Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft teilte mit, dass im Rahmen der Vorermittlungen neben weiteren Zeugen auch die Anstaltsärztin vernommen worden sei. Sie habe die von ihr geschilderten Vorfälle nicht näher konkretisieren und insbesondere keine Namen von betroffenen Gefangenen nennen können. "Die Anstalt wies die erhobenen Vorwürfe im Vorermittlungsverfahren zurück." Die Staatsanwaltschaft Augsburg habe im August 2024 mangels zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für Straftaten von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen, die Ermittlungen jedoch kurz danach wieder aufgenommen, nachdem weitere Hinweise eingegangen seien.
Minister: Aufklärung läuft mit Hochdruck
"Die Aufklärung wird mit Hochdruck betrieben. Selbstverständlich stehe ich dem bayerischen Landtag jederzeit gerne zur Verfügung, um über den Stand der Aufklärung zu berichten", sagte Justizminister Georg Eisenreich (CSU).
Am Wochenende war bekanntgeworden, dass wegen gravierender Vorwürfe möglicher Häftlingsmisshandlung gegen mehrere Mitarbeiter der JVA Augsburg-Gablingen ermittelt wird. Wie viele Beschuldigte es sind, sagten weder die Staatsanwaltschaft Augsburg noch das Justizministerium. Das bestätigte allerdings, dass Disziplinarmaßnahmen gegen die Beschuldigten eingeleitet und Betretungsverbote für die JVA verhängt wurden.
Bei den Ermittlungen geht es um den Anfangsverdacht der Körperverletzung im Amt. Zu den Beschuldigten gehört auch die stellvertretende Leiterin des Gefängnisses, die die Vorwürfe über ihre Anwälte entschieden zurückwies.
"Haben auf mich eingeprügelt": Anonymer ehemaliger Häftling berichtet von Misshandlungen
Einzelne Gefangene sollen möglicherweise unbekleidet in einem "besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände" untergebracht worden sein, ohne dass Voraussetzungen für diese Maßnahme vorlagen, wie ein Sprecher der Augsburger Staatsanwaltschaft mitgeteilt hatte. Zudem geht die Behörde Vorwürfen nach, wonach es zu tätlichen Übergriffen einzelner Beschäftigter auf Gefangene gekommen sein soll.
Der Bayerische Rundfunk zitierte einen ehemaligen Häftling, der dem Sender zufolge eine eidesstattliche Versicherung zu seinen Aussagen abgegeben hat. "Von überall kam Personal angerannt und sie haben auf mich eingeprügelt", berichtete der namentlich nicht genannte Mann. "Als ich schon an Händen und Füßen gefesselt war, schlugen und traten die Beamten weiter auf mich ein, darunter auch Tritte ins Gesicht, sowie Schläge mit dem Knie ins Gesicht." Drei bis fünf Tage habe er danach allein und nackt in einem dieser besonders gesicherten Hafträume verbracht. "Genauer kann ich es nicht sagen, da ich aufgrund der ständigen Dunkelheit kein Zeitempfinden mehr hatte", sagte er dem BR. Die Staatsanwaltschaft wollte sich nicht dazu oder zu einzelnen Vorwürfen generell äußern.
Originalmeldung vom 28. Oktober 2024: Ärztin schildert JVA-Misshandlungen im Kreis Augsburg
In einem der größten Gefängnisse Bayerns sollen Häftlinge nackt in Sicherheitszellen gesperrt worden seien. Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt bereits, Auch eine Gefängnisärztin belastet die JVA Medienberichten zufolge schwer.
Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt wegen gravierender Vorwürfe möglicher Häftlingsmisshandlung gegen mehrere Bedienstete der Justizvollzugsanstalt (JVA) Augsburg-Gablingen. Dabei geht es um den Anfangsverdacht der Körperverletzung im Amt.
Einzelne Gefangene sollen möglicherweise unbekleidet in einen "besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände" untergebracht worden sein, ohne dass besondere Voraussetzungen für diese Maßnahme vorlagen, wie der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte. Zudem geht die Anklagebehörde Vorwürfen nach, wonach es zu tätlichen Übergriffen einzelner Beschäftigter auf Gefangene gekommen sein soll. Zuvor berichteten Augsburger Allgemeine und Bayerischer Rundfunk. Justizminister Georg Eisenreich will die Vorwürfe rückhaltlos aufklären lassen, wie der CSU-Politiker ankündigte.
Folterkommission soll aufgehalten worden sein
Anzeige erstattet hat laut BR unter anderem eine Augsburger Rechtsanwältin. Die Juristin berichtete über die Erfahrungen eines ihrer Mandanten in der JVA: "Loch im Boden, wo er seine Geschäfte verrichten muss", sagte die Verteidigerin im BR. Auch habe es kein Toilettenpapier gegeben.
"Keine Matratze, splitterfasernackt am Boden." Auch eine zeitweilig in dem Gefängnis tätige Ärztin sprach mit dem Sender und berichtete, sie habe in dem besonders gesicherten Haftraum 80 Prozent der Häftlinge ohne Unterhose, ohne Matratze und ohne Decke erlebt.
Gegenüber dem BR sagte Baur, dass sie selbst die "sogenannte Folterkommission informiert" habe, die Gablingen auch besucht hat. Aber die werde "an der Torwache aufgehalten, bis vertuscht ist. Dann wird sie reingelassen." Zudem hätten Matratzen und Papierunterhosen stets vor der Zellen gelegen, um sie im Fall von Kontrollen schnell hineinbringen zu können.
Bayerischer Justizminister reagiert auf Schilderungen - "müssen aufgeklärt werden"
"Die Vorwürfe müssen rückhaltlos aufgeklärt werden", sagte Justizminister Georg Eisenreich (CSU). "Sollte es zu Straftaten durch Bedienstete gekommen sein, werden diese strafrechtlich konsequent verfolgt und auch dienstrechtlich konsequent geahndet." Straftaten im Justizdienst seien inakzeptabel. Der Justizminister betonte aber auch, dass bis zum rechtskräftigen Abschluss der Verfahren die Unschuldsvermutung gilt. Zu den Einzelheiten des Ermittlungsverfahrens äußerte sich Eisenreich nicht, da die Ermittlungen in der Hand der Augsburger Staatsanwaltschaft liegen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Augsburg wurden in dem Zusammenhang am Donnerstag Räume des Gefängnisses von Polizei und Staatsanwaltschaft durchsucht. Weitere Einzelheiten nannte die Ermittlungsbehörde am Wochenende nicht. So ist unbekannt, gegen wie viele JVA-Mitarbeiter sich die Vorwürfe richten. Nicht bestätigt ist auch, ob auch eine mögliche Beteiligung von Vorgesetzten überprüft wird.
In der JVA Gablingen sind viele Untersuchungshäftlinge untergebracht, ein prominenter Insasse war nach seiner Inhaftierung 2020 der frühere Wirecard-Chef Markus Braun. Der Manager sitzt nach wie vor in U-Haft, allerdings mittlerweile seit fast zwei Jahren in München.