Vor 30 Jahren ging in Deutschland das Privatfernsehen auf Sendung. Dabei waren die Deutschen gewarnt.
Die Deutschen waren gewarnt. Lange bevor es in Deutschland Privatfernsehen überhaupt gab, führte 1976 der US-Spielfilm "Network" von Sidney Lumet diese zynische Welt bereits gnadenlos vor.
Mit grenzenloser Naivität folgten die Deutschen dennoch den Verheißungen einer schönen neuen Welt auf dem Bildschirm. Da waren zuvorderst Politiker, die sich damit mehr Meinungsmacht sichern wollten. Dann diejenigen, die im Privatfernsehen ein gutes Geschäft witterten. Gemeinsam haben sie das Projekt durchgeboxt. Dorfbürgermeister träumten vom eigenen Fernsehsender, in der Medienlandschaft machte sich Goldgräberstimmung breit.
Und heute? Die Dorfbürgermeister sind ohne Dorfsender geblieben. Glücksritter und Medienkonzerne haben jede Menge Geld verbrannt.
Und die Politiker, die sich von den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht genügend gewürdigt sahen, werden von den privaten nicht hofiert, sondern ignoriert. Das Sagen in den Privatsendern haben internationale Finanzinvestoren und die Programme sind vor allem eines: billig. Ehrgeizige Programmprojekte, die es in der Anfangszeit durchaus gab, wurden schnell ad acta gelegt. Geblieben ist eine bunte Tüte mit Knallbonbons, Trash und Konfetti.
Nur eines ist nicht passiert. Das Abendland ist nicht untergegangen. Es hat das Privatfernsehen achselzuckend akzeptiert als das, was es ist: nichts weiter als eine zusätzliche Variante von "panem et circenses", die seit den Gladiatorenkämpfen im Kolosseum in Rom unbestrittener Teil der abendländischen Kultur sind. Genauso wie die Kritik daran. Von den ersten Christen bis zu Sidney Lumet.