Nach Rückzug vom US-Präsidenten: Trump schimpft über "betrügerischen Joe Biden"

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Nachdem Joe Biden verkündet hat, er werde bei der Wahl um das Amt des US-Präsidenten nicht weiter antreten, schlug er wenige Zeit später eine Nachfolgerin vor. Donald Trump reagierte wütend und wirft ihm "Betrug" vor.

Update vom 22.07.2024: Amtierender Präsident Biden schlägt Vize als Kandidatin vor

US-Präsident Joe Biden plant, im November nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren und hat seine Stellvertreterin Kamala Harris als Ersatz vorgeschlagen. Obwohl es sein Ziel gewesen sei, eine Wiederwahl anzustreben, glaube er, dass es im besten Interesse seiner Partei und des Landes sei, wenn er zurücktrete und sich ausschließlich auf sein Amt konzentriere, schrieb der Demokrat in einer Erklärung.

In den letzten Wochen stand der 81-Jährige wegen seines geistigen Zustandes in seiner eigenen Partei stark unter Druck. Bidens Rückzug kurz vor der Wahl stellt eine dramatische Wende dar und verursacht weiteres Chaos in einem ohnehin schon historischen US-Wahljahr.

"Ich fühle mich geehrt": Biden spricht Harris nach Rückzug volle Unterstützung zu

Biden kündigte an, die Nation im Laufe der Woche ausführlicher über seine Entscheidung informieren zu wollen. Er teilte seinen Rückzug über die sozialen Medien X, Facebook und Instagram mit. Kurz darauf schrieb er, dass die 59-jährige Harris seine volle Unterstützung habe, als Kandidatin der Demokraten bei der anstehenden Wahl anzutreten.

Die Demokraten müssen nun in kürzester Zeit umschwenken und die Nachfolge regeln. Die formelle Nominierung des Präsidentschaftskandidaten erfolgt auf einem Parteitag in Chicago Mitte August. Harris war an der Seite Bidens bisher unauffällig geblieben, erhielt aber angesichts der Schwäche ihres Chefs zuletzt die Unterstützung mehrerer wichtiger Parteimitglieder.

"Ich fühle mich geehrt, die Unterstützung des Präsidenten zu haben, und ich habe die Absicht, diese Nominierung zu verdienen und zu gewinnen", teilte die ehemalige kalifornische Generalstaatsanwältin und Ex-Senatorin mit. Harris ist die erste Schwarze, die den Eid als US-Vizepräsidentin abgelegt hat. Sie ist 19 Jahre jünger als der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump.

Trump wütend über den "betrügerischen Joe Biden"

Donald Trump schien nach dem Rückzug Bidens wütend. Sein Team habe Zeit und Geld in "den Kampf gegen den betrügerischen Joe Biden" investiert. "Jetzt müssen wir wieder von vorn anfangen", schimpfte Trump laut dpa  auf der von ihm mitbegründeten Internet-Plattform Truth Social. Der 78-Jährige stellte eine Entschädigung der Republikaner für diesen "Betrug" an seiner Partei in den Raum.

Der 78-Jährige war beim Parteitag der Republikaner in Milwaukee vergangene Woche offiziell zum Kandidaten seiner Partei gekürt worden. Als Vizekandidat der Republikaner geht der Senator J.D. Vance ins Rennen. Der Parteitag inszenierte Trump nach dem Attentat auf ihn als Politiker, den die Schüsse verändert haben und der nun das tief gespaltene Land einen wolle. 

In seiner eigenen Nominierungsrede fiel Trump allerdings in alte Muster zurück, warf den Demokraten Wahlbetrug vor und beleidigte seine politischen Gegner. Trump und die Republikaner hatten gehofft, bei der Wahl im November gegen Biden leichtes Spiel zu haben - zumal Trump unter seinen eigenen Fans nach dem überlebten Angriff geradezu Legendenstatus erreicht hat.

Erstmeldung vom 21.07.2024: "Im besten Interesse des Landes: US-Präsident Biden verzichtet auf zweite Amtszeit

Der amtierende US-Präsident Joe Biden steigt aus dem Rennen um eine weitere Amtszeit als Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten aus. Der 81-Jährige verkündete am Sonntag (21. Juli 2024) in einem Statement auf Instagram, Facebook und X, dass er bei der Wahl im November nicht länger für eine zweite Amtszeit antreten werde. In den vergangenen Wochen waren immer wieder Stimmen laut geworden, die wegen seines Alters und seines mentalen Zustandes den Rückzug Bidens aus dem Kampf um das Präsidentenamt forderten. Teilweise kamen diese auch von führenden Demokraten aus der eigenen Partei, weshalb der US-Präsident massiv unter Druck geraten war.

"Obwohl es meine Absicht war, mich um eine Wiederwahl zu bemühen, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich mich zurückziehe und mich für den Rest meiner Amtszeit ausschließlich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident konzentriere", schrieb der Demokrat in einer schriftlichen Erklärung. "Ich werde im Laufe dieser Woche vor der Nation ausführlicher über meine Entscheidung sprechen."

Biden nach letzten Auftritten in der Kritik 

Biden war nach einem desaströsen Auftritt bei einem Fernsehduell gegen Ex-Präsident Trump Ende Juni extrem in die Kritik geraten. Während des Schlagabtauschs verhaspelte sich der mächtigste Mann der Welt regelmäßig, verlor den Faden, starrte mit offenem Mund ins Leere und konnte häufig seine Sätze nicht richtig beenden. Schon vorher hatte es innerhalb der Demokratischen Partei und in der Bevölkerung wegen Bidens Alter Vorbehalte gegen seine Wiederwahlambitionen gegeben. Doch nach dem Duell entflammte die Debatte über die Eignung des Bidens als Präsidentschaftskandidat der Demokraten in ganz neuem Ausmaß - und in aller Öffentlichkeit.

Nach der Debatte hatten sich Bidens Umfragewerte noch mal deutlich verschlechtert. Und in seiner eigenen Partei wagten sich einer nach dem anderen vor, um öffentlich Bidens Rückzug aus dem Rennen um die Präsidentschaft zu fordern. Bei diversen Auftritten gab Biden sich trotzig und versicherte ein ums andere Mal, er werde sich nicht zurückziehen. Der Präsident selbst versuchte zunächst, sich herauszureden. So hatte er zuvor in einem TV-Interview gesagt, er sei die am besten qualifizierte Person, um Trump zu besiegen. Nur, "wenn der allmächtige Gott herunterkäme und sagen würde: 'Joe, steig aus dem Rennen aus', würde ich aus dem Rennen aussteigen".

Seinen schwachen Auftritt begründete er mit Müdigkeit in Folge anstrengender Auslandsreisen. Er habe nicht aus seine Berater gehört und sich übernommen. Bei diversen Auftritten gab er sich trotzig und versicherte ein ums andere Mal, er werde sich nicht zurückziehen. Doch es folgten weitere Patzer. Und am Ende wurde der Druck aus den eigenen Reihen zu groß.

Nach Biden-Rückzug: Demokraten vor Mammut-Aufgabe

In den vergangenen Tagen hatte sich Biden nach einer Infektion mit dem Coronavirus in sein Privathaus in Rehoboth Delaware zurückgezogen und keine öffentlichen Termine absolviert. Während seiner Zwangspause fasste er nun den Entschluss, sich dem Druck seiner Parteikollegen zu beugen.

Die Demokraten müssen nun in kürzester Zeit umsatteln und die Nachfolge regeln. Als Ersatzkandidatin rückte in den vergangenen Wochen mehr und mehr Bidens Stellvertreterin Kamala Harris in den Fokus. Die 59-Jährige war in ihrem Vizepräsidentenamt an der Seite Bidens bislang blass geblieben, bekam angesichts von dessen Schwäche zuletzt allerdings die Unterstützung einer ganzen Reihe wichtiger Parteimitglieder. Die Demokraten nominieren ihren Präsidentschaftskandidaten offiziell bei einem Parteitag in Chicago Mitte Augst.

Die Republikaner haben ihren Präsidentschaftskandidaten Donald Trump bei einem Nominierungsparteitag in Milwaukee bereits offiziell gekürt.

Ein Wahljahr wie keines zuvor

Schon vor dieser größtmöglichen Komplikation war dieses US-Wahljahr eines, das auf allen Ebenen heraussticht, vor allem mit Blick auf den republikanischen Kandidaten. Mit Trump bewirbt sich ein verurteilter Straftäter um das höchste Amt im Staat. Als erster Ex-Präsident der Vereinigten Staaten wurde der Republikaner in einem Strafverfahren schuldig gesprochen - wegen der Verschleierung einer Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin. Im Wahlkampf hat das dem 78-Jährigen bislang nicht geschadet. Es laufen noch andere Strafverfahren gegen ihn - allerdings dürfte es vor dem Wahltag in diesen Fällen nicht mehr zum Prozess kommen. 

Bereits das jüngste US-Wahljahr 2020 war chaotisch gewesen. Trump akzeptierte seine Wahlniederlage gegen Biden damals nicht, sondern versuchte mit drastischen Mitteln, den Wahlausgang umzukehren. Sein Feldzug gipfelte damals in einem gewaltsamen Angriff seiner Anhänger auf das US-Kapitol, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen. ami/mit dpa

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