Imker Walter Heck hegt und pflegt mit viel Herzblut seine Bienen. Manchmal blutet ihm aber auch sein Herz, wenn Bienen sterben. Jetzt muss er seine Stöcke winterfest machen.
Käme jemand zu Walter Heck, mit der Bitte um Tipps für eine erfolgreiche Imkerei, hätte der Weißenbacher genug Ratschläge für ihn auf Lager. Er selbst hält Bienenvölker seit 35 Jahren und hat sowohl das Wissen, als auch das Bauchgefühl in Sachen Bienenzucht und Bienenpflege. Der wichtigste Tipp ist jedoch: "Ein Imker muss das Herzblut mitbringen."
Groß sind die Anforderungen, die ein Imker erfüllen muss. Denn der Biene von heute fehlt auf Grund von Züchtungen die Fähigkeit, ganz allein in der Natur zurechtzukommen. "Bienen sind auf uns angewiesen", erzählt Walter Heck.
Zu weit sei die moderne Biene von der Urbiene entfernt. In Amerika sei die sogenannte "Killerbiene" noch zu finden, die ihren Namen ihrer natürlichen Aggressivität verdankt.
Zwar produziere diese Biene nicht so viel Honig wie die Zuchtbiene Carnica, doch habe sie die nötigen Abwehrmechanismen, um alleine zu überleben.
Zuckerlösung im Winter Die Carnica-Biene wurde "auf Sanftmut und Ertrag gezüchtet", verloren gegangen ist dagegen die Fähigkeit, sich den Tücken des Lebens zur Wehr zu setzen. Das fängt schon bei der Winterruhe an. Zwar bilden die Tiere im Stock eine Traubenform, mit der sie ihre Königin bei konstanten 37 Grad Celsius wärmen. Über den Winter brauchen sie jedoch ständig Energie, von der sie zehren können. Während die Urbiene ihren Wintervorrat in Form von Waldhonig selbst noch anlegen konnte, verträgt die heutige Biene diesen Honig gar nicht mehr.
Der Imker muss im Oktober mit Zuckerwasser aushelfen. Das sei gar kein so kümmerlicher Ersatz, so Heck.
"Denn Zucker vertragen die Bienen sehr gut", verrät Walter Heck. Walter Heck kauft sie als Fertiglösung - 400 Liter Zuckerlösung für seine 20 Stöcke.
Normalerweise genügt es, einmal im Jahr - vor dem Winter - zu füttern. Bei extrem schlechtem Wetter, wie im Frühjahr dieses Jahres, sei dies jedoch ebenso nötig.
Mäusefest machen Bevor der Winter Einzug hält, müssen die Bienenstöcke noch mäusefest gemacht werden. Vor das Flugloch befestigt Walter Heck eine Platte, das die Öffnung verkleinert, einzelne Wächterbienen jedoch noch zur Kontrolle vor die Tür kommen lässt.
Ein Schutz gegen den Biber ist laut Heck vielleicht auch noch vonnöten: "Der kommt zwar nicht in den Stock, stört die Bienen aber in ihrer Winterruhe." Die Folie, die über dem Brutraum liegt und die klebrigen Waben vom Deckel trennt, wird Heck durch eine Schicht Zeitungen ersetzen. "Die Zeitungen saugen das Kondenswasser auf. Im Frühjahr holen sich die Bienen das wieder für die neue Brut."
Bis Ende Dezember wird der 47-Jährige immer mal nach dem Rechten sehen, von Januar bis März lässt er seine Schützlinge jedoch ganz in ihrer Winterruhe.
Vor zwei Jahren hat die Var-roamilbe sehr in den Bienenstöcken von Walter Heck gewütet und seinen Bestand deutlich dezimiert. Gegen die Milbe, die aus Asien eingewandert ist, hat die europäische Biene keinen Schutz. Der Imker muss nach dem Abschleudern des Honigs im August die erste Behandlung mit Ameisensäure vornehmen.
Nach dieser Therapie bekommen die Bienen eine Thymolanwendung mit Langzeitwirkung. Ende November wird nach der Brut die letzte Milbenbehandlung mit Oxalsäure vorgenommen. In den Jahren 2011 und 2012 hatte Walter Heck alle diese Behandlungen durchgeführt, täglich seine 20 Bienenstöcke kontrolliert. "Und ich musste trotzdem zuschauen, wie die Bienen sterben. Zehn, zwölf Völker sind eingegangen." Das Herz des Imkers blutete.
Chemie darf bei der Milbenbehandlung nicht eingesetzt werden, Rückstände landeten irgendwann im Honig. "Der Imkerbund hat höhere Auflagen als das Gesetz", weiß Walter Heck.
Mit vielen Problemen hat die Biene zu kämpfen. Neben der Varroamilbe aus Asien bedroht die Faulbrut aus Amerika die Gesundheit der Immen. Und vom benachbarten Feld kommt die nächste Gefahr. Insektizide werden von den Bienen aufgenommen und führen zu deren Tod.
Walter Heck schimpft auf die "Spritzerei und die Monokulturen. Das hat mit Natur nichts mehr zu tun."
Dabei ist die Biene zu weit mehr fähig, als nur für den Brotaufstrich zu sorgen. "Die Biene bestäubt sämtliche Blüten und Pflanzen, von denen sich andere Tiere ernähren," berichtet Walter Heck. Würde die Biene nicht mehr sein, blieben dem Menschen noch vier Jahre, habe einst Albert Einstein gesagt.
"Die Welt wird nicht gleich untergehen, aber es wäre nicht mehr die gleiche", sagt Heck. Im Nahrungskreislauf der Natur sei die Biene nahrungsfördernd, worauf die Natur hingegen verzichten könne, sei der Mensch. Dem Profitdenken und dem Immer-mehr-haben-Wollen kann Walter Heck nichts abgewinnen. Aber: "Ein Mehr an Bienen ist immer gut."
In jedem Winter gebe es Verluste, die durch neue Bienenvölker ausgeglichen werden sollen. Walter Heck züchtet selbst Jungvölker heran.
Wenn der Imker vor dem Honigschleudern die Bienen von der Wabe kehrt, gibt er sie mit einer Königin in eine Ablegerkiste. "Nach einem Monat ist es dann ein Jungvolk." Zum einen seien die Jungvölker eine "Rückversicherung für den Imker", zum anderen werde die Altersstruktur erneuert.
Die Biene werde allerdings gar nicht so alt. Die Lebenserwartung einer Sommerbiene beträgt nur 50 bis 60 Tage, die einer Winterbiene dagegen 200 Tage. Die Sommerbiene sei nach vielen Flügen einfach "abgearbeitet". Eine Wildbiene lebe sogar nur 14 Tage bis drei Wochen.
Winterbienen heranziehen Ab Juli werden im Bienenstock die Winterbienen herangezogen, die Aufzucht ist vom Futter abhängig.
Ebenfalls futterabhängig ist die Aufzucht einer neuen Königin. Die Königin entscheidet über die Beschaffenheit ihres Staates, erzählt Walter Heck.
Wenn ein Volk "zu garstig" ist, setzt er eine Königin aus einem ruhigeren Volk ein, die die Bienen entsprechend beeinflussen soll. Das Wissen, das sich Walter Heck über die jahrzehntelange Beschäftigung mit Bienen angeeignet hat, wird inzwischen von seinem Bauchgefühl nicht nur ergänzt, sondern fast abgelöst. "Ich denke nicht mehr darüber nach", so Heck. Ein Kribbeln im Bauch verrate ihm: "Jetzt muss ich was machen." Vom ersten Bienenschwarm, der in den Garten seines Vaters geflogen war, ist bis jetzt eine Leidenschaft entstanden, die Walter Heck nicht mehr missen möchte. Von seinen circa 800 000 Bienen, die sich auf vier Kästen zu je fünf Bienenvölkern verteilen, erfährt den Frührentner Ruhe und Gelassenheit.
Die Bienen kennen ihren Imker und gewähren ihm Einblick in ihren Stamm. Genauso kennt Walter Heck seine Bienen. "Sie sind heuer sehr zufrieden, so ruhig wie sie brummen", zeigt Walter Heck, dass alles stimmt. Trotz des kühlen Frühjahrs haben die Bienen ihm ein gutes Honigjahr beschert. In der noch ländlichen Idylle ist beider Motto: "Leben und leben lassen".