Eine große Portion Schonungslosigkeit

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Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
 
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
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Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
 
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
 
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
 
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
 
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
 
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
Politische Parabel: Das Franz-Miltenberger-Gymnasium inszenierte "Arturo Ui" von Bertolt Brecht. Der aufhaltsame Aufstieg eines Gangsterbosses in Chicago zeigt, wie Macht Menschen manipuliert. Foto: Sebastian Schmitt
 

Die Theatergruppe bringt Brechts "Arturo Ui" zur Aufführung. Die Parabel über den aufhaltsamen Aufstieg Hitlers und den Nationalsozialisten rüttelt auf.

"Verhüllung dient zur Enthüllung", soll Bertolt Brecht einmal gesagt haben. Der einflussreiche deutsche Dramatiker und Lyriker flüchtete einst vor den Nationalsozialisten, die ab dem Jahr 1930 immer wieder seine Aufführungen störten, sabotieren wollten, vehement Druck ausübten.
In Brecht wachsen seinerzeit Angst und Sorge, er verlässt genau einen Tag nach dem Reichtagsbrand Berlin mit seiner Familie und geht ins Ausland. Am 10. Mai 1933 werden die Bücher Brechts von den Nationalsozialisten verbrannt, am Tag darauf seine gesamten Werke verboten. Zwei Jahre später wird dem international bekannten Dramatiker die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.
Es ist kein Zufall, dass Regisseur Dirk Hönerlage ausgerechnet im Jahr 2018 das Stück "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" mit seiner Theatergruppe "Kompass" des Franz-Miltenberger-Gymnasiums zur Aufführung bringt. Es ist eine Aussage. Es ist eine Botschaft. Es ist eine Mahnung. Es ist eine Warnung. Zur richtigen Zeit. Gewiss.
Denn es geht in Brechts satirischer Parabel letztlich sehr konkret um Machtergreifung, um Machtausbau der Nationalsozialisten um Adolf Hitler. Zwar verlegt Brecht das Geschehen in das zwielichtige Gangstermilieu der USA nach Chicago, aber die Ereignisse der gesamten Handlung lassen sich zumindest schemenhaft historischen Begebenheiten aus der damaligen Zeit in Deutschland zuordnen. Bei der Hauptperson "Arturo Ui" (Felix Opitz) lässt Brecht sowohl die Biografie Hitlers als auch die des legendären Gangsters Al Capone einfließen. Dadurch, dass Bertolt Brecht Hitler und seine Gefolgsleute verfremdet und sie als Gangster in Szene setzt, verliert sich der stählerne, unbeugsame Pathos von Hitlers Nationalsozialisten. Brecht wollte mit dieser Story im Jahr 1941 eigentlich im Exil den US-Bürgern den Nationalsozialismus erklären und sie aufrütteln. Dazu kam es aber unglücklicherweise nie. Das Stück wurde erst 1958, zwei Jahre nach Brechts Tod, in Deutschland uraufgeführt.
Heutzutage erfährt das Stück, das im Jahr 1941 noch verschmäht worden war, auf den Bühnen der Welt Wiederauferstehung. Auch wenn es gar nicht so leicht ist, das sperrige Lehrstück unterhaltsam und fesselnd rüberzubringen. Eine simple Parodie auf Adolf Hitler wollte Dirk Hönerlage keineswegs, denn wie sollte so die Manipulation durch Machtgier deutlich werden? "Und die Handlung haben wir auch nicht distanzlos in die gegenwärtige Welt eines globalisierten Kapitalismus oder hegemonialen Neonationalismus verlegt", sagt Hönerlage. Denn so wie die zahlreichen geschichtlichen Parallelen zum Nationalsozialismus den Szenenkommentaren zu entnehmen sind, genau so spiegelt sich die Gegenwart mannigfaltig wider. Kontrolle der Justiz, Hetzreden, Propaganda, Lenkung der Medien - all dies lässt sich in vielen Staaten der Welt finden.
Die Theatergruppe "Kompass" setzte das mahnende Theaterstück ohne effekthaschende Slapsticks, dafür aber mit einer gehörigen Portion Schonungslosigkeit um. Dabei schwankte die Inszenierung zwischen beinhart-nüchternem Lehrstück und tiefgründigem Psychothriller hin und her. Hönerlages einleitende Worte machten frühzeitig klar, dass das ganze Schauspiel einen analytischen, einen gesellschaftspolitischen Charakter besitzt. Wie in einer "Black Box" mit nur drei Wänden wird dem Publikum schonungslos die Wahrheit serviert. Dass das manchmal grotesk-komisch wirkt, ist keinesfalls Zufall, sondern Teil der Übung. Der Verfremdungseffekt sorgt dafür, dass der Zuschauer die Distanz wahren kann und zu eigenen Erkenntnissen gelangt.
Der Aufstieg Arturo Uis war aufhaltsam, wäre zu verhindern gewesen. Im Laufe des Stücks wird überdeutlich: Der Gangsterboss hätte ohne die Mithilfe anderer Gefolgsleute niemals seinen Triumphzug vollziehen können. Von Glücksfällen begünstigt, hätte Arturo Ui an vielen entscheidenden Stationen seines Aufstrebens gestoppt werden können. Brechts Mahnung hallt bis heute unentwegt weiter: "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch." Gut, dass die Schüler der Franz-Miltenberger-Gymnasiums diese Warnung aufgegriffen haben. Das sprachlich äußerst anstrengende, bisweilen beschwerliche Bühnenstück mit sehr jungen Schauspielern aufzuführen, ist eine große Herausforderung. Die Theatergruppe "Kompass" hat sie mit Bravour gemeistert.

Termin: Die letzte Aufführung des Schülertheaters ist am Sonntag, 18. März, zu sehen. Die Vorstellung beginnt um 19.30 Uhr im Lola-Montez-Saal im Staatsbad. Es gibt noch Restkarten an der Abendkasse.

Darsteller: Felix Opitz, Manuel Helfrich, Jennifer Raab, Mirco Stankovic, Aleksandar Yordanov, Johanna Blank, Jonathan Jehn, Manuel Meißner, Vanessa Schmitt, Fabian Meißner, Anna Mathes, Paul Vogler, Sebastian Baus, Celine Schmidt, Anne Ortloff, Leander Nickola, Celine Schmitt, Kilian Schaab
Kulissenbau und Technik: Sebastian Baus, Leon Porzelt, Kilian Schaab, Paul Vogler, Eric Weis
Musik: André Degand, Kilian Schaab, Sebastian Baus
Plakat: Leander Nickola, Paul Vogler, Alexandra Brunkherr
Maske: Celina Halbleib, Anna Julius, Jessica Stembik
Souffleuse: Anne Ortloff
Kostüme: Theater Maßbach
Gesamtleitung: Dirk Hönerlage


Kommentar von Sebastian Schmitt:
Antwort auf drängende Fragen
Dass Bertolt Brecht im Theaterstück "Arturo Ui" aus Adolf Hitler einen amerikanischen Gangsterboss gemacht hat, wurde weltweit zunächst nicht nur wohlwollend aufgenommen. Noch bevor die Parabel überhaupt auf die Bühne gebracht wurde, hatte sich Brecht mit dem Vorwurf beschäftigen müssen, es sei ethisch-moralisch nicht zulässig, "große Verbrecher dem Gelächter preiszugeben". Doch Brecht hatte entwaffnende Antworten parat. Erstens halte er, so Brecht, Hitler überhaupt nicht für einen "großen Verbrecher", sondern für einen "Verüber großer politischer Verbrechen", und zweitens zeige der "kleinbürgerliche" Respekt der Überlebenden, wie wichtig es sei, den Bann durch Gelächter zu brechen, in den Hitler und dessen nationalsozialistische Ideologie viele Menschen auch nach 1945 noch ziehe. Brechts wohl überlegte Antworten haben im Frühjahr 2018 weiterhin Gültigkeit und Bestand. Die eindrucksvolle Inszenierung durch das Franz-Miltenberger-Gymnasium ist eine richtige Antwort auf viele drängende Fragen. In einem zerrissenen Europa, das den Nationalismus schon wieder feiert.