Vom Leben der Jugend in Europa handelt ein Wettbewerb, an dem sich Schüler des Bad Brückenauer Gymnasiums beteiligt haben. Antonia Kraus hat mit ihrem Werk kritisiert, dass das Glück beim Erfolg auf der Strecke bleiben kann.
"Alle Eltern wünschen sich erfolgreiche Kinder." Mit diesen Worten hat Antonia Kraus ihr Bild vorgestellt, das sie im Rahmen des Europäischen Wettbewerbes "Work-Life-Balance" gemalt hat. Dass das kindliche Glück bei allem Erfolg oft auf der Strecke bleibt, ist ihr Kritikpunkt. Auf Landesebene hat Antonia mit 200 weiteren Schülern von Regierungspräsident Paul Beinhofer eine Urkunde und einen Buchgutschein erhalten.
Das Leben verlangt einem viel ab: Geld verdienen, Status erlangen, Wissen aneignen, "in" sein, coole Sachen haben. Da kann es einem schon schwindlig im Kopf werden. Dieses Gefühl hat Antonia Kraus mit Filzstift auf Papier festgehalten. Um einen Menschen schwirrt ein Strudel an Gegenständen, die ihn von Geburt an begleiten. Spielsachen und Süßigkeiten werden abgelöst von Schultüte und Heften, Büchern und Bewerbungsmappe. Es folgen Alkohol, Auto und Laptop. Der Strudel im Bild endet mit einer edlen Uhr, Scheinen und Münzen.
Immer früher erwachsen sein Der Mensch hat einen Säuglingskopf mit Schnuller, steckt aber in Anzug und Krawatte. Ein Baby im Anzug - das Bild wirkt kritisch, und so war es von Antonia Kraus auch gewollt. "Der Mensch soll immer früher für die Arbeit fit sein. Er soll immer früher erwachsen sein." Die 17-Jährige sieht in ihrem Umfeld, dass viele Mitschüler von ihren Eltern unter Druck gesetzt werden. Gerade erfolgreiche Eltern erwarten ihrer Meinung nach von ihren Kindern mindestens das Abitur, wenn nicht noch ein Studium und zwängen - bildlich gesehen - ihre Kinder in den Anzug eines Erwachsenen. Antonias Untertitel "Wilde Mischung" beschreibt zum einen die Dynamik, die um den jungen Menschen vorherrscht. Zum Zweiten "kann es mit Kind und Beruf schon mal ganz schön wild werden", stellt sich Antonia die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor.
Umschwirrt von Materiellem Der Strudel, der dem Baby-Mann um den Kopf schwirrt, enthält lediglich materielle Dinge. Eltern sollten ihren Kindern jedoch wünschen, "glücklich zu sein", wünscht sich Antonia. "Es ist schön, wenn Kinder viel erreichen, und wenn die Eltern sie fördern, aber es sollte mit dem richtigen Maß geschehen."
Mit dem richtigen Maß geht Antonia an, was in ihrem Jugendleben so ansteht. Neben der Schule geht sie gerne reiten, joggen und Freunde treffen. Malen ist eigentlich nur ein untergeordnetes Hobby. Antonia malt nur mal eben eine Zimmerwand an, wenn gerade nichts Wichtigeres ansteht. "So bin ich in echt. Wenn ich keine Lust habe, mache ich etwas auch nicht." Die Gymnasiastin lässt sich in keinen Anzug stecken. Ihr Ratschlag an die Jugendlichen heute: "Nicht alles so ernst nehmen, sondern mit Spaß an die Sache rangehen. Ohne Lust klappt es auch nicht." Wenn ihr ein Wandbild nicht mehr gefällt, überstreicht sie es und malt ein neues Bild. Allerdings hat Antonia auch bisweilen, zunächst zu etwas überredet, erst im Nachhinein Spaß an der Sache gefunden.
Antonia Kraus weiß ganz genau, wie es nach der Schule weitergeht. "Auf keinen Fall studieren! Ich will schnell eigenes Geld verdienen." In den Sommerferien hat sie beim Arbeitsplatz ihrer Schwester ein Praktikum als medizinisch-radiologisch-technische Assistentin absolviert. Schon im September hat sie ihre Bewerbung für einen Ausbildungsplatz geschrieben.
Verena Bedenk, Kunstlehrerin am Franz-Miltenberger-Gymnasium, hat im vergangenen Schuljahr Antonia unterrichtet. Der Europäische Wettbewerb war nach Jahrgangsstufen gestaffelt. Die 11. Klasse des vergangenen Schuljahres diskutierte das Thema "Vereinbarkeit von Familie und Beruf". Wie vom Lehrplan vorgesehen, bearbeiteten die Schüler die "Darstellung des Menschen" und kreierten Plakate, mit denen eine fiktive Firma ihre Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie anpreist.
Die Aufmerksamkeit fordern Sowohl Idee und Konzeption, als auch die handwerkliche Ausarbeitung machten Antonias Bild zum Besten ihrer Klasse. "Witzig ist es auch und fordert Aufmerksamkeit", ist Verena Bedenk überzeugt. Antonias Aussagen über sich selbst bestätigt die Kunstlehrerin. "Sie ist ihr eigener Herr, trotzdem von sich aus gewissenhaft und zielstrebig."
Persönlich ist Verena Bedenk "begeistert, wenn Schüler aus einem Thema mehr rausholen, als ich mir vorstellen konnte". "Mit liebevoller Ausgestaltung" ist das nicht nur Antonia Kraus, sondern auch Franziska Gottwald und Maria Ziegler gelungen. Die beiden damals Siebt klässlerinnen haben sich im Unterricht mit dem Thema "Abenteuerland in Europa" beschäftigt. Passend zu den im Lehrplan geforderten Formen des Erzählens, haben sie dies in Comic-Form umgesetzt. Mit ihren Urlaubs-Erinnerungen beziehungsweise Urlaubs-Träumen erreichten sie die bundesweite Ebene des Wettbewerbs. Maria Ziegler erhielt sogar einen Preis.
In einer Stadtratssitzung haben die drei Schülerinnen ihre Werke vorgestellt und Begeisterung geweckt. Jürgen Pfister nennt die Bilder in ihrer Aussagekraft "sehr wirkungsvoll" und freut sich wie der gesamte Bad Brückenau Stadtrat, dass sich Schüler so engagieren.