Bier, Band und Camping: Tausende feiern die Zerstörung der 160 Meter hohen Kühltürme in Gundremmingen – und erleben einen Abschied mit Wehmut, Grillduft und spektakulärem Staub.
Knapp vier Jahre nach dem Abschalten des Kernkraftwerks Gundremmingen sind die markantesten Bauwerke des Atommeilers Geschichte. Die beiden jeweils 160 Meter hohen Kühltürme sind am Samstag pünktlich um 12.00 Uhr gesprengt worden. Wie geplant detonierten die Sprengladungen an den zwei Türmen im Abstand von etwa 15 Sekunden. Binnen weniger als einer Minute brachen die aus insgesamt 56.000 Tonnen Stahlbeton bestehenden Kolosse komplett in sich zusammen.
Nach Polizeiangaben beobachten rund 30.000 Schaulustige insbesondere aus Bayern und dem nahen Baden-Württemberg die spektakuläre Zerstörung eines Symbols des Atomzeitalters. Die Behörden hatten auf einer Länge von mehreren Kilometern Straßenabschnitte halbseitig gesperrt, um Parkplätze für die Zuschauerinnen und Zuschauer zu schaffen.
«Es ist Partystimmung», beschrieb ein Beobachter die Stimmung kurz vor der spektakulären Sprengung. Manche waren mit Campern angereist, etliche Grills wurden in Sichtweite der Türme in Betrieb genommen, eine Band spielte zur Unterhaltung.
Wehmut bei manchen Menschen aus der Region
Einige Anwohner aus der Umgebung reagierten aber auch wehmütig auf das Verschwinden der markanten Bauwerke. «Mit dem Abriss der Kühltürme geht für uns alle ein Stück Heimat verloren», sagte Gundremmingens Bürgermeister Tobias Bühler (CSU). Nach der Sprengung kam es wegen der Abreise der Interessierten zu langen Staus rund um Gundremmingen.
Ansonsten registrierte die Polizei, die mit zahlreichen Kräften vor Ort war, keine besonderen Vorkommnisse. Für die Sprengung hatte das Landratsamt Günzburg eine große Sperrzone festgelegt, bereits seit Freitagabend war der Aufenthalt darin verboten. Einige Atomkraft-Befürworter demonstrierten am Rande der Verbotszone für eine Weiternutzung der Kernkraft.
600 Kilogramm Sprengstoff in insgesamt 1.800 Bohrlöchern
Die Sprengung verlief genau so, wie die mit dem Abriss beauftragte Thüringer Sprenggesellschaft geplant hatte. Die Kühltürme neigten sich jeweils leicht zur Seite und fielen dann senkrecht nach unten in sich zusammen. Nach Angaben des Kraftwerksbetreibers RWE waren 1.800 Löcher für rund 600 Kilogramm Sprengstoff in die Kühltürme gebohrt worden, um sie «niederzulegen», wie die Fachleute sagen. RWE und das Spezialunternehmen, das bereits mehrfach Kühltürme und Hochhäuser abgerissen hatte, hatten die Aktion mehr als ein Jahr lang vorbereitet.
Das Kernkraftwerk war Ende 2021 mit der Abschaltung des dritten Blocks endgültig vom Netz gegangen. Seitdem wird die Atomanlage zurückgebaut. Dies wird noch bis in die 2030er Jahre dauern. Die Kühltürme wurden einst gebraucht, um das bei der Stromproduktion erhitzte Kühlwasser herunterzukühlen, ehe es wieder zurück in die Donau geleitet wurde.