In Nordrhein-Westfalen steht ein 41-Jähriger vor Gericht, der seinen Neffen ermordet haben soll. Die Lage im Saal spitzte sich bei der Verteidigung des Angeklagten zu. Die Entwicklungen im Überblick.
Der Onkel soll seinen Neffen zuerst geschlagen, dann mit heißem Wasser verbrüht und anschließend in der Badewanne bewusstlos liegen gelassen haben.
Danach soll er sich die Kopfhörer aufgesetzt haben und sich an den PC gesetzt.
Am Freitag (18. Mai 2018) hat der Prozess im Düsseldorfer Landgericht begonnen. Die Mutter des Jungen saß heulend im Gerichtssaal. Ihr eigener Bruder soll ihr Kind ermordet haben.
Onkel soll Neffen ermordet haben:
Am Freitag (18. Mai 2018) hat in Düsseldorf am Landgericht ein Prozess begonnen, der jegliche Menschlichkeit beim Angeklagten vermissen lässt. Ein 41-jähriger Mann soll seinen Neffen am 5. Oktober 2017 in Neuss (Nordrhein-Westfalen) ermordet haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dem elfjährigen Jungen im Badezimmer einen so heftigen Schlag versetzt zu haben, dass er rückwärts in die Badewanne flog und bewusstlos dort liegen blieb. Anschließend soll er dem Jungen extrem heißes Wasser über den Kopf gegossen haben. Seine Idee: Er wollte den Jungen aufwecken. Der Elfjährige erlitt schwerste Verbrühungen am Kopf und an den Schultern.
Onkel will es nach einem Unfall aussehen lassen
Selbst das heiße Wasser weckte den Jungen nicht wieder auf. Er blieb bewusstlos in der Wanne liegen. Auch das Wechseln von extrem heiß auf extrem kalt brachte nichts. Der Onkel ließ ihn in der Badewanne liegen, setzte sich Kopfhörer auf und ging an den PC. Diesen Ablauf berichtete der Staatsanwalt am Freitag (18. Mai 2018). Im Fachjargon wird dem 41-Jährigen ein sogenannter "Verdeckungsmord" vorgeworfen. Im Detail: Der Mann wollte den Vorfall wie einen Duschunfall aussehen lassen. Indem er den Jungen sterben ließ, habe er die vorangegangen Misshandlung vertuschen wollen.
Als seine Frau nach Hause kommt, ist der elfjährige Neffe bereits tot. Plötzlich beginnt der Mann mit einer Wiederbelebung und wählt den Notruf. Und der sehr unwahrscheinliche Fall tritt sogar ein: Der Junge (11) wacht wieder auf, er lebt! Doch mit heftigsten Einschränkungen, in Form von Hirnschäden. Er kommt in ein Spezialklinikum, wo er durch lebenserhaltende Maschinen weiterlebt. Als diese einige Tage nach dem Mord abgeschaltet werden, ist der Neffe sofort tot.
Verteidigung will erklären
Der Verteidiger des 41-Jährigen erklärt im Nachgang der Ausführungen der Staatsanwaltschaft, dass sein Mandant als Kind von seinem Vater geschlagen worden sei, er habe von den Misshandlungen Narben davon getragen . Er habe es bei seinen eigenen sechs Kindern besser machen wollen.
Teilgeständnis des Onkels
Als sich die Mutter des Jungen vor Jahren von ihrem Mann trennt, kommt der Neffe zur Oma. Eines Tages zieht die Großmutter mit dem Jungen beim Onkel ein. Unglaubliche Zustände: In der Wohnung hausten wohl zehn Menschen. Der Neffe habe sich dort wenig eingefügt und ständig für Schwierigkeiten gesorgt. Aus Sicht der Verteidigerin war es kein Mord. Der Onkel will keine lebensgefährliche Situation erkannt haben, räumte aber ein den Jungen geschlagen zu haben. Aus der Perspektive der Verteidigung wird auf Körperverletzung mit Todesfolge plädiert.
Die Reihen des Gerichtssaals im Düsseldorfer Landgericht waren heute (18. Mai 2018) dicht gefüllt. Dutzende Angehörige und Bekannte saßen im Publikum. Es herrschte eine sehr angespannte Stimmung, die Nerven aller Beteiligten lagen blank. Im Nachgang der Verhandlung kam es vor dem Gerichtsgebäude zu Handgreiflichkeiten. Dutzende Beamte verhinderten Schlimmeres.
Die Verhandlung wird am 24. Mai 2018 fortgesetzt.
red/tu/dpa