Mit einem neuen Maßnahmenpaket für Grundschulen will das bayerische Kultusministerium die Fächer Mathematik und Deutsch stärken. Eine Petition wendet sich jetzt gegen eine befürchtete "drastische Reduzierung der Unterrichtszeit" von Kunst, Musik und Werken.
Ein neuer Pisa-Schock aus dem Jahr 2023 soll ab dem Schuljahr 2024/25 Konsequenzen für die bayerische Grundschulbildung nach sich ziehen, wenn es nach einem neuen Maßnahmenpaket des bayerischen Staatsministeriums geht. Laut der Studie sind deutsche Schüler so schlecht wie nie, woraufhin das bayerische Kabinett am Dienstag (27. Februar 2024) über eine neue Gewichtung der Stundenpläne für Erst- bis Viertklässler entschied.
Demnach soll es mehr Wochenstunden für Deutsch und Mathe geben, während die Gesamtstundenzahl nicht steigt. Im Gegenzug werden die Fächer Kunst, Musik sowie Werken und Gestalten zu einem "Fächerverbund" zusammengefasst. Die Schulen können dann in Eigenverantwortung bei diesem Verband und bei Englisch kürzen. Bei vielen Unterstützern der musischen Fächer hat dieser Vorstoß für einen Aufschrei gesorgt. Eine am 28. Februar 2024 aufgesetzte Petition von Lisa Reinheimer will jetzt die Zusammenlegung verhindern, da man die "drastische Reduzierung der Unterrichtszeit" in diesem Bereich befürchte.
"Würde wertvolle Lernerfahrungen stark einschränken" - Petition richtet sich gegen neuen bayerischen Schulplan
Wie es im Text der Petition heißt, würden die kreativen Fächer in Zukunft "keinen einzelnen Platz im Stundenplan mehr haben" - das wolle man mit der Unterschriftensammlung verhindern. Die Initiatorin bringt verschiedene Argumente vor, die die Bedeutsamkeit von Kunst, Musik und Co. betonen: So zögen manche Kinder ihre Freude und ihr Selbstverstrauen aus Kunst, Musik und Werken. Diese Fächer seien eine "lernförderliche Abwechslung zum Deutsch- und Mathematikunterricht". Die "eher projektorientierten Fächer" stärkten das Miteinander der Kinder und förderten "Kreativität und Problemlösekompetenz" und weitere "zahlreiche Zukunftskompetenzen", wie es weiter heißt.
Fragwürdig findet die Verfasserin den Effekt des Plans auf das gewünschte Ergebnis. So führe die zusätzliche Bereitstellung von mehr Zeit für die Fächer Deutsch und Mathematik nicht automatisch zu besseren Ergebnissen. "Vielmehr geht es darum, die Art, wie geübt wird, zu verändern. Laut dem Arbeitsprinzip, dem Parkinsonschen Gesetz, braucht eine Aufgabe, solange wie man Zeit dafür hat. Demnach würden Kinder in mehr Unterrichtsstunden auch nicht zwangsläufig mehr lernen." In Kunst, Musik und Werken fänden die Kinder zudem notwendige Pausen vom Lernen und in der Schule hätten alle Kinder so im Sinne der Chancengleichheit Zugang zu den musischen Fächern.
"Die geplante Zusammenlegung dieser wichtigen Fachbereiche an Grundschulen in Bayern würde diese wertvollen Lernerfahrungen stark einschränken", heißt es unter anderem zum Schluss. Am Donnerstag (29. Februar 2024) reagierten die Initiatoren auf einen BR-Bericht, in dem die Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) betont, dass es die Fächer natürlich weiterhin getrennt gebe. Der Verbund bedeute nur, dass die Lehrer die dafür vorgesehen Stunden flexibel daraus einteilen können.
Fast 200.000 Unterschriften - Initiatorin euphorisch: "Mein Herz hüpft vor Freude"
"Ist schon klar, dass Lehrkräfte in Zukunft nicht Kunst, Musik und Werken gleichzeitig unterrichten werden", ist in einem Update der Petition zu lesen. "Dennoch bleibt es bei dem Vorhaben doch bei einer Reduzierung der kreativen Fächer", ist als Reaktion darauf in der Petition zu lesen. Reinheimer schreibt weiter: "Würde das Bundesland Bayern diese Fächer streichen, begehen sie den gleichen Fehler wie viele Eltern, die ihren Kindern das 'Hobby' streichen, damit es in der Schule besser läuft."
Auch der Bayerische Musikrat äußerte sich am Dienstag (27. Februar 2024) traurig auf Facebook. Der Zusammenschluss könne "nur als eine beschönigende Formulierung dafür verstanden werden, dass faktisch die Stunden etwa für Musik zusammengestrichen werden. Denn anders kann die Erhöhung der Stundenzahl für Deutsch und Mathematik und eventuell auch Sport bei gleichbleibender Stundenzahl in der Grundschule nicht kompensiert werden. Dies ist verheerend für die Entwicklung unserer Kinder."