Schwere Vorwürfe: Hielt Selenskyj Informationen zur drohenden Kriegsgefahr zurück?

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Ukraine-Krieg : Wusste Selenskyj, was passieren würde?
24.08.2022, Ukraine, Kiew: Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, hält seine Rede zum Unabhängigkeitstag der Ukraine in Kiew ...
Ukraine-Krieg : Wusste Selenskyj, was passieren würde?
Präsidialamt der Ukraine (ZUMA Wire)

Gegen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj werden schwere Vorwürfe erhoben: Er habe bereits Monate vor der russischen Invasion von der drohenden Kriegsgefahr gewusst. In einem Interview nahm Selenskyj Stellung zu den Beschuldigungen.

Er ist der Held seines Landes: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj avancierte vom Komiker zum Kriegshelden, nachdem Russland vor nahezu genau sechs Monaten in die Ukraine einmarschiert ist.

Doch nun scheint der innere Zusammenhalt, mit dem die Ukraine unter der Führung Selenskyjs Russland gegenübertrat, zu bröckeln. Der Grund: Selenskyj wird vorgeworfen, er habe bereits Monate vor der Invasion Russlands Warnungen über einen möglichen Angriff erhalten - diese aber nicht publik gemacht. 

Selenskyj beschuldigt: War er frühzeitig vor der russischen Invasion gewarnt worden?

Mitte August erklärte er in einem Interview mit der Washington Post sein Handeln: Er gab zu, dass er Kriegswarnungen aus westlichen Ländern erhalten habe - bereits Monate vor Putins Invasion. Er rechtfertigte die Tatsache, dass er diese Informationen bewusst nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben habe damit, dass er die Bevölkerung nicht in Panik habe versetzen wollen. "Wenn wir das kommuniziert hätten – und das wollten einige Leute, die ich nicht nenne –, dann hätte ich seit letztem Oktober monatlich 7 Milliarden Dollar verloren", betonte Selenskyj.  "Und in dem Moment, wenn die Russen angegriffen hätten, hätten sie uns innerhalb von drei Tagen gefangen genommen."

Sie hätten limitieren können, wie viel Geld die Bürgerinnen und Bürger von ihren Konten abheben dürfen, sagt er, hätten sich aber dagegen entschieden. "Wir wussten, dass es die Wirtschaft des Landes beeinflussen würde, die Banken offenzulassen." Dennoch entschuldigte er sich in dem Interview dafür, dass er all die Informationen, die der Geheimdienst ihm geliefert hätten, nicht weitergeben hätte können. Sie rieten ihm, er solle seine Familie in Sicherheit bringen. Er hätte ihnen geantwortet, wie sie sich das vorstellen würden - er könne seine Leute nicht zurücklassen.

Russland habe seit Jahren die Ukraine unterminiert. Der ukrainische Präsident betont daher, wie wichtig Einigkeit ist: "Wir sind jetzt stärker, als wir vor der Invasion waren. Unsere Position ist klarer und ich glaube, dass das das Wichtigste ist, weil nur ein von Innen starkes Land irgendwie standhalten kann."

Kritik vonseiten der Opposition: "Mitschuldig an menschlichen Verlusten"

Aktuell werden die politischen Entscheidungen Selenskyjs kaum infrage gestellt. Sewgil Musajewa, Chefredakteurin der regierungskritischen Ukrainska Prawda, sagt gegenüber dem Handelsblatt hingegen, dass "manche Fragen früher oder später ehrlich beantwortet werden müssen." Sie wirft dem Präsidenten vor, die Schwere der Situation zu Beginn des Jahres verschwiegen zu haben. Daher sei er wegen mangelnder Kriegsvorbereitungen mitschuldig an „konkreten menschlichen Verlusten“.

Lesetipp: Alle aktuellen Entwicklungen zum Ukraine-Krieg könnt ihr in unserem Ticker nachlesen.