Alexander Krichel spielt mit Bad Brückenaus BKO

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Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel. Orchester und Solist überzeugten mit Mozarts Klavierkonzert A-dur, aus dem sie am gestrigen Mittwoch auch im Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin einen Satz gemeinsam spielten. Foto: Christian Dijkstal
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel. Orchester und Solist überzeugten mit Mozarts Klavierkonzert A-dur, aus dem sie am gestrigen Mittwoch auch im Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin einen Satz gemeinsam spielten. Foto: Christian Dijkstal
Alexander Krichel signierte in der Pause CDs. Der Andrang bei dem jungen Solisten war groß. Foto: Christian Dijkstal
Alexander Krichel signierte in der Pause CDs. Der Andrang bei dem jungen Solisten war groß.  Foto: Christian Dijkstal
 
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel. Foto: Christian Dijkstal
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel.  Foto: Christian Dijkstal
 
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel. Foto: Christian Dijkstal
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel.  Foto: Christian Dijkstal
 
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel. Foto: Christian Dijkstal
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel.  Foto: Christian Dijkstal
 
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel. Foto: Christian Dijkstal
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel.  Foto: Christian Dijkstal
 
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel. Foto: Christian Dijkstal
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel.  Foto: Christian Dijkstal
 
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel. Foto: Christian Dijkstal
Gast beim BKO war am Montagabend der Pianist Alexander Krichel.  Foto: Christian Dijkstal
 

Ein empfindsamer Solist Alexander Krichel und das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau spielten ein besonderes Überraschungskonzert.

Welch´ eine Einigkeit: Als der letzte Ton verklungen war und der lang anhaltende Applaus verebbt, rührte sich einfach niemand im König Ludwig I.-Saal. Das Publikum blieb sitzen, und auch die Musiker bewegten sich nicht vom Fleck. Gehen wollte also offensichtlich keiner - das spricht für die vorangegangene, gemeinsam verbrachte Zeit. Sie war von vielgestaltiger, überraschender, neugierig machender und im Übrigen klangschön und perfekt gespielter Musik erfüllt gewesen. Kein Wunder, dass wenigstens eine Zugabe das ausgedruckte Programm des als "Überraschungskonzert" angekündigten musikalischen Ereignisses erweitern musste.

Auch in Berliner Philharmonie

Dessen Höhepunkt war zweifellos das in wohltuender Einmut mit dem Gastsolisten gespielte Konzert für Klavier und Orchester in A-dur (KV 414) von W. A. Mozart. Das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau hatte dazu den Pianisten Alexander Krichel eingeladen, mit dem es einen Satz des Konzerts zwei Tage später im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie musizieren würde. Eine interessante musikalische Zusammenarbeit war das Resultat dieser Begegnung. Alexander Krichel ist ein ausgesprochen sorgfältiger und empfindsamer Pianist; dabei ein Musiker, der sehr genau weiß, was die Musik, die er spielt, aussagen soll, und der das auch klar umsetzt. Das vielseitige, wie stets gut vorbereitete Orchester war ihm ein aufmerksamer und offener, auf gleicher Augenhöhe sich unterhaltender Partner.

Daraus ergab sich - gleich im ersten Satz - ein spannender, kontrastreicher Dialog, in den jeder Part seine Standpunkte zugleich bestimmt und respektvoll einbrachte. Das war interessant zu verfolgen, forderte auch vom Hörer Konzentration, um die vielen Nuancen, die Worte zwischen den Zeilen, wahrzunehmen, und es führte zu einem stimmigen, logisch argumentierten Ergebnis. Dem erdigen, mitunter herben, aber auch dann noch leuchtenden Klang des Orchesters stand der unglaublich leichte, dennoch durchsetzungsfähige Ton des Klaviers gegenüber; beides verband sich zu einer hoch ästhetischen musikalischen Einheit. Ein ernsthafter Mozart. Ein dennoch ansprechender Mozart. Ein Mozart allerdings, der auf erfrischende Weise rein gar nichts von dem mozartkugelnden Wolferl hatte, das sich immer noch viel zu oft auf den Podien tummelt und das Publikum mit wohlgesetzter Süßigkeit und verlogen neckischer Heiterkeit einlullt. Krichel spielte seinen Part technisch brillant, aber die Technik war in der Aufführung Nebensache. Im Mittelpunkt stand die Aussage der Musik; der Pianist legte seinen Beitrag sehr gesanglich, in großen Bögen gedacht, an.

Hohe Klangkultur

Dazu kam eine hohe Klangkultur: Jeder Ton war überlegt und genau ausgeformt. Das war faszinierend zu hören. Faszinierend war aber auch, wie genau die gesamte Darstellung aller vier Sätze geplant und ausgeführt war. Faszinierend war außerdem, wie das frische, jugendliche Spiel des Solisten das Orchester zu noch mehr Beweglichkeit ermunterte. Eine detail- und kontrastreiche, höchst elegante Aufführung dieses Mozart-Konzerts, die auch stilistisch absolut überzeugend war: Im Klavierspiel extrem wenig Pedal und kein Kleben an den Tönen, im Orchester wenig Vibrato.

Große Flexibilität auf beiden Seiten und der Mut zu einer zeitgenössischen Darstellung: zwar vollkommen im mozart'schen Gestus, aber nicht historisierend, sondern atmosphärisch zuweilen bis ins 19. Jahrhundert, klanglich ins Hier und Jetzt weisend. Dass Alexander Krichel ein Pianist der eher stillen Töne ist, zeigte er in seiner ersten Zugabe, einer Eigenkomposition, "Lullaby" genannt, die er einem Freund und Förderer gewidmet hat. Dass er auch zupackend und furios spielen kann, ohne ins Dreschen und Donnern zu verfallen, führte er mit Heraclio Fernandez' Stück "El diablo suelto" vor. Ein Pianist, der angenehm wenig ins gängige Raster des "Schneller, lauter, artistischer!" passt. Dass sein Spiel Beifall findet, bewies nicht zuletzt die Tatsache, dass er in der Pause dicht von begeisterten Hörern umringt war.

Zahlreiche Überraschungen

Doch begeistern konnte auch, was Chefdirigent Johannes Moesus sonst noch aufs Programm gesetzt hatte, und auch hier gab es zahlreiche Überraschungen. In George Antheils "Serenade für Streichorchester" aus dem Jahr 1948 etwa, die zwischen fast schwelgenden Melodien und Tanzbodenrhythmen und "typisch" amerikanischer Folklore schwankt, hoch kompliziert komponiert und dabei (scheinbar) recht eingängig ist. Gespielt war sie akkurat und mit großem Vergnügen. Selbst, wenn - wie im zweiten Satz - die Schwermut und suchende Leere einer Stadtszene aus einer graphic novel von Lynd Ward die Atmosphäre bestimmte. Antheils Komposition mag Gutwilligen als Vorbereitung zu einem weiteren Werk des 20. Jahrhunderts gedient haben, Igor Strawinskis "Concerto in D".

Walzer im Vier-Viertel-Takt

In Struktur und Motorik ist es Antheils Werk nicht unähnlich; die 1974 von Rainer Werner Fassbinder in seinem Film "Faustrecht der Freiheit" einer sehr bürgerlichen Figur in den Mund gelegte Behauptung: "Strawinski ist nicht Musik - das ist Krach!" gilt für viele heute noch. Doch im Rahmen dieses Konzerts ist das Werk, das oft wie ein auf bunt changierendem Grund ruhender massiver geometrischer Körper, um den herum es flattert und weht und über den dünne Bächlein rinnen, verständlicher.

Auch da gibt es Verrücktes, einen Walzer im Vier-Viertel-Takt beispielsweise, Anheimelndes, Sehnsüchtiges, Parodierendes und Seltsames - Kontrabasspizzicati, die wie Pauken klangen; Streicher, die eine Ziehharmonika zu imitieren schienen. Die Freude und die mitreißende Begeisterung, mit der die Musiker spielten, dürften dabei manche innere Panzertür geöffnet haben.Wen das nicht ansprach, der mochte sich am Ende mit Mozarts Sinfonie in B-dur (KV 319) trösten.