Mit der Ablösung der Filmrolle geht eine Ära zu Ende. Für viel Geld hat Carola Berner-Löhmer die Rhönlichtspiele in Bad Brückenau auf digitale Technik umgestellt. Nach mehr als einjähriger Pause flimmert am Donnerstag der erste Film über die Leinwand.
So wie es mal war, wird es nie wieder sein. Bildrauschen? Filmmusik aus knisternden Lautsprechern? Surren, wenn der Projektor den Film durch die Schaltrolle zieht? Rainer Mensing lacht. "Bei aller Nostalgie... die Digitalisierung hat auch Vorteile", sagt Mensing von "Cine Project". Zusammen mit seinem Kollegen Alexander Appel hievt er einen schwarzen Kasten auf eine Art Tisch. Der surrt nicht. Und macht auch kein Bildrauschen. Vielmehr spielt er die Daten von einem kleinen Server ab. Nicht mehr lang, und er wird sich die Filme per Satellit auf die Platte holen.
Seit 1924 in Familienbesitz "Die Zukunft ist digital", sagt Carola Berner-Löhmer. Nach dem tragischen Tod ihres Mannes Paul Löhmer, stand sie oft hier im Vorführraum. Dort, wo er immer stand und seine Filme spielte. "Seit Jahren haben wir über die Digitalisierung gesprochen", erzählt Berner-Löhmer. Umsetzen musste sie sie dann allein.
Mit Hilfe von Krediten und Fördermitteln investierte sie in die teure Technik, baute das Foyer um, erneuerte die Sanitäranlagen. "Das ist für mich ein Abschluss und ein Neustart zugleich", sagt sie über die Rhönlichtspiele, die seit 1924 in Familienbesitz sind.
Derweil fachsimpeln Appel und Mensing über den Wandel. "Im nächsten Jahr gibt es keine Filmrollen mehr. In anderen Ländern ist es schon so", erzählt Appel. Schon lange produziert die Filmindustrie ihre Streifen digital. Nur zur Ausstrahlung wurden die Daten auf herkömmliche Rollen gepackt. Die Herstellung einer so genannten Master-Rolle kostete bis zu 1500 Euro pro Film und war eigentlich ein technischer Rückschritt. "Bei jedem Abspielen geht ein Stück Qualität verloren, genauso auch beim Kopieren", sagt Appel.
"Die Filmrollen kamen im Paket und mussten erst mühevoll zusammengeklebt werden", erinnert sich Berner-Löhmer.
Das Ergebnis war zwischen 30 und 40 Kilogramm schwer. Das ist nun Geschichte. Hierzulande seien 80 bis 90 Prozent der Kinos bereits umgerüstet, berichtet Appel. Die analoge Technik wandere mitsamt den alten Filmrollen nach Afrika und Asien. Dort verzögere sich die Digitalisierung etwas, aber über kurz oder lang werde sie sich auch dort durchsetzen. Denn: "Hollywood schafft die Filmrolle ab", stellt Appel fest.
Für 3D-Filme ausgerüstet Was die Kurstadt angeht, so sind die Rhönlichtspiele auf dem neuesten Stand. Sogar 3D-Filme kann Berner-Löhmer spielen. Am kommenden Donnerstag flimmert "Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen 2" in 3D über die Leinwand. Außerdem wird "Frau Ella" mit Matthias Schweighöfer gezeigt.
Viele Brückenauer stellten sich hinter "ihr" Kino: Im November 2012 fanden sich knapp 40 Unterstützer zusammen.
Sie machten sich Gedanken, in welcher Form es weitergehen könnte, und trugen Fördermöglichkeiten zusammen. Im Frühjahr stand ein Verein kurz vor der Gründung, doch Berner-Löhmer entschied sich, das Kino als Familienbetrieb weiterzuführen. Es ist das Haus. Es ist das Kino. Und die Kinder.
"Es ist ein Weiterleben", sagt Berner-Löhmer. An der Pinnwand hängt eine schwarz-weiß Fotografie, auf der Paul Löhmer mit seiner Tochter zu sehen ist. Das Kind thront stolz auf dem Motorrad ihres Vaters. "Ich will die Kinder nicht auf das Kino festnageln", sagt Carola Berner-Löhmer. Ihr jüngster Sohn ist gerade einmal 18 Jahre alt. Auch wenn die Kinder helfen, wo sie können, sieht sie die Rhönlichtspiele als ihre Aufgabe an. Und eben nicht nur als Gedächtnis. "Weil ich Kino liebe."