So ein Filmfestival, das ist immer eine Wundertüte. Nicht selten hat das, was man vorher gehört oder gelesen hat, eher wenig mit dem zu tun, was man dann zu sehen bekommt - auch bei der diesjährigen Berlinale.
Insofern setzten die beiden mit großen Erwartungen befrachteten Wettbewerbsbeiträge - "Knight of the cups" (Regie: Terence Malick) und "Mr. Holmes" (Bill Condon) - am Sonntagabend ein Zeichen: Der Festivalalltag hat begonnen.
Endlose Monologe, getragener Soundtrack Dabei hat Terence Malick, der schon so etwas wie ein Kultregisseur geworden ist, letztlich gar nicht überrascht. Schon 1999 gewann sein Kriegs-Drama "The thin red line" den Goldenen Bären, also den höchsten Preis, den es bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin zu gewinnen gibt. Und schon damals stand Malick für: tolle Bilder, endlose Monologe aus dem Off, einen getragenen Soundtrack. Alles in allem - schwere Kost.
Extrem unterschiedliche Reaktionen beim Publikum Sein neuer Film - mit Christian Bale, Natalie Portmann und Cate Blanchett enorm prominent besetzt - setzt diese Art der Inszenierung fort. Gnadenlos, möchte man fast sagen. Denn die zweistündige Selbstreflexion des Hollywood-Schauspielers Rick (Bale) ist eine zähe Komposition aus Landschafts- und Architekturaufnahmen, Selbstgesprächen und Szenen eines Schauspieler-Lebens. Ein Ganzes wird dieser Film nie, deshalb fielen die Reaktionen des Publikums extrem unterschiedlich aus - zwischen "wundervoll" und lauten "Buh"-Rufen zu Beginn der Pressekonferenz nach dem Film. So hoch schlugen die Wellen heuer in Berlin definitiv noch nicht. Und das wird den Berlinale-Machern sicher nicht unrecht sein.
"Mr. Holmes" läuft außer Konkurrenz Außer Konkurrenz, aber als Teil des offiziellen Wettbewerbs, war am Sonntagabend "Mr. Holmes" zu sehen. Ian McKellen (auch so ein alter Bekannter bei der Berlinale) spielt den hochbetagten Sherlock Holmes, der schon lange zurückgezogen mit seiner Haushälterin in einem verträumten Örtchen an der Küste lebt. Warum er so zurückgezogen lebt, hat er inzwischen sogar schon komplett vergessen, er ist ja nicht mehr der Jüngste. Aber irgendwie - ausgelöst durch die Neugierde von Roger, dem kleinen Sohn seiner Haushälterin - kommen bei Holmes alte, neue Fragen hoch: Warum eigentlich genau hat er damals seine detektivische Laufbahn beendet? Was war mit diesem letzten Fall, der ihn offensichtlich so aus der Bahn warf? Holmes macht sich noch einmal auf die Spur - oder besser: auf die Spuren seines Lebens.
"Mr. Holmes" hat wenig mit dem zu tun, was sich das zahlende Kinopublikum unter einem klassischen Holmes-Film vorstellt. Regisseur Bill Condon (2006 für "Dreamgirls" zweimal oscar-prämiert) zeichnet nach einer erfolgreichen Romanvorlage das Bild eines alternden, auch einsamen Mannes, der seinen Frieden mit der Welt schließen möchte. Es ist ein ruhiger, im Vergleich zu "Knight of the cups" wohltuend geradliniger, immer wieder überraschender Film mit einem grandios gealterten Ian McKellen (der den "Sir" im Namen tragen darf) in der Titelrolle. Einen Verleiher für den deutschen Kinomarkt scheint es für "Mr. Holmes" nicht zu geben, aber vielleicht hilft ihm ja der warmherzige Applaus des Berlinale-Publikums ein Stück weiter. Zu wünschen wäre es dieser sehenswerten britischen Produktion.