Fair gehandelt und von Hand verlesen: Die Eine-Welt-Gruppe war auf den Spuren des Bad Brückenauer Stadtkaffees und erhielt Antworten auf viele Fragen
"Der Kaffee kommt in den Magen, und alles gerät in Bewegung - die Ideen rücken an wie Bataillone auf einem Schlachtfeld", zitiert Dirk Hönerlage, Vorsitzender der Brückenauer Eine-Welt-Gruppe, den französischen Dichter Honoré Balzac. Um das Thema des fair gehandelten Bad Brückenauer Stadtkaffees ging es am Freitag mit einer Betriebs-Besichtigung bei Kaffeeröster Rainer Bühner in Bad Neustadt-Brendlorenzen.
Die 16 Besucher interessierten sich dafür, was hinter dem Label des Stadtkaffees steckt. Schlagworten wie "Fairtrade", "edles Bioprodukt" und "beste Verarbeitung" wollten sie vor Ort auf den Grund gehen. Und sie wurden bei Bühner in positivem Sinn fündig.
Der konnte die faire Handelskette, angefangen von den Kaffeebauern aus Indonesien, Sumatra, Äthiopien, Peru oder Brasilien über die nachverfolgbaren Handelsstationen der noch verplombten Kaffeesäcke bis hin zu seinem Zertifikat als Fairtrade-Händler nachweisen. Die geforderten Kriterien waren offensichtlich erfüllt. Ebenso nachweisbar war der ökologische Anbau von Biokaffee aus den Ursprungsländern. Die Besucher waren begeistert.
"Ich fand es höchst interessant", resümierte Hönerlage nach dem Besuch der Rösterei. "Jetzt können wir ehrenamtlichen Mitarbeiter im Bad Brückenauer Welt-Laden mit Überzeugung und fundierten Kenntnissen erzählen, was hinter dem Stadtkaffee steckt", war er froh. "Neben dem rein Technischen fand ich Rainer Bühners Begeisterung so toll", wünschte er diesen Funken auch für seine Heimat.
Jetzt könne der Brückenauer Stadtkaffee im Brustton der Überzeugung an die Kunden weitergegeben werden.
Toll fanden die Brückenauer schon zu Beginn ihres Besuches das umfangreich bestückte Museum der Rhön-Kaffeerösterei. Es wurde für die Besuchergruppe recht eng in dem wohnzimmergroßen Museumsraum. Dort ist kaum noch Platz auf den Tischen und an den Wänden frei, weil eine Unzahl von alten Kaffeemühlen, Sammeltassen, Waagen und Geräten aus dem vergangenen Jahrhundert Zeugnis über die Kaffeekultur widerspiegelt.
Man merkte sofort, dass Rainer Bühner mit Herzblut am Thema Kaffee hängt.
Schonend geröstet, handverlesen Das Herzstück im Betrieb aber ist die chromglänzende Röstmaschine.
Die wurde jetzt in Gang gesetzt, um den Bad Brückenauer Stadtkaffee mit Bohnen aus Indonesien, Sumatra und Mandheling herzustellen. Aus den fünf Kilo heller Bohnen im Urzustand wurden nach rund einer halben Stunde etwa vier Kilo dunkle und aromatisch duftende Kaffeebohnen. Denn während des Röstvorgangs werden diese Bohnen auf knapp 200 Grad erhitzt und büßen durch Verdampfen ein Fünftel ihres Gewichtes ein. Während des Trocknens verlieren die Bohnen auch ihre Spelzen, die im Innern der Röstmaschine abgesaugt werden.
"Bei der Kaffee-Industrie geht es weniger schonend zu", kommentierte Rainer Bühner. Da würde aus Fertigungsgründen in einem Bruchteil dieser Zeit bei extrem hohen Temperaturen geröstet. Sorgsame Handarbeit ist stets angesagt, um nach dem Rösten die schlechten Bohnen auszusortieren.
"Die bessere Verträglichkeit der Säuren und der edle Geschmack sind die Markenzeichen schonenden Röstens", sagte Bühner.
Ähnlich wie das Brennen von Schnaps unterliegt auch das Rösten von Kaffee der Steuer. "Pro Kilo zahle ich 2,19 Euro an den Zoll", bestätigte Rainer Bühner und zeigte sein Lagerbuch, das als Nachweis dient. Zahlen müsse er ebenso für die Überwachung seines fairen Handels, sonst sei das Zertifikat in Gefahr. Und dann sei noch die Umsatzsteuer beim Verkauf des Kaffees fällig. "Dennoch habe ich es nicht bereut, vor einigen Jahren in diese Branche umgestiegen zu sein", beteuerte der gelernte Schreiner. Im vergangenen Jahr seien rund 600 Halbpfund-Tüten vom Bad Brückenauer Stadtkaffee in den Handel über den dortigen Welt-Laden gegangen.
Tendenz steigend.
Gemeinsame Impulse Schon vor zwei Jahren habe es den einhelligen Stadtrats-Beschluss in Bad Neustadt für die Bewerbung zum Fairtrade-Status gegeben, berichtet Stadträtin Franziska Burmester (SPD) der Zeitung. Den dortigen Stadtkaffee gab es dann im Zuge dieser Bemühungen. Somit sei auch für Bad Brückenau die Signalwirkung erfolgt. Auf fruchtbaren Boden falle das Thema Fairtrade ebenfalls in der Bad Neustädter Berufsschule, sagt Burmester und fügt hinzu: "Das wäre doch bestimmt für unseren Nachbarlandkreis Bad Kissingen interessant".
"Wir benachbarten Landkreise müssen in Sachen Fairtrade eng zusammen arbeiten", wünscht sich auch Hönerlage und spricht mit Blick über den Tellerrand der Landkreise von seiner Zielvorstellung der "Fairen Region Rhön" im Land der offenen Fernen. Die globalen Interessens-Vernetzungen des fairen Handels könnten zum Beispiel auch bis zum Verband der Deutschen Milchbauern (BDM) übergreifen. "Nichts ist so mächtig wie die Idee, deren Zeit gekommen ist", zitiert Burmester den berühmten Franzosen Victor Hugo.