Eckartser Feuerwehr schafft einen Defi an

3 Min
Kommandantin Jennifer Stoeck und Rettungsassistent Florian Stoeck stellen den Defibrillator vor. Ihr Plan ist es, ihn am Dorfplatz mitten in Eckarts aufzuhängen. Foto: Julia Raab
Kommandantin Jennifer Stoeck und Rettungsassistent Florian Stoeck stellen den Defibrillator vor. Ihr Plan ist es, ihn am Dorfplatz mitten in Eckarts aufzuhängen.  Foto: Julia Raab

Kommandantin Jennifer Stoeck und Rettungsassistent Florian Stoeck wissen, wie wichtig solche Geräte sind.

Unbegreiflich ist er, und meistens tödlich: der plötzliche Herzstillstand. Wenn nicht sofort eingegriffen wird, tritt nur wenige Minuten später der Herztod ein. "In Deutschland werden nur etwa zwei von 100 Menschen gerettet, die ein Herz-Kreislauf-Versagen erleiden", erklärt Florian Stoeck, der in seinem Alltag als Rettungsassistent häufig mit solchen Fällen konfrontiert wird.


"Es kann jeden treffen"

Der studierte Psychologe ist bei der Freiwilligen Feuerwehr in Eckarts aktiv und hat auch hier schon viele Einsätze hinter sich gebracht, bei denen es um Leben und Tod ging. "Es kann wirklich jeden treffen, von null bis 99 Jahren", mahnt er. In anderen Ländern - wie beispielsweise den USA, Schweden oder Norwegen - gebe es eine höhere Wahrscheinlichkeit, einen Herzstillstand zu überleben.
Doch worin liegt der große Unterschied? Eine aktuelle Auswertung der Daten des Deutschen Reanimationsregisters zeigt, dass Deutschland in Sachen Wiederbelebung starken Nachholbedarf hat: Nur 15 Prozent der Bevölkerung beginnt in der Bundesrepublik vor Eintreffen des Rettungsdienstes mit Wiederbelebungsmaßnahmen. In den meisten anderen europäischen Ländern liegt die Rate viel höher: In Schweden und Norwegen etwa beginnen 60 Prozent der Ersthelfer im Notfall mit einer Herzdruckmassage.


Zehn Minuten bis zum Eintreffen

"Diese riesigen Unterschiede sind auf mehrere Faktoren zurückzuführen", meint Dr. Georg Kochinki, ärztlicher Leiter der Integrierten Leistelle Schweinfurt (ILS). In der ILS treffen alle Notrufe aus den Landkreisen Bad Kissingen, Haßberge, Rhön-Grabfeld, Schweinfurt und Stadt Schweinfurt ein und werden an die jeweilige Rettungsstelle weitergegeben. "In anderen Ländern wird erste Hilfe und Reanimation viel höher bewertet als in Deutschland." In Deutschland fehle die Lobby und es gebe ein sehr professionelles Rettungssystem. Deshalb erscheine vielen Menschen die Erstversorgung als nicht maßgeblich, erklärt Kochinki. Doch gerade bei Herzstillstand zähle jede Sekunde. Thomas Schlereth, der Leiter des ILS, bestätigt den ärztlichen Leiter und fasst zusammen: "Wer nichts tut, der sorgt dafür, dass es fatal ausgehen kann."
"Es dauert etwa zehn Minuten, bis der Krankenwagen nach Absetzen des Notrufes eintrifft. Das sind leider zehn Minuten zu viel", erklärt Stoeck aus Erfahrung, denn beim Kammerflimmern oder dem Herzstillstand können nach etwa drei bis fünf Minuten ernsthafte Hirnschäden aufgrund des Sauerstoffmangels entstehen. Nach zehn Minuten sinke die Überlebenschance auf null. Die einzige Rettung in einem solchen Fall ist - zusammen mit der Herzdruckmassage im Vorfeld - die Defibrillation. Dabei bekommt das Herz einen Stromstoß zugefügt, der alle Herzmuskeln gleichzeitig erregt, damit danach die Muskeln wieder auf normalem Wege stimuliert werden.


Durch Festerlöse finanziert

Genau für solch einen Fall - das Herz-Kreislauf Versagen - hat die Feuerwehr Eckarts einen "Automatischen Externen Defibrillator" (AED) angeschafft, der auch von Laien im Notfall bedient werden kann. Die Kosten habe der Verein aus den Einnahmen von Festen getragen. Die medizinische Versorgung sei zwar nicht Pflicht für eine Wehr, meint Florian Stoeck, doch er und Kommandantin Jenny Stoeck sehen es als Leistungssoll.
Beim Öffnen des Geräts beginnt eine Stimme Anweisungen zu geben und führt jeden an die Defibrillation heran. "Im Erste-Hilfe-Kurs lernt man die Herzdruckmassage, die den Zustand verlängern kann, bis der Notarzt eintrifft und eine Defibrillation durchführt", sagt Rettungsassistent Stoeck. Das sei der ausschlaggebende Grund dafür, dass der AED angeschafft wurde, denn die Feuerwehr sei oft zuerst an der Notfallstelle, wenn sie parallel zum Rettungsdienst alarmiert wird.
"Außerdem haben wir angedacht, den AED für die gesamte Dorfbevölkerung zugänglich zu machen, indem wir ihn in einem Gehäuse am zentral gelegenen Dorfplatz aufhängen", ergänzt Stoeck. Bei Bedarf fahre die Wehr sowieso am Dorfplatz vorbei und nehme ihn dann zum Einsatz auf. Doch dafür benötigen sie weiteres Geld, denn das AED muss in ein Gehäuse mit Klimamodul eingebaut werden, damit es draußen hängen könne.
"Denkbar wäre auch ein GPS-Modul, so dass Wanderer in der Umgebung im Notfall auf das Gerät zugreifen können", geht Stoeck noch einen Schritt weiter. Aber das seien Kosten, die die kleine Feuerwehr nicht alleine tragen könne. Dafür brauche es finanzielle Unterstützung aus der Bevölkerung.
Der ärztliche Leiter der ILS begrüßt die Anschaffung der Eckartser Wehr und findet sie hervorragend. "Eigentlich müsste an jeder Ecke ein Defibrillator hängen", ermahnt er. Wie Stoeck plädiert er dafür, dass es viel mehr in das Bewusstsein der Bevölkerung dringt, denn die Erfahrung in anderen Ländern zeige, wie erfolgversprechend solche Geräte - neben Erste-Hilfe-Kursen in der gesamten Bevölkerung - seien. Mit wenig Aufwand könne man Leben retten, unterstreicht Stoeck. Wenn nur ein Leben damit gerettet werde, habe sich die teure Anschaffung schon gelohnt.
In der ILS Schweinfurt, bei der jeder abgesetzte Notruf zentral eingeht, gibt es seit zwei Jahren auch die Telefonreanimation. "Das ist schon ein großer Schritt, denn so kann auch ein Laie per Telefon durch die Erstversorgung geführt werden", berichtet Dr. Kochinki, doch es sei erst der Anfang. Deutschland sei bei diesem Thema ein Entwicklungsland und es bedürfe noch viel mehr, um die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren.

Kurse Die Feuerwehr Eckarts plant ein Wiederbelebungsschulung zum Thema Herzstillstand an. Termin ist der 28. Juni um 19 Uhr im Gasthaus "Schwarzes Ross" in Eckarts. Ein Erste-Hilfe-Kurs findet am Freitagabend und Samstag, 15. und 16. Juli, in Eckarts statt. Anmeldung an Jenny-Stoeck@ web.de oder 0171/ 1860 776.

Zahlen Bis zu 100  000 Menschen sterben in Deutschland jährlich an einem plötzlichen Herztod. Er zählt zu den häufigsten Todesursachen. Nur 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland beginnt vor Eintreffen des Rettungswagens mit der Reanimation. Zehn Minuten dauert es im Schnitt, bis der Rettungswagen vor Ort ist. Nach 10 Minuten gibt es im Falle eines plötzlichen Herzstillstandes keine Überlebenschancen mehr, wenn nicht vorher mit der Reanimation begonnen wird.