Daniela Katzenberger räkelt sich vor Bamberger Dom

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Gesucht, aber noch nicht gefunden: die Paare (v. l.) Benedikt (Patrick L. Schmitz), Beatrice (Verena Ehrmann), Hero (Ulrike Schlegel), Claudio (Bernhard Georg Rusch) Foto: Thomas Bachmann
Gesucht, aber noch nicht gefunden: die Paare (v. l.) Benedikt (Patrick L. Schmitz), Beatrice (Verena Ehrmann), Hero (Ulrike Schlegel), Claudio (Bernhard Georg Rusch)  Foto: Thomas Bachmann
 
 
 
 
 

Gerhard Fehns Shakespeare-Adaption für die Calderón-Spiele in Bamberg ist keine ganz leichte Freilicht-Kost, aber schlüssig. In "Viel Lärm um nichts" agiert Personal aus dem Pop-Panoptikum wie Daniela Katzenberger oder der "Joker" aus Batman.

"Glücklich, daß ich noch im Ablaufe der Zeit lebte, wo ich ihn begreifen konnte!", schrieb Johann Gottfried Herder 1773 über das Idol der Stürmer und Dränger, William Shakespeare. Ja - und wie sieht's mit uns Heutigen aus? Können wir den Über-Dramatiker, der vor 450 Jahren in eine Epochenwende hineingeboren wurde, noch begreifen? Die Sprache: sperrig. Die Alltagskultur? Höfische Kabalen, völlig antiquierte Ehrbegriffe, weibliche Unschuld als höchster Wert, ein "Bastard" als Bösewicht von Natur aus? Befremdlich.

Also ist es legitim, ja geboten, das Material zu modernisieren. Dezent, doch entschlossen, nah am Text, doch in zeitgemäßer Sprache, präzise, doch unterhaltsam, zumal im Freilichttheater, das ja nun die Bühnenkunst nicht neu erfinden soll. Dies alles ist dem Regisseur Gerhard Fehn und dem Team des E.T.A.-Hoffmann-Theaters mit ganz kleinen Abstrichen in "Viel Lärm um nichts" hervorragend gelungen.

Fehn und sein Ausstattungsleiter Jens Hübner versetzen das Geschehen unter dem Leitmotiv "Jahrmarkt der Gefühle" auf den Rummelplatz. Wir sehen ein angeschrägtes Schloss Neuschwanstein, eine Geisterbahn vielleicht auch, mit Leuchtreklame und Shakespeare-Initialen oben drauf und Spielfläche vorne dran. Alles direkt vor den Publikumsrängen, mit dem Dom im Hintergrund - eine grandiose Kulisse!


Vor Lüsternheit geradezu berstend

Das Spiel um Lug und Trug, um Belauschen, Tarnen, Täuschen, Voyeurismus in einer dekadenten Renaissance-Gesellschaft wird von der Regie permanent ironisiert. Hero, die in der ersten Hälfte des Schauspiels um zwei Paare, die sich nach mancherlei Irrungen und Wirrungen doch noch finden, kaum spricht, räkelt sich vor Lüsternheit geradezu berstend als: Daniela Katzenberger. Denn auf den Jahrmarkt gehören Schießbudenfiguren aus den Trivial-Welten von Privatfernsehen, Comicstrip und Hollywood-Kino. Also erscheint Benedikt (Patrick L. Schmitz) als der skurrile Modemensch Harald Glööckler, Borachio (großartig pöbelnd Felix Pielmeier) als Pirat Captain Sparrow, Don Juan (Gerald Leiß) vollkommen überdreht als Joker, Batmans Widersacher, nie sah man Leiß so derb, so mit Vergnügen alle Bühnen-Säue herauslassend, und die Hofdame Margareta (Nadine Panjas) als herb gestylte Stiefel-Lady, die zusammen mit Hero die bei Shakespeare durchaus angelegte Obszönität anklingen lässt.

Verena Ehrmann spielt ihre Beatrice sehr präsent, sehr engagiert, wogegen ihr Kontrapart Benedikt abfällt, abfallen muss in dieser Inszenierung. Bernhard Georg Rusch gibt seinen Claudio als nicht sehr gescheiten Schönling ebenso überzeugend wie Eckhart Neuberg den Leonato, Florian Walter Don Pedro und, immer komisch, Ulrich Bosch den Balthasar. Lobend erwähnt seien auch ausdrücklich einmal die Kostümschneider und der Maskenbildner Detlef Rezepka - beide Teams haben Meisterleistungen geschafft.


Eine gelungene Inszenierung


Das Wechselspiel von einerseits Verleumdungsintrige gegen Hero, andererseits Gute-Menschen-Intrige, um die Widerspenstigen Beatrice und Benedikt zusammenzubringen, dürfte schon für Zeitgenossen Shakespeares nicht leicht zu durchschauen gewesen sein. In der Bamberger Inszenierung schillern noch jede Menge weitere Pop-Ikonen auf: Willi (Biene Maja), Mickymaus, Charlie Chaplin als Großer Diktator, Conchita W.

Die Souffleuse Jutta Vogel flankiert als Shakespeare das vergnügliche Treiben, und Fehn versteckt in seinem Text (Grundlage war die Übersetzung Wolf Graf Baudissins) auch noch etliche - z. T. verfremdete - Shakespeare-Zitate wie "Mein Ackerland für einen Dolch". Ach ja, zitiert werden figürlich auch noch der "Sommernachtstraum", "Julius Caesar", "Othello" und "Hamlet". Da gibt's viel zu entdecken und zu rätseln, fast zu viel! Dazu noch die perfekt eingesetzte elektronische Jahrmarktsmusik Chris Brewers, die an die legendären "Raumpatrouille"-Tänze angelehnte Choreographie Daniela Rügers samt spektakulärem Rückendekolletee - eine gelungene Inszenierung, die auch mit freundlichem Beifall belohnt wurde. Nur dass aus Gründen der Ensemble-Ökonomie die beiden tölpelhaften Beamten Holzapfel und Schlehwein wegrationalisiert worden sind - das schmerzt dann doch ein bisschen.