Ab August gibt es an Zivilgerichten Mediatoren

2 Min
Matthias Göbhardt, Richter und demnächst auch Mediator. Foto: Edgar Bartl
Matthias Göbhardt, Richter und demnächst auch Mediator.  Foto: Edgar Bartl

Ab August sollen bei den bayerischen Zivilgerichten Mediatoren zum Einsatz kommen. Davon verspricht sich das Justizministerium Vorteile. In Bad Kissingen übernimmt Direktor Matthias Göbhardt diese Aufgabe mit.

Die Eule gilt im Westen als Symbol der Weisheit. Ihre Ausstattung mit Brille und Buch soll das noch unterstreichen. Ein solches Tier aus Holz und Stoff ziert - neben Gesetzestexten und Kommentaren - den Schreibtisch von Matthias Göbhardt. Der 61-Jährige ist Direktor des Amtsgerichts Bad Kissingen und demnächst auch dessen Mediator. Dass er die dafür notwendige Klugheit besitzt, hat er schon vielfach nachgewiesen.

"Mit Reden kommen die Leut' zusammen." Dieses
Sprichwort hat seinen Niederschlag in der Strafprozessordnung gefunden. Der Absatz fünf von Paragraf 278 wurde neu gefasst und gibt der innergerichtlichen Mediation mehr Gewicht.

Matthias Göbhardt sagt es so: Die Parteien sollen selbst merken, wo ihr Problem liegt und und selbst eine vernünftige Lösung vereinbaren. Dabei hilft ihnen ein erfahrener Vermittler.

Dahinter steht die Erkenntnis, dass es bei vielen Rechtsstreiten - Stichwort:  "Rosenkrieg" - oft weniger um juristische Auseinandersetzungen geht, sondern "um Sachen, die seit vielen Jahren brodeln", sagt Matthias Göbhardt. Das könne ein Mietproblem sein oder auch ein Nachbarschaftsstreit. Dann bringt der berühmte Tropfen das Fass zum Überlaufen. Die Parteien seien oft emotional verletzt. Ziel der Gespräche sei, aufzudecken, warum das so ist.

Hinter verschlossener Tür

Dazu setzt man sich an einen runden oder ovalen Tisch in einem extra Raum, der auch Flip-Charts enthält. Alles ist getrennt von der "normalen" Zivilgeschäftsstelle und wird vertraulich behandelt. Es werde auch keine Akten geben, die bei einem Scheitern Eingang in das Zivilverfahren finden könnten.

Es gehe weniger um eine rechtliche Betreuung, als um das Vermitteln. Die "innere Unzufriedenheit" der Beteiligten soll so beseitigt werden. Matthias Göbhardt: "Das Ministerium behauptet, dass auch ständig querulierende Menschen zu einer Lösung geführt werden können." Werden die Parteien sich aber nicht einig, werde streitig vor dem Richter verhandelt.

Eine solche Mediation wird nach ersten Erfahrungen samt Vorbereitung im Schnitt rund fünf Stunden dauern.
Ein Problem für kleine Amtsgerichte: Der Mediator darf in dem Rechtsstreit nicht entscheidungsbefugt sein. In Bad Kissingen hat sich der Direktor bereit erklärt, die Aufgabe zu übernehmen. Er ist sonst schwerpunktmäßig mit Strafsachen befasst. Außerdem ist eine Kooperation mit dem Bad Neustädter Gericht angedacht. So könnten zum Beispiel Familiensachen aus beiden Landkreisen dort geschlichtet werden und sämtliche Unterhaltsfragen in Bad Kissingen.

Zunächst müssen Matthias Göbhardt und sein Bad Neustädter Kollege Joachim Hein eine Schulung mit Planspielen durchlaufen. Vorgesehen sind drei Termine an Wochenenden mit jeweils zwei oder drei Tagen; dazu kommen Hausaufgaben.

Sehr gute Erfahrungen

Nach Angaben des Richters hat ein Probelauf 2005/ 2006 stattgefunden. Laut Justizministerium war dabei die Einigungsquote hoch. Viele Konflikte seien umfassend und nachhaltig beigelegt worden bei einem relativ geringen Zeitaufwand.

Der Test fand unter Leitung von Jura-Professor Reinhard Greger (Uni Nürnberg-Erlangen) statt. Fast 70 Prozent der oft komplexen Verfahren hätten mit einem Vergleich geendet. Das wäre bei Prozessen so oder so schnell nie möglich gewesen. In 37 Prozent der Absprachen wurden Vereinbarungen getroffen, die über den Gegenstand des Prozesses hinausgingen. Reinhard Greger nannte die Verfahrenszufriedenheit in seinem Bericht "extrem hoch": 83 Prozent der Parteien und 91 Prozent der Anwälte hätten sich "uneingeschränkt positiv" geäußert. Kein Wunder: Jeder kann sich irgendwie - zumindest "moralisch" - als Sieger fühlen.

Zu den Gewinnern gehören auch die "normalen" Amts- und Landgerichte: Sie werden durch die Mediation stark entlastet.

Neu Im alten Paragrafen 278 Absatz 5 der Zivilprozessordnung (ZPO) hieß es, das Gericht könne die Parteien für eine Güteverhandlung vor einen (...) Richter verweisen. Diese Vorschrift wurde ergänzt. Jetzt darf der Güterichter "nicht entscheidungsbefugt" sein. Er könne alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen. Diese Vermittlung ist ein strukturiertes freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konflikts. Die Parteien sollen durch Unterstützung einer dritten Person - dem Mediator - zu einer gemeinsamen Vereinbarung gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Der Schlichter trifft keine Entscheidungen, sondern ist nur für das Verfahren verantwortlich.