Journalist Korbinian Frenzel, der als Experte hinzugeschaltet wird, spricht von "Team Freiheit versus Team Sicherheit". Zwei gesellschaftliche Extreme, die beide auf Polarisierung aufbauen würden. "Können nicht zwei Wahrheiten parallel existieren?", stellt Moderatorin Eva Schulze die Frage in die Runde.
Wäre Deutschland eine Diktatur mit Meinungszensur, wie viele Bürger es beschreiben, dürfe er hier gar nicht sprechen, bringt Satiriker und Autor Florian Schroeder ins Gespräch ein. Während der Pandemie trat Schroeder vor Menschen in Stuttgart auf, die gegen die damaligen Corona-Maßnahmen protestierten - und stellte sie bloß. Lange hält dagegen: "Wenn du nicht die Meinung vertrittst, die die Mehrheit hat, wirst du in eine Ecke gestellt." Wer heute zum Beispiel sage, er wolle keinen Krieg, sei automatisch ein Putin-Freund. Das sei doch viel zu apokalyptisch, kontert Schroeder: "Die Meinungsfreiheit ist riesig, sie ist überhaupt nicht gefährdet, aber es gibt eine furchtbare Enge."
"Der Mittelweg ist nicht mehr akzeptiert"
Diese Enge, damit beschreibt Schroeder den fehlenden Mittelweg. Der ausbleibende Kompromiss, das Verstehenwollen, Zuhören und Aufeinanderzugehen. Die Hälfte der Sendung ist vorbei, da bringt sich die Journalistin des Bayerischen Rundfunks und "Focus"-Kolumnistin Julia Ruhs zum ersten Mal in die Diskussion ein. Ruhs bezeichnet sich selbst als konservativ, mitte-rechts - etwas, das man ihrer Meinung nach nur noch selten in der woken Medienbranche finde.
"Der Mittelweg ist nicht mehr akzeptiert", sagt sie, wir sollten aufhören so "hoch moralisch" zu diskutieren. In der Vergangenheit habe Ruhs deshalb mit Hasskommentaren auf Social Media zu kämpfen gehabt - das "braune Julchen". Dabei habe sie eine "ganz normale Meinung", denn nicht alles, das anecke, sei gleich menschenfeindlich oder rassistisch. Schroeder stimmt ihr teilweise zu: "Moralismus ist oft brutaler als das Recht." Aber die Grenze sei immer noch das Grundgesetz.
"Den anderen reden lassen - auch, wenn die Meinung unangenehm ist"
Weiter geht's im Fragenkatalog. Themen werden angerissen, von Genderdebatte, Cancel-Culture bis zur Corona-Impfung. Was ist das richtige Maß an Zensur? Wie viel Fact-Checking braucht es? Wie viel Verantwortung kann man dem Einzelnen zumuten? "Wir sind überfordert", findet Herzig, Schroeder ergänzt, der Einzelne müsse heute schon fast journalistische Kompetenzen haben, um "die Wahrheit" herauszufinden.
Argumente werden ausgetauscht, mal wird der Kopf geschüttelt, mal zustimmend genickt - zu einer hitzigen Diskussion kommt es nicht. Abschließend steht die Frage im Raum: Und jetzt? "Wie können wir mit Verunsicherung umgehen und uns trotzdem sicher fühlen?", fragt Moderatorin Eva Schulz. Schroeder: "Es gibt eine Form der produktiven Verunsicherung, das, was wir heute Abend betreiben. Wir verunsichern uns gegenseitig, man kommt aus sich selbst heraus."
Herzig spricht sich für folgenden Ansatz aus: "Offen zuhören, den anderen reden lassen - auch, wenn dir die Meinung unangenehm ist." Die Kamera schwenkt von einem Gast zum nächsten. Nachdenkliche Gesichter. Dann stoßen alle zusammen ein letztes Mal an.
"5 Jahre Corona - Was darf man noch sagen?" läuft am Dienstag, 18. März, 20.15 Uhr, im ZDF und vorab in der ZDF-Mediathek.