Eine kluge Inszenierung macht aus Jutta Schuberts "Weißer Rose" im Studio des Bamberger E.T.A.-Hoffmann-Theaters ein erschütterndes Historiendrama.
Viel Widerstand zurzeit an fränkischen Theatern: In Erlangen wird Falladas "Jeder stirbt für sich allein" zu einem dreieinhalbstündigen Marathon, das Nürnberger Staatstheater widmet sich ausufernd der Geschichte einer jüdischen Familie, und in Bamberg kam am Samstag nach "Stauffenberg" die Geschichte der Weißen Rose auf die Bühne.
Und Jutta Schuberts 2004 uraufgeführtes Drama "Die Weiße Rose. Aus den Archiven des Terrors" gehört wegen einer klugen, ökonomischen Regie, eines intelligenten Bühnenbilds, bestens disponierter Darsteller eindeutig an die Spitze dieser Reihe. Bei aller minutiösen Recherche, aller Treue zu den historischen Fakten werden diese nicht bleiern und schulbuchhaft referiert, sondern erschließen sich unaufdringlich, wie nebenbei, auch wenn die Kostüme der Zeit entsprechen.
Ein kluger Schachzug der Regie (Heidemarie Gohde) ist es zum Beispiel, mit projizierten Übertiteln Zeit und Ort des Geschehens zu fixieren. Der Szenenwechsel auf der quergestellten Bühne geschieht rasch, wie Snapshots schillern Episoden aus dem Leben der jungen Leute auf.
Mit minimalistischen Mitteln werden wir in die Zeit versetzt: Eingeritzte Zeichnungen auf den Stellwänden (Ausstattung Denise Leisentritt und Heidemarie Gohde) werden unvermutet zu Radiogeräten, Schubladen oder Geburtstagstorten; intelligent ausgesuchte Einspielungen schaffen den akustischen Rahmen für jugendliche Ausgelassenheit, für Bahnhofs- oder Kriegsatmosphäre, geöffnete Stellwände mit Bildern "entarteter Kunst" von Dix oder Gauguin versetzen ins Atelier Alexander Schmorells.
Menschen, nicht Masken Wir verfolgen den Weg der Gruppe von ihrem Nukleus Hans und Sophie Scholl 1938 bis zur
Verhaftung und Ermordung der Widerstandskämpfer 1943, ohne dass die Inszenierung je in Pathos abrutscht. Denn die Figuren sind keine heroisierend gezeigten Charaktermasken, sondern Menschen aus Fleisch und Blut, junge Erwachsene mit brillantem Intellekt, die dennoch umtreibt, was Menschen in dem Alter halt umtreibt: Liebeshändel, die Suche nach dem richtigen Beruf, dem Platz im Leben.
Ihre Lektüre von Paul Claudel über Pascal und Stefan Zweig bis zu Schiller und den Gebrüdern Mann sorgt für einen hohen ethischen Anspruch, dem die Realität des Dritten Reichs Hohn spricht - vielleicht naiv versuchen sie mit ihren Flugblättern zumindest die Intelligenz aufzurütteln, wobei ihnen das Risiko von Anfang an klar ist und das sie bewusst eingehen.
Keine Minute langweilig ist dieses gut zweistündige Studio-Stück, das durchaus auch auf die große Bühne gepasst hätte.
Felix Pielmeier spielt Hans Scholl als das, was er am besten kann: den zornigen jungen Mann, Elena Weber nimmt sich als seine Schwester bewusst zurück, Florian S. Federl als Alex (genannt werden mit Absicht nur die Vornamen) sieht seinem historischen Vorbild erstaunlich ähnlich und liefert eine Meisterleistung. Doch auch die anderen Darsteller fallen keineswegs ab, genannt seien nur Gerald Leiß als Professor Huber, Iris Hochberger als dessen ängstliche Gattin Clara und Sybille Kreß als die lebenslustige Traute.
Klugerweise werden uns Verhör- oder gar Hinrichtungsszenen erspart; die Inszenierung konzentriert sich ganz auf die Gruppe. Dennoch ist man erschüttert und fast zu Tränen gerührt, wenn zum Schluss die Widerständler in einer Reihe stehen und aus dem Off die Urteile einer barbarischen Justiz verkündet werden.
Lang anhaltender Applaus belohnte ein starkes Ensemble und eine hoch intelligente Regie.
Weitere Vorstellungen 20.-23., 26., 28.-30. März, 3., 5./6. April
Karten Tel. 0951/873030, E-Mail kasse.theater@stadt.bamberg.de
Dauer ca. zwei Stunden, eine Pause