Bürgermeister Dr. Christian Lange spricht im Interview über den Tourismus in Bamberg.
Dass so viele Bamberg sehen wollen, ist eine "tolle Sache", erklärt der für Tourismus zuständige Bürgermeister Dr. Christian Lange im folgenden Interview. Mit einer "Welterbetaxe" will er sicherstellen, dass das Welterbe auch nachfolgenden Generationen zugänglich bleibt.
Im Oktober ist das neue Ibis Hotel an der Bahnlinie mit 280 Betten eröffnet worden. Ist damit der Kuchen auf absehbare Zeit verteilt oder kommen weitere Hotelprojekte auf Bamberg zu?
Im "Quartier an der Stadtmauer" ist ebenfalls ein Hotel mit etwa 140 Betten geplant. Bamberg hat - das zeigt der "Hotelentwicklungsplan", eine Bestandsaufnahme von Tourismus & Kongress Service und Wirtschaftsförderung - noch Nachholbedarf im Budget-Bereich. Darauf deutet auch der Anstieg der Zahl der Ferienwohnungen in letzter Zeit hin.
Hier müssen wir genau aufpassen, dass dieses Wachstum nicht durch die Umwandlung von "normalen" Wohnungen geschieht. Über einen Investor in ein Fünf-Sterne- oder Wellness-Hotel würden wir uns freuen. Dieses Segment gibt es in Bamberg leider (noch) nicht.
Aus der Bürgerschaft kommen kritische Stimmen zur touristischen Entwicklung in Bamberg. Was sagen Sie den Bürgern, die finden, dass unsere Stadt überrannt wird?
Es ist sicherlich so, dass es gerade in den Sommermonaten an bestimmten Stellen in der Stadt Klagen über zu viele Besucher in der Innenstadt gibt. Es treffen dann zwei Lebenswelten aufeinander: Der Urlauber, der die Schönheit Bambergs genießen will, und der Einheimische, der seiner Arbeit nachgeht oder Erledigungen macht. Das führt zu Konflikten.
Hier versuchen wir, für Verständnis zu werben und haben dazu auch schon verschiedene Veranstaltungen durchgeführt. Vorträge, Podiumsdiskussionen oder die gelungene Idee, an einem Tag Stadtführungen für Einheimische kostenlos anzubieten. Der Gedanke dahinter: Wir wollten den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, aus dem Blickwinkel des Touristen Bamberg zu erleben. Wir haben das Glück, in einer wunderschönen Stadt, einem Weltkulturerbe, zu wohnen. Dass diese Stadt Menschen aus der ganzen Welt sehen wollen, ist doch eine tolle Sache. Wir sollten nicht vergessen, dass viele Städte in Nordbayern froh wären, wenn sie darüber debattieren müssten, ob es nicht zu viele Touristen sind. Und letztlich profitieren wir auch davon: Unsere Gäste sorgen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge für einen Bruttoumsatz von 250 Millionen Euro in unserer Stadt.
Der Tourismus fördert die Investitionsbereitschaft vieler Branchen und sichert rechnerisch rund 5.000 Personen den Lebensunterhalt.
Was glauben Sie, ärgert die Bamberger am meisten: Dass die besten Plätze in der Stadt und in der Gastronomie besetzt sind, dass oft kein Durchkommen mehr ist oder dass speziell in der Gastronomie alles teurer wird?
Eine repräsentative Umfrage gibt es dazu nicht, also kann ich nur spekulieren. Jedenfalls wird bei dem, was mir zu Ohren kommt, am häufigsten über "verstopfte Fußwege" und Touristenbusse geklagt. Hinsichtlich des Preisniveaus können wir uns in der Regel eher weniger beschweren, insbesondere im Vergleich mit Städten außerhalb von Oberfranken.
Was kann man tun, um touristische Ströme zu entzerren? Kann man die überhaupt steuern?
Natürlich wollen die Besucher unserer Stadt die
Highlights wie den Dom oder das Alte Rathaus sehen. Aber es müssen nicht alle Besucher auf dem gleichen Weg dorthin gelangen. Wir sind in Gesprächen mit den touristischen Anbietern, für ihre Gruppen unterschiedliche Routen zu wählen. Auch rücken wir bereits seit einiger Zeit mit Erfolg andere Attraktionen und Führungen in den Vordergrund: So haben beispielsweise die Besucherzahlen in der Gärtnerstadt stark zugenommen. Das Jubiläumsjahr "1000 Jahre Michaelsberg" hat auch das Interesse an dieser Sehenswürdigkeit verstärkt. Einrichtungen wie das geplante Welterbe-Besucherzentrum könnten zudem zu einer Entzerrung der Besuchergruppen im historischen Stadtzentrum beitragen.
Verfolgen Sie die Entwicklung in Venedig? Erwogen wird ein Touristenlimit für die Altstadt, speziell für Tagestouristen soll der Zutritt eingeschränkt werden.
Steht Bamberg Ähnliches bevor?
Venedig mit rund 100.000 Besuchern täglich ist sicherlich nicht mit Bamberg vergleichbar. Da reden wir von ganz anderen Dimensionen. Die Bamberger Altstadt ist seit 22 Jahren Weltkulturerbe. Mit dieser Auszeichnung haben wir zum einen die Verpflichtung übernommen, dieses Welterbe zugänglich zu machen, zum anderen, es aber auch für die Menschheit zu erhalten. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, habe ich die Idee einer "Welterbetaxe", analog zur "Kurtaxe" in Kurstädten, in die politische Diskussion eingebracht.
Die Fragen stellte Gerhard Beck.