Mitte der 1970er Jahre gründete Armani mit seinem Lebensgefährten Sergio Galeotti eine eigene Firma: die Giorgio Armani SpA. Das war die Keimzelle eines Konzerns, der heute viele Milliarden wert ist: Das Geld kam anfangs durch Mode herein, dann auch durch Kosmetik, Uhren, Schmuck und Hotels. Seit Galeottis frühem Tod 1985 gehörte das Unternehmen Armani allein. Er lebte, soviel man weiß, auch allein weiter.
An die Börse ging er nie. Alle Übernahmeangebote lehnte er ab. Rund um den Globus gehören zum Konzern heute 8.700 Beschäftigte, mehr als 2.000 Geschäfte, oft in besten Lagen, mit einem Jahresumsatz von mehr als 2,3 Milliarden Euro. Armanis persönliches Vermögen wird auf sieben Milliarden geschätzt.
Seinen letzten Sommer verbrachte er in Saint-Tropez
Zum Luxus, den er sich leistete, gehörten Häuser an verschiedensten Orten wie in St. Moritz oder auf der Karibik-Insel Antigua. Besonders gern hielt er sich in seiner Villa auf der Mittelmeerinsel Pantelleria auf, nahezu der südlichste Punkt Italiens, fast schon Afrika. Seinen letzten Sommer verbrachte er jedoch in seinem Haus in Saint-Tropez an der französischen Côte d'Azur.
Dort gab er der «Financial TImes» sein womöglich letztes Interview. «Das Einzige, was ich in meinem Leben bedauere, ist, dass ich zu viele Stunden bei der Arbeit und nicht genug Zeit mit Freunden und Familie verbracht habe.» In diesem Monat, so hatte er es versprochen, sollte sein Comeback sein. Nachdem er im Juni und Juli erstmals bei den großen Modeschauen in Mailand und Paris nicht dabei sein konnte, hatte er per Zeitungsanzeige an seinem 91. Geburtstag angekündigt: «Wir sehen uns im September».
Von der Herrenmode zu Damenkollektionen
Sein Markenzeichen: Er reduzierte Mode aufs Wesentliche. Aus den früher oft noch uniformartigen Sakkos entfernte er Polster und Einlagen. Die Hemdenkragen wurden weniger steif, die Knöpfe nach unten gesetzt. Dazu beschränkte er sich auf zeitlose Farben wie Grau, Beige und Weiß. Ihm selbst war tiefes Blau am liebsten. «80 Prozent von dem, was ich mache, ist Disziplin», pflegte er zu sagen. «Der Rest ist Kreativität. Manchmal bin ich Handwerker, manchmal Vermesser, manchmal Baumeister, manchmal Architekt.»
Als Schneider wollte sich nie bezeichnen lassen. «Ich bin auch kein Couturier. Ich bin jemand, der einen eigenen Stil kreiert», sagte er 1980 schon dem «Corriere della Sera», der großen Zeitung aus Mailand. «Also Stilist.» Dass er aus der Herrenmode kam, merkte man auch seinen Damenkollektionen an. Nie waren Hosenanzüge so weiblich. Die Modewissenschaftlerin Barbara Vinken sagte: «Armani hat unterkühlte Sexyness in die Mode gebracht.»
Erfolg auch in Hollywood
Das machte sich auch Hollywood zu eigen. Dort gelang ihm 1980 der Durchbruch, indem er Richard Gere als «American Gigolo» (deutscher Titel: «Ein Mann für gewisse Stunden») einkleidete. Auf der Leinwand folgten Kevin Costner («Die Unbestechlichen»), Tom Cruise («Mission Impossible») und Leonardo DiCaprio («Wolf of Wall Street»).
Mit der TV-Serie «Miami Vice» wurde das T-Shirt zum Sakko alltagstauglich. Die Schauspiel-Prominenz trug Armani auch privat und auf dem roten Teppich. Oscar-Auftritte von Nicole Kidman oder Cate Blanchett bleiben in Erinnerung.
Für seine Landsleute war der wohlgealterte Mann - immer schlank, weißes Haar, stets gebräunt - der Vorzeige-Italiener schlechthin. Man verzieh ihm die Bestechung von Steuerfahndern und sogar, dass er für die Fußball-WM 2006 ausgerechnet die englische Nationalmannschaft ausstattete. Das Magazin der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» stellte ihn als «Monolithen der Mode» heraus, als «Felsen im schrecklich schnellen Geschäft, das keine Verwandten kennt, keine Dauer, keine Tradition».
Nachfolge ungeregelt
Der Nachteil aller Einzigartigkeit: Wie es weitergeht mit der Marke Armani, ist unklar. Über das Thema sprach er nicht gern. Zeit seines Lebens unterließ es der «Principe», sich auf eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger festzulegen. Eigene Kinder hatte er nie. Er hinterlässt zwei Nichten und einen Neffen. Die meisten Experten sind sich aber sicher, dass es Armani auch ohne Giorgio Armani geben wird.
Der Luxusgüter-Fachmann Luca Solca sagte der «Financial Times» soeben: «Ich denke, die Marke Armani ist größer als ihr Schöpfer.» Auch andere Marken wie Chanel und Dior hätten ihre Gründer überlebt. So oder so: In diesem Monat noch wird es in Mailand erstmals eine Museumsausstellung zu Armanis Lebenwerk geben, in der Pinacoteca di Brera, unmittelbar neben seinem Wohnhaus. Aus dem Fenster hätte er zusehen können.