Bamberger Musiker spielen Spitzeninstrumente

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Peter Rosenberg spielt ein wertvolles Instrument, die sogenannte Rappoldi-Geige Fotos: Matthias Hoch
Peter Rosenberg spielt ein wertvolles Instrument, die sogenannte Rappoldi-Geige Fotos: Matthias Hoch
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Die Vorgänge um die Stradivari Frank Peter Zimmermanns lenkten das Interesse auf das "Handwerkszeug" von Spitzenmusikern. Es als solches zu bezeichnen, kommt für sie jedoch fast einer Beleidigung gleich.

Dass das Instrument, das Berufs-, ja Spitzenmusiker zum Klingen bringen, nicht aus dem Musikalienhandel um die Ecke stammt, dürfte auch für den Laien auf der Hand liegen. Dass die Suche nach dem adäquaten "Handwerkszeug" eine lebenslange, ja obsessive sein kann, zeigt das Gespräch mit zwei Vollprofis.
Der Violinist Peter Rosenberg, Erster Konzertmeister der Bamberger Symphoniker, ist am Ende seiner Laufbahn in diesem Orchester angelangt und hat eine wahre Philosophie der Beziehung zwischen dem Spieler und seinem Instrument entwickelt und auch eine Art politischer Ökonomie dieses speziellen Marktsegments. Matthias Ranft, Solocellist, reiste bis nach Frankreich, um sein Lieblingscello zu finden.


Ja, nicht nur ein Weltstar wie Frank Peter Zimmermann, artist in residence der Bamberger Symphoniker in der Saison 2011/12, ist schockiert, wenn er sich von seiner Violine trennen muss.
Ihm hatte die WestLB seine Stradivari "Lady Inchiquin" aus dem Jahr 1711 geliehen; nach dem Verkauf der Bank forderte der neue Besitzer die Geige zurück. Zimmermann bot fünf Millionen Euro - zu wenig! (Jetzt spielt Zimmermann eine Guarneri.)
Symptomatisch, weiß Rosenberg: "Die Preise sind explodiert!" Vor 20 Jahren noch seien Spitzeninstrumente "finanziell im Bereich des Möglichen" gewesen, heute, nach einer "sprunghaften Entwicklung", würden sie ähnlich wie Kunstwerke zu Spekulationsobjekten, auch ein Abbild moderner Wirtschaft, "ein Zeitspiegel" (Rosenberg). Die Ökonomie ist klar: Einer steigenden Zahl von Instrumentalisten steht eine begrenzte Zahl edler alter Instrumente gegenüber. Um Tacheles zu reden: Eine sehr gute neue Violine kostet 20-25 000 Euro, dito ein Cello um die 30 000 Euro. Eine enorme Summe für junge Musiker, bei denen es z. B. bei einem Vorspielen um die Existenz geht.


Doch Rosenberg, der selbst lange nach dem perfekten Instrument gesucht hat, warnt davor, diese Suche zur Obsession zu machen. Er selbst habe in Rumänien auf einem Instrument mit "erbärmlichen Stahlsaiten" gelernt, und dem Nachwuchs rate er schon einmal: "Versuch's doch mal mit Üben!" Dennoch: Der Konzertmeister war selbst lange auf der Pirsch, bis er vor 20 Jahren eine Storioni gefunden habe, "ein wunderbares Instrument". Zurzeit bespielt er eine Guadagnini, die dem Orchester gehört, die sogenannte Rappoldi-Geige, einst den Symphonikern von ihrem Violinisten vermacht. Die wertvollsten Instrumente gehören Stiftungen oder reichen Privatleuten, die sie Musikern zur Verfügung stellen - zuweilen nach einem Wettbewerb als eine Art Stipendium.


Matthias Ranft hat ein Grancino-Cello gefunden, das "nie vulgär klingt, immer rund und schön". Er macht darauf aufmerksam, dass die alten Instrumente für kleinere Konzertsäle gebaut worden sind, für andere Hörbedürfnisse und Kompositionen und dass man sie der Moderne anpassen musste. Jeder berühmte Geigenbauer steht für einen eigenen Klang, Amati z. B. für eine gewisse Gefälligkeit, Weichheit. Größere Säle brauchten auch lautere Instrumente, was andere Saiten erfordert oder Modifikationen an Korpus und Schnecke. Die Bögen der Saiteninstrumente werden aus brasilianischem Pernambukholz gedrechselt. Überhaupt der Klang alter Instrumente: Beide Musiker sind sich einig, dass "ein Element des Mysteriums" dem Klangerlebnis innewohne, dass der Geist der Zeit sich in Material und Bauweise niederschlage. Wem das zu esoterisch klingt, der möge bedenken, dass Materialien altern, eventuell überhaupt nicht mehr greifbar sind wie im 18. Jahrhundert. Dennoch rankt sich manche Anekdote um den Klang, ähnlich wie ums Verkosten edelster Weine ohne Etikett. Die erfahrensten Musikkenner sollen bei einer "Blindprobe", d. h. Musikern, die hinter einem Vorhang spielten, schon gescheitert sein ...
Perfekter Klang muss auch nicht unbedingt mit makelloser Schönheit korrespondieren: "Die schönsten Instrumente klingen am schlechtesten", sagt Rosenberg. Niccolo Paganini etwa besaß eine Violine, "Die Kanone" genannt, die besonders laut klang für diesen ersten Popstar der Musik. Sie war jedoch eher schlampig verarbeitet. Es ist eben ein Mysterium und eine Philosophie. Worüber Musiker gerne parlieren. Über eines sprechen sie jedoch äußerst ungern: den Preis ihrer Instrumente.