- Rewe testet neues Mehrwegpfand-System für Kaffee und Kakao
- Mehrwegsystem: Start-up circolution aus Frankfurt an Entwicklung beteiligt
- Kampf gegen Verpackungsmüll: Zusammenarbeit mit Nestlé
"Mehrweg-Revolution im Supermarktregal" - mit diesen hochtrabenden Worten kündigt der weltweit größte Nahrungsmittelkonzern Nestlé ein neues Pfandsystem an. Dieses soll jetzt unter anderem in vier Rewe-Märkten getestet werden, wie die Lebensmittelzeitung (LZ) berichtet.
Pfand auf Kaffee und Kakao: Neues Pfandsystem im Test
Das Frankfurter Start-up circolution hat dafür eine Mehrwegverpackung namens "Anita in Steel" entwickelt. Damit ist ein wiederverwendbarer Edelstahlbecher gemeint. "Unser System setzt auf Standardisierung und ist offen für alle Lebensmittelproduzenten – ob groß oder klein, ökologisch oder konventionell, Marke oder Eigenmarke. Das ist uns sehr wichtig, sonst macht Mehrweg keinen Sinn", sagt Max Bannasch, Mitbegründer und CEO von circolution in einer Pressemitteilung.
Das Start-up vermietet nach eigenen Angaben die Mehrwegbehälter und "kümmert sich um die Inspektion, Reinigung und Transport". Außerdem stelle das Unternehmen "Daten für die Bemessung der ökologischen Auswirkung zur Verfügung" und wolle damit einen Beitrag zum Kampf gegen Plastikmüll leisten. Wenn der Edelstahlbecher fünfmal befüllt, verkauft und gewaschen werde, entspreche das der ökologischen Belastung eines vergleichbaren Einweg-Glases. Der Anita-Becher soll dabei besonders langlebig sein. So soll der Becher bis zu 80-mal wiederverwendet werden können. Dadurch sollen circa 36 Kilogramm Glas eingespart werden.
Aktuell testet circolution den neuen Becher mit drei Marken in der Praxis: "Nesquik" von Nestlé, "Hoppenworth & Ploch" sowie "BE.AN". Im Laufe des Jahres sollen noch weitere Produkte aus dem Bereich Kaffee, Kakao und Co. dazu kommen. Auf der Webseite des Unternehmens heißt es, dass die Mehrwegbecher von Pfandautomaten teilnehmender Supermärkte akzeptiert werden. Rewe ist einer dieser Märkte. Die Supermarktkette will mit dem neuen Pfandsystem auf mehr Nachhaltigkeit setzen. So funktioniert das Ganze: Kund*innen kaufen Produkte in Anita-Verpackungen und zahlen dabei eine Pfandgebühr in Höhe von 2,50 Euro pro Becher. Der Becher kann nach Benutzung inklusive seines Deckels im Pfandautomaten abgegeben werden. Nur die Siegelfolie aus Aluminium wird somit weggeworfen.
Nestlé und Nachhaltigkeit? Zusammenarbeit mit umstrittenem Unternehmen
Die Aluminiumfolie und ein Kunststoffdeckel sollen für den nötigen Schutz und die Haltbarkeit der Lebensmittel sorgen. Der Deckel kann ebenfalls im Pfandautomaten zurückgegeben werden. "Wir setzen rücklaufende Deckel nicht wieder ein, recyceln sie aber lebensmittelecht zu neuen", erklärte Maximilian Bannasch gegenüber der LZ. Eigenen Angaben zufolge seien die Becher bereits in einem ersten achtwöchigen "technischen" Test erfolgreich geprüft worden. Ab dem dritten Quartal sollen weitere Produkte in den Kategorien Kaffee, Kaffee-Ersatz und Kakao in Anita-Bechern erhältlich sein. In einer zweiten Phase soll dann vor allem die Akzeptanz der Verbraucher*innen untersucht werden.
Allerdings kann auch Kritik an dem neuen System, beziehungsweise an der Auswahl der Partner, geübt werden. So wirbt das Frankfurter Start-up mit einer besonders guten Ökobilanz ihrer Becher und betont, dass es einen "massiven Beitrag zur Reduktion des Müllproblems" leiste. Auch Rewe nutzt Slogans wie "Nachhaltigkeit bei REWE - REWE übernimmt Verantwortung" oder "Gemeinsam für ein gutes Leben". Gleichzeitig arbeiten die beiden Unternehmen jedoch mit dem Konzern Nestlé zusammen, der seit Jahrzehnten in der Kritik steht.
Der Konzern hat schon seit den 70ern mit Skandalen zu kämpfen. Der größte aktuelle Kritikpunkt ist der Umgang des Unternehmens mit Trinkwasser. Verschiedenen Medienberichten zufolge wird Nestlé vorgeworfen, in armen Ländern das Grundwasser abzupumpen, um es anschließend den Menschen in der jeweiligen Region wieder teuer zu verkaufen. Neben dem moralischen Aspekt achtet das Unternehmen dabei auch nicht auf mögliche Folgen für die Umwelt. Der Werksdirektor von Nestlé Waters, Ronan Le Fanic, gab dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zufolge im Sommer 2020 zu, dass man mehr Wasser abpumpe, als sich natürlicherweise regenerieren könne. Dadurch würde der Grundwasserspiegel seit 30 Jahren jedes Jahr ständig sinken.
Greenwashing oder echter Nachhaltigkeitsgedanke?
Für den Schokoriegel "Kitkat" verwendet Nestlé außerdem den umstrittenen Rohstoff Palmöl. Der Umweltschutzorganisation Greenpeace zufolge ist der Anbau von Ölpalmen mit Kosten für die Umwelt und die Menschen verbunden. Pestizide auf den Plantagen würden Böden belasten, die Abholzung und Rodung tropischer Regenwälder setze CO₂ frei und zerstöre Lebensräume für Tiere, Pflanzen und Menschen. Es ist demnach fraglich, ob Nestlé der geeignetste Partner in Sachen Nachhaltigkeitsprojekte ist.
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