt sich unwillkürlich die Frage auf, ob Moesus ein gläubiger Mann ist. "Ja, schon...", sagt er, und dabei bleibt es dann auch. Manchmal verliert er eben doch nicht viele Worte.