50 Jahre Kleiderfabrik: Ein Hoch auf Zahlbacher Hosen

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Die ehemaligen Näherinnen Brigitte Grom (von links), Rita Schmitt, Gertrud Wolf, Hamdiye Kleinhenz und Hausmeister Gebhardt Wehner treffen sich - 25 Jahre nach dem Konkurs der Kleiderfabrik - zum 50. Gründungsjubiläum. Foto: Benedikt Borst
Die ehemaligen Näherinnen Brigitte Grom (von links), Rita Schmitt, Gertrud Wolf, Hamdiye Kleinhenz und Hausmeister Gebhardt Wehner treffen sich - 25 Jahre nach dem Konkurs der Kleiderfabrik - zum 50. Gründungsjubiläum.  Foto: Benedikt Borst
 
Gebhardt Wehner (hinten) 1971 mit den frisch eingetroffenen Gastarbeiterinnen aus der Türkei. Rechts steht Hamdiye Kleinhenz. Foto: Privat
Gebhardt Wehner (hinten) 1971 mit den frisch eingetroffenen Gastarbeiterinnen aus der Türkei. Rechts steht Hamdiye Kleinhenz.  Foto: Privat
 
Im Jahr 1989 haben die Frauen in der Kleiderfabrik noch an ihren Nähmaschinen gesessen. Foto: Archiv
Im Jahr 1989 haben die Frauen in der Kleiderfabrik noch an ihren Nähmaschinen gesessen.  Foto: Archiv
 
 
 
 
 

Die Zahlbacher Kleiderfabrik ist seit 25 Jahren Geschichte. Am Sonntag hätte sie 50 Geburtstag. Dennoch treffen sich die Näherinnen damals wie heute in ihrer Freizeit. Sie pflegen eine Rhöner-Willkommenskultur, von der die türkische Gastarbeiterin Hamdiye profitiert hat.

Herzlichkeit verbindet die ehemaligen Näherinnen der Kleiderfabrik Zahlbach. Sie macht aus ihnen mehr als Ex-Arbeitskolleginnen. Herzlichkeit sorgt dafür, dass die Frauen sich auch heute noch - 50 Jahre nach der Gründung und 25 Jahre nach der Pleite ihrer Firma - einmal im Monat treffen, gemeinsam Kaffee trinken und einfach miteinander reden. Mal über die guten alten Zeiten, mal über anderes.


Bei ihrem letzten Treffen vor ein paar Tagen, haben sie vor allem über die Vergangenheit geredet. Darüber wie es war, für den Kleiderfabrikanten Hans Müller in der Rhön Hosen zu nähen. Gertrud Wolf beispielsweise hat bis zum endgültigen Konkurs der Firma mehr als 20 Jahre lang an der Nähmaschine gearbeitet und war außerdem als Betriebsrätin aktiv. "Ich kam aus dem Hotelfach, das schnelle Industrienähen war für mich Neuland", erzählt sie. "Aber mit der Zeit lernt man alles."

Trotz dreier Konkurse Ende der 1980er Jahre, trotz langwieriger Lohnstreitigkeiten, erinnern sich die Frauen gern an ihre Arbeit. "Wir hatten viele Vorteile durch den Müller", meint die 77-jährige Rita Schmitt aus Zahlbach, eine Näherin der ersten Stunde. "Wir waren am Ort und mussten nicht auf die Arbeit fahren, sind sogar vom Betrieb gefahren worden." Gertrud Wolf stimmt ihr zu: "Wir hatten viele Privilegien. Wir durften zum Beispiel in der Pause privat nähen." Das wurde von den Mitarbeiterinnen genutzt. Zwischen der Arbeit fertigten sie aus günstigen Stoffresten eine Menge Kleidungsstücke, mit denen die eigene Familie eingekleidet wurde.

Streng, fair, familienfreundlich

Sowohl Rita Schmitt, als auch Gertrud Wolf haben bis heute eine hohe Meinung von ihrem damaligen Chef. Sie beschreiben ihn als familienfreundlichen Charaktermensch, der sein Unternehmen streng aber fair geführt hat. Das gleiche gilt auch für den ehemaligen Betriebsleiter Berthold Troost (†). "Wir hatten ihm viel zu verdanken", bedankt Wolf sich. Unter der Belegschaft herrschte ein gutes Betriebsklima, es wurde privat oft miteinander gefeiert. Wolf: "Wir haben viele schöne Zeiten erlebt. Es war eine richtig wilde Bande, aber herzlich gut." Die ersten Jahre waren die 90 Näherinnen im Tanzsaal des Gasthauses Grom untergebracht, wo sie vor allem Kinder-, Damen- und Herrenhosen fertigten.

Das Geschäft lief zunächst so gut, dass Hans Müller die Kleiderfabrik in ein neu errichtetes Fabrikgelände am Stützle in Zahlbach umziehen und 1971 erstmals mehrere Gastarbeiterinnen aus der Türkei einfliegen ließ. Hamdiye Kleinhenz gehörte zu den ersten, die in der Rhön Hosen produzierten.

Kleinhenz kam mit 19 Jahren nach Zahlbach und ist bis heute geblieben. "Die Leute waren alle so lieb", erzählt sie rückblickend. Trotzdem ist der Türkin gerade die erste Zeit sehr schwer gefallen. Dafür, dass Unternehmer Hans Müller den Flug nach Deutschland bezahlt hatte, haben sich die Gastarbeiter verpflichtet, ein Jahr für ihn zu arbeiten. Ein Jahr mit gutem Verdienst, aber ohne Kontakt nach Hause. "Anfangs wollte ich abhauen. Man war abends und am Wochenende ganz allein und hat die Sprache nicht verstanden", schildert Kleinhenz. Letztlich hat sie sich gut integriert, was vor allem an der Willkommenskultur in der Fabrik lag. Deutsch - insbesondere Rhöner Platt - lernte sie schnell, überall standen ihr Türen offen. "Bei Gebhardt (Wehner, dem Hausmeister) habe schon fast gewohnt", sagt Kleinhenz. Zahlbacher Hosen haben schon immer geeint.


50 Jahre Kleiderfabrik Zahlbach: Warum Hans Müller in der Rhön produziert hat