Blick auf die Geschichte des Brückenauer Faschings

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Eines der ältesten Zeugnisse der Brückenauer Faschingsgeschichte: Josef Bott fotografierte die Teilnehmer des Faschingszuges am 15. Februar 1899. Bereits damals war der Faschingsausklang auf dem Marktplatz Abschluss und Höhepunkt der närrischen Zeit. Foto: Archiv Thomas Dill
Eines der ältesten Zeugnisse der Brückenauer Faschingsgeschichte: Josef Bott fotografierte die Teilnehmer des Faschingszuges am 15. Februar 1899. Bereits damals war der Faschingsausklang auf dem Marktplatz Abschluss und Höhepunkt der närrischen Zeit. Foto: Archiv Thomas Dill
Die 87-jährige Else Prause mit einem Foto aus dem Jahr 1924, in dem ihr Vater eine Nordpol-Expedition nachstellte. Foto: Ralf Ruppert
Die 87-jährige Else Prause mit einem Foto aus dem Jahr 1924, in dem ihr Vater eine Nordpol-Expedition nachstellte. Foto: Ralf Ruppert
 
 
Das Prizenpaar 1939: Steffi I. (Stefan Weigand) aus der Altstadt und Else Sippel als "Ihre Lieblichkeit Else von Apothekia". Foto: Archiv Helmut Marx
Das Prizenpaar 1939: Steffi I. (Stefan Weigand) aus der Altstadt und Else Sippel als "Ihre Lieblichkeit Else von Apothekia". Foto: Archiv Helmut Marx
 
In den 1970er Jahren beerdigten Brückenauer Jugendliche symbolisch Versprechen, darunter sind spätere Stadträte. Foto: Archiv Prause
In den 1970er Jahren beerdigten Brückenauer Jugendliche symbolisch Versprechen, darunter sind spätere Stadträte. Foto: Archiv Prause
 
Diese Befürchtung von 1939 ist längst Realität. Foto: Archiv Helmut Marx
Diese Befürchtung von 1939 ist längst Realität. Foto: Archiv Helmut Marx
 
Gabi Pankerl organisiert heuer wieder den Umzug. Foto: Ralf Ruppert
Gabi Pankerl organisiert heuer wieder den Umzug. Foto: Ralf Ruppert
 
Bild des Faschingszuges 1949. Foto: Kalmund-Archiv
Bild des Faschingszuges 1949. Foto: Kalmund-Archiv
 
Bild des Faschingszuges 1949. Foto: Kalmund-Archiv
Bild des Faschingszuges 1949. Foto: Kalmund-Archiv
 
Ein Sprengwagen auf dem Umzug 1939.
Ein Sprengwagen auf dem Umzug 1939.
 
Die Leibgarde des Prinzenpaares mit Hellebarden 1939.
Die Leibgarde des Prinzenpaares mit Hellebarden 1939.
 

Heute vor 75 Jahren zog der letzte Faschingszug vor dem Krieg durch die Innenstadt. Zeitzeugin Else Prause erinnert sich noch gut an die alten Traditionen und hat jede Menge Bilder gesammelt.

Der Umzug am Faschingsdienstag in Bad Brückenau ist alljährlich der Höhepunkt des närrischen Treibens weit und breit. Das ist schon seit mehr als 120 Jahren so - allerdings mit zwei langen Kriegspausen. "Die Männer waren alle eingezogen und es war niemandem nach Feiern", erinnert sich die 87-jährige Else Prause, dass nach dem Umzug 1939 für zehn Jahre Pause war. "Wir konnten doch nicht Fasching feiern, und die Männer wurden tot geschossen", sagt sie nachdenklich.

Auf den Tag genau vor 75 Jahren, am 21. Februar 1939, zog zum letzten Mal vor der Kriegspause ein mehr oder weniger unbeschwerter Gaudiwurm durch die Stadt. Damals wie heute waren Wagen- und Fußgängergruppen unterwegs, Aufstellung nahmen die Narren in der Leim-bachstraße.

Prinzenpaar Steffi und Else

Das Zepter als Faschingsprinz schwang in der Session 1939 Steffi I. (Stefan "Steffi" Weigand) aus der Altstadt. Sein Vater Anton hatte dort ein Sattlergeschäft. Aus der unmittelbaren Nachbarschaft, der Schwan-Apotheke, kam die Faschingsprinzessin Else Sippel, "Ihre Lieblichkeit Else von Apothekia". "Else Sippel war auch nach dem Krieg noch mehrfach Faschingsprinzessin", berichtet Else Prause.

"Der Faschingsumzug war früher schon der Höhepunkt des Faschings, aber es ging natürlich viel primitiver zu", sagt Prause. Das zeigen auch die Fotos: Mit Pferde-Fuhrwerk und Kühen zogen die Narren durch die Stadt. "Achtung, Achtung! Eingemeindung Brückenau-Wernarz" ist auf einer der alten Fotografien zu lesen (siehe rechts). Laut Else Prause wurden vor dem Krieg weder Süßigkeiten ausgeworfen, noch Alkohol ausgeschenkt. "Die Menschen gingen danach aber in die Gaststätten, die Geschäfte haben meistens mit Beginn des Faschingszuges geschlossen."

"Krieg steckte in den Knochen"

Die vielen Fotografien in ihrem Archiv zeigen: "Meine Familie hat seit jeher beim Fasching mitgemacht." Das Malergeschäft war dabei natürlich vor allem für die Kulissen und die Ausstattung der Motivwagen zuständig. Die stattliche Sammlung an Faschingsorden belegt die Dankbarkeit der Narren.

Dass es zehn Jahre dauerte, bis der Gaudiwurm wiederbelebt wurde (siehe Info-Kasten), wundert Else Prause nicht: "Uns steckte der Krieg noch in den Knochen", erinnert sie sich, und: "So viele Männer haben gefehlt." 1949 ging es dann wieder weiter. Im Archiv der Familie Kalmund gibt es auch zwei Bilder dieser Nachkriegspremiere. "Den Steuerzahler man erkennt, er ist ausgezogen bis aufs Hemd", lautete damals der Spruch auf einem der wenigen Wagen - ein durchaus zeitloser Spruch, der so jederzeit wiederverwendbar wäre.
Der diesjährige Faschingsumzug steht ganz im Zeichen eines anderen Jubiläums: Vor 60 Jahren wurde die "Erste Große Bad Brückenauer Karnevalsgesellschaft" gegründet.

Ursprünge 1884 wurde der Turnverein gegründet, der sich in seinen Statuten unter anderem "Frohsinn und Fröhlichkeit, Gemütlichkeit und Erholung von des Berufes Mühen" als Ziel vorgegeben hat. Bereits im Februar 1885 wurde der erste Maskenball, im Januar 1887 ein Maskenzug durch die Stadt veranstaltet. Parallel organisierte die Gesellschaft "Frohsinn" die ersten Fastnachtsumzüge. Der erste echte Faschingsumzug des TV steht für 1892 in der Vereinschronik, er stand unter dem Motto "Das Narrenkomitee in Kamerun".

Stationen 1894 erschien vermutlich die erste Faschingszeitung "Der Hechel! Die Kneipp-Zeitung des Turnvereins", weitere Faschingszeitungen wie "Die Eintagsfliege", "Turnfelser Kniebohrer", "Bröckenäer Pinsel" oder "Sauerbrönnskarrn" folgten. 1900 wurde am Faschingsdienstag für den Turnhallenbaufonds gesammelt. Bereits im Ersten Weltkrieg setzten die Faschingsaktivitäten aus. Im Fasching 1929 gab es die Bezirksmeisterschaft im Schubkarrenrennen in der Ludwigstraße. Durch die Wirtschaftskrise fiel der Faschingszug wohl auch Anfang der 1930er Jahre mehrfach aus. Danach ging es immer mehr im rheinischen Stil mit Motivwagen weiter.

Neubeginn Die Initiative zum ersten Nachkriegsfasching ging ebenfalls vom Turnverein aus: Im Dezember 1948 trafen sich die "Allernärrischsten" zur Organisation. 1954 gründete sich dann aus dem Faschingsausschuss des TV die "Erste Große Bad Brückenauer Karnevalsgesellschaft" als eigenständiger Verein, der heute den Umzug organisiert.

Anmeldung Der diesjährige Faschingszug steht unter dem Motto "60 Jahre Sternenglanz". Er beginnt am Faschingsdienstag, 4. März, um 14.11 Uhr. Die Gruppen stellen sich ab 12.30 Uhr im Alten Schlachthofweg und der Sinnaustraße auf und ziehen dann durch Bahnhof-, Unterhain- und Ludwigstraße. Anmeldung bis morgen, Samstag, 22. Februar, an Gesellschaftspräsidentin Gabi Pankerl, Tel.: 09741/ 5999, Mail Gabi@bruekage.de.