Er nahm nie ein Blatt vor den Mund. Claus Peymann war einer der streitbarsten und leidenschaftlichsten deutschen Theatermacher - und ein Regisseur, der Bühnengeschichte geschrieben hat.
Er selbst bezeichnete sich als «Prinzipal alter Ordnung» und einen der letzten großen linken Theatermacher in Deutschland. Sich einmischen und auf Missstände aufmerksam machen - so lautete das Credo des nimmermüden Rebellen Claus Peymann. Nun ist Peymann im Alter von 88 Jahren in Berlin gestorben. Das teilte die frühere Geschäftsführerin des Berliner Ensembles, Miriam Lüttgemann, der Deutschen Presse-Agentur mit. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet.
Das Theatermachen empfand er als eine öffentliche Tätigkeit. «Folglich ist ein Theaterdirektor jemand, der sich zu Wort melden muss», sagte der langjährige Leiter des Berliner Ensembles einmal. «Ich halte nichts von den sensiblen Hinterstübchen, in denen die meisten meiner Kollegen sitzen - obwohl das vielleicht oft nur aus Opportunismus geschieht.»
Was ist über seinen Werdegang bekannt?
Jahrzehntelang machte der Regisseur und Theaterintendant auch jenseits der Bühne Schlagzeilen. Über Stuttgart, Bochum und Wien kam Peymann zum Berliner Ensemble (BE). Dort trat er als «Reißzahn im Arsch der Mächtigen» an und sorgte bis zu seinem Abschied im Sommer 2017 für ein ausverkauftes Haus.
Autoren wie Thomas Bernhard und Thomas Brasch, Botho Strauß, Peter Turrini, Peter Handke, George Tabori und Elfriede Jelinek gehörten zu Peymanns Weggefährten. Er verpflichtete US-Regisseur Robert Wilson und Popstar Herbert Grönemeyer für umjubelte Inszenierungen wie das Goethe-Musical «Faust I und II».
Furore wegen seines politischen Engagements
Furore machte Peymann oft weniger mit seinen eigenen, mit der Zeit eher sehr klassisch angelegten Inszenierungen. Für Aufregung sorgte dagegen immer wieder sein politisches Engagement: Er zeigte Solidarität mit dem wegen seiner Serbien-Sympathie in der Kritik stehenden Handke und bot dem ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar ein Praktikum am Berliner Ensemble an.
Wie damals in den 70er Jahren, als er am Stuttgarter Staatstheater in einer Aufsehen erregenden und folgenschweren Aktion Spenden für die Zahnbehandlung von RAF-Häftlingen sammelte, gehe es um den Kampf für eine gerechtere Welt, sagte Peymann dazu.
Er kommentierte die Berliner Kulturpolitik
Auch in die seiner Ansicht nach verfehlte Berliner Kulturpolitik mischte er sich ein. Er begleitete etwa den unfreiwilligen Abgang von Frank Castorf als Chef der Berliner Volksbühne und das Scheitern von dessen Nachfolgers Chris Dercon kritisch und lautstark. An seinem eigenen Nachfolger am Berliner Ensemble, dem vom Schauspiel Frankfurt gekommenen Oliver Reese, ließ Peymann kein gutes Haar.