Bad Brückenau: Badeärzte gesucht!

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Dr. Jürgen Kleinhenz hat seine Praxis im Elisabethenhof mitten im Schlosspark des Staatsbades Bad Brückenau. Foto: Ulrike Müller
Dr. Jürgen Kleinhenz hat seine Praxis im Elisabethenhof mitten im Schlosspark des Staatsbades Bad Brückenau. Foto: Ulrike Müller

Immer weniger Ärzte machen die Ausbildung zum Badearzt. Für das Prädikat "Heilbad" ist die ärztliche Begleitung von Patienten aber wichtige Voraussetzung.

Seit Jahrhunderten kommen Menschen nach Bad Brückenau, um das Wasser der Heilquellen zu trinken und darin zu baden. Viele kommen, weil sie krank sind, manche, weil sie etwas für ihre Gesundheit tun möchten, bevor es zu spät ist. Die klassische Trink- und Badekur ist eine Kurform, bei der es um Letzteres geht: Erholen, Bewegen und gute Ernährung. Vorsorge statt Nachsorge. Prävention statt Rehabilitation. Und das alles unter ärztlicher Aufsicht durch einen Badearzt.


Aufwendige Ausbildung

"Für uns ist das Kernthema Gesundheit, und da gehört der Arzt mit dazu", macht Klaus Holetschek, Vorsitzender des Bayerischen Heilbäder-Verbandes, deutlich. Die Badeärzte aber werden immer weniger. "Ambulante Badekuren spielen in Bad Brückenau, wie in vielen anderen Kurorten bundesweit, zahlenmäßig keine Rolle mehr", stellt Karin Bauer, Leiterin der Tourist-Info, fest. In der Stadt gebe es derzeit noch zwei Badeärzte, die allerdings aus Altersgründen vermutlich bald aufhören.

"Für eine Praxis ist die Nachfolge gesichert, jedoch fehlt die Zusatzausbildung zum Badearzt", erklärt Bauer. Andrea Schallenkammer, Kurdirektorin des Staatsbades Bad Brückenau, berichtet Ähnliches. Ihr Eindruck sei, dass an der Basis - also dort, wo über die Bewilligung von Kuren entschieden wird - die ambulante Badekur gar nicht mehr präsent ist. Ist sie gar ein Relikt der Vergangenheit?


Rückgang der Kuren

Dr. Jürgen Kleinhenz lacht. "So, wie es im Moment aussieht, könnte man das denken." Vor 14 Jahren hat er sich im Staatsbad als Arzt niedergelassen. Weil seine Vorgängerin Dr. Heidi Teubert die Zusatzausbildung zur Badeärztin gemacht hatte, nahm auch Kleinhenz an der Weiterbildung teil. "Das war schon interessant. Aber es war auch aufwendig." Immer wieder kritisieren Ärzte, dass die Zusatzqualifikation des Badearztes sehr zeit- und kostenintensiv sei. Entscheidender dürfte aber sein, dass die Vergütung für die Behandlung wenig attraktiv ist. Etwa 70 bis 80 Patienten betreute Kleinhenz im vergangenen Jahr als Badearzt. Die Behandlung, sagt er, rechne sich nicht "gerade, wenn man es vernünftig machen will".

Mit vernünftig meint Kleinhenz vor allem eins: Zeit. Er möchte den Patienten gerecht werden. Dazu gehört, die Krankheitsgeschichte zu erfragen, einen Therapieplan aufzuarbeiten und gegebenenfalls während des Aufenthaltes anzupassen. Auch einen weiteren Bereich möchte der Arzt nicht ausklammern. Wenn beispielsweise Patienten einen Angehörigen mit einer Krebserkrankung zur Reha begleiten und die Zeit selbst für eine Badekur nutzen, dann komme oft die ganze Belastung von zuhause hoch. "Auch das gehört zu einem guten Konzept, dass man Zeit für ein Gespräch hat", sagt er und lobt die Zusammenarbeit mit der Kurseelsorge.


Ausbildung zum Badearzt wird gefördert

Die Erfahrungen in Bad Brückenau stehen stellvertretend für die Situation vieler Badeärzte. Zudem sind viele Hausärzte "wenig motiviert, eine Kur zu beantragen, weil die kaum noch bewilligt wird", erklärt Holetschek vom Heilbäder-Verband und nennt konkrete Zahlen. Im vergangenen Jahr seien 46.070 Kuren in ganz Deutschland, 19.973 davon in Bayern, genehmigt worden. Zum Vergleich: Anfang der 1990er Jahre habe die Zahl bei etwa 900.000 gelegen.

Seit Anfang des Jahres greift das Präventionsgesetz, das auf Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten setzt. "Wir wünschen uns, dass die Angebotsformen der Kurorte und Heilbäder mit einbezogen werden", sagt Klaus Holetschek. "Wir glauben, dass wir mit unseren ortsgebundenen Heilmitteln ein Pfund haben, mit dem wir wuchern können." Die Stadt Bad Brückenau indes gibt die Hoffnung nicht auf. Ärzten, die die Weiterbildung zum Badearzt machen möchten, werde die Ausbildung finanziert, teilt Karin Bauer von der Tourist-Info mit. Möglich sei dies durch ein Förderprogramm der Bayerischen Staatsregierung. Ein Teil der Kurse könne sogar in Bad Kissingen absolviert werden.


Was macht einen Badearzt aus?

Qualifikation
Kurarzt oder auch Badearzt dürfen sich Mediziner dann nennen, wenn sie die Weiterbildung Balneologie (Bäderkunde) und Medizinische Klimatologie absolviert haben. Im Kern geht es um die medizinische Begleitung von Patienten, die eine Kur machen. Deshalb ist diese Zusatzbezeichnung auch daran gebunden, dass der Arzt in einem Bade- und Kurort arbeitet.

Situation In Bad Brückenau gibt es aktuell noch vier Ärzte, die die Qualifikation eines Badearztes haben. In der Stadt sind das Wolfgang Wildenauer und Dr. Helge Zimmermann, Dr. Jürgen Kleinhenz hat seine Praxis im Staatsbad. Auch Dr. Robert Bachmann an der Malteser Klinik von Weckbecker ist Badearzt.

Herausforderung Durch die Gesundheitsreformen der Bundesregierung ist die Anzahl der bewilligten Kuren stark zurückgegangen. Das macht vielen Kurorten zu schaffen. Deshalb setzt sich der Bayerische Heilbäder-Verband dafür ein, dass der Fokus von der Rehabilitation wieder verstärkt auf die Prävention gesetzt wird. Vom Gedanken der gesundheitlichen Vorsorge könnten Kurstädte wie Bad Brückenau profitieren.

Studie Mit einer wissenschaftlichen Untersuchung will der Heilbäder-Verband zeigen, dass eine mehrwöchige ambulante Vorsorgeleistung in einem bayerischen Kurort wesentlich besser wirkt als eine ambulante Therapie am Wohnort. Mit der Studie ist der Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München beauftragt, aktuell werden dafür Teilnehmer gesucht. Mehr Infos gibt's hier.