In Ländern wie Spanien und Italien ist Olivenöl das Herzstück der Mittelmeerdiät. Auch in Deutschland ist es beliebt. Dass der Preis seit Monaten rasant steigt, sorgt für Unmut - und seltsame Blüten.
Die Rentnerin Rosa in Madrid und der Hobbykoch Thomas C. in Hamburg haben auf den ersten Blick nichts gemeinsam. Aber beim Einkauf im Supermarkt, vor dem Olivenöl-Regal, reagieren sie gleich: große Augen und ein «Das gibt's nicht!» Der Preis ist rasant gestiegen. «Dann wundert man sich, dass die Menschen immer ungesünder essen», schimpft die 85-jährige Spanierin. Thomas C. (56) meint: «In Zukunft vielleicht Olivenöl nur noch zum Salat.»
Das grüne Gold wird immer teurer, weil es immer knapper wird. Spanien ist mit großem Abstand der weltweit größte Olivenöl-Produzent. Der Jahresertrag, der in den vergangenen Jahren im Schnitt bei rund 1,5 Millionen Tonnen lag und fast die Hälfte der weltweiten Produktion ausmachte, war in der Erntesaison 2022/2023 auf weniger als die Hälfte (665.000 Tonnen) gefallen. Grund waren ungünstige Wetterbedingungen mit sehr wenig Regen. Dieses Jahr erwartet das Landwirtschaftsministerium in Madrid nur eine leichte Erholung.
Preis in Spanien vervielfacht
Die geringere Produktionsmenge hat, im Zusammenspiel mit gestiegenen Produktionskosten, Konsequenzen: Der Preis des Extra Vergine stieg innerhalb eines einzigen Jahres von circa 400 auf über 800 Euro pro 100 Kilogramm. Vor wenigen Jahren hatte der Preis für dieses hochwertigste Olivenöl in Spanien nur leicht über 200 Euro gelegen.
Ähnlich war es in anderen wichtigen Produzenten-Ländern wie Italien und Griechenland. Das treibt seltsame Blüten: Olivenöl ist plötzlich zum beliebten Diebesgut geworden. Allein in den Sommermonaten wurden aus Lagerhäusern und Ölmühlen im südspanischen Andalusien mehr als 80.000 Liter entwendet. Die Zeitung «El Mundo» schrieb jüngst, bei Produzenten gehe die Angst vor den «Piraten des flüssigen Goldes» um.
Auch in Griechenland kommt es zum vermehrten Oliven- und Ölklau, wie der kretische Ölproduzent Giorgos Papadakis sagt. «Die Diebstähle sind nicht so groß wie in Spanien, aber wenn hier einem Bauern 200 Kilogramm Öl in guter Qualität gestohlen werden, hat der Dieb über Nacht 2000 Euro in der Tasche.»
Läden sichern Olivenölflaschen gegen Diebe
In Spanien und Griechenland werden das Öl und die Oliven in den Tanks und Lagerhallen mittlerweile besser überwacht. In einigen spanischen Läden werden die Flaschen seit einiger Zeit sogar wie teurer Alkohol mit Plastikverschlüssen gesichert.
Die spanischen Landwirte haben nicht nur mit Dieben zu kämpfen. Ein starker Rückgang der Nachfrage bereitet große Sorgen. Zahlreiche traditionelle Ölmühlen mussten dieses Jahr wegen Verlustgeschäften schließen. Der Generalsekretär des Verbandes der kleinen Land- und Viehwirte Andalusiens (UPA), Cristóbal Cano, warnt: Im Olivenanbau bahne sich «eine nicht wiedergutzumachende wirtschaftliche und soziale Katastrophe an». Der Sektor beschäftigt in Spanien circa 365.000 Menschen.