Telefonaktion zur Patientenverfügung: Wer entscheidet über meine Gesundheit?

4 Min
Eine Patientenverfügung sollte möglichst eindeutig formuliert sein. Nur so können die Wünsche des Patienten im Ernstfall auch umgesetzt werden. Foto: Kai Remmers/dpa/Archiv
Eine Patientenverfügung sollte möglichst eindeutig formuliert sein. Nur so können die Wünsche des Patienten im Ernstfall auch umgesetzt werden. Foto: Kai Remmers/dpa/Archiv
Bettina Knorr ist Palliativmedizinerin und leitet die Informations- und Beratungsstelle für Patientenverfügung an der Hospiz-Akademie Bamberg. Foto: p
Bettina Knorr ist Palliativmedizinerin und leitet die   Informations- und  Beratungsstelle für Patientenverfügung an der Hospiz-Akademie Bamberg. Foto: p
 

In einer Patientenverfügung definieren Sie medizinische Maßnahmen für den Ernstfall. Lesen Sie hier die Fragen und Antworten unserer Telefonaktion.

"Viele Menschen sagen, dass sie im Ernstfall nicht an Schläuchen hängen und künstlich am Leben erhalten werden möchten", sagt Bettina Knorr. Die Ärztin kennt diese Ängste aus ihrer täglichen Arbeit: Sie betreut im Team der "Spezialisierten Ambulanten Palliativ-Versorgung" (SAPV) Bamberg ambulant Palliativpatienten und sie leitet die Informations- und Beratungsstelle für Patientenverfügung an der Hospiz-Akademie Bamberg. Deshalb weiß Knorr, dass die allgemeine Festlegung "keine lebensverlängernden Maßnahmen" in der Patientenverfügung nicht ausreicht.

Was stattdessen explizit aufzuschreiben ist, erklärte die Expertin interessierten Lesern bei unserer Telefonaktion. Zwei Stunden lang stand sie pausenlos Rede und Antwort.

Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen Sie eine Person Ihres Vertrauens, für Sie in vermögensrechtlichen und/oder persönlichen Angelegenheiten Entscheidungen zu treffen. Dabei weisen Sie die Vertrauensperson an, von der Vollmacht nur Gebrauch zu machen, wenn Sie selber nicht in der Lage sein sollten, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen. Handlungsfähig ist die von Ihnen bevollmächtigte Person nur, wenn sie die Vollmachtsurkunde im Original bzw. die Ausfertigung einer notariellen Urkunde vorweisen kann.

Betreuungsverfügung

Ein Betreuer wird vom Gericht nur eingesetzt, wenn ein Volljähriger seine Angelegenheiten auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht selber besorgen kann. Die Betreuungsverfügung dient - anders als die Vorsorgevollmacht - nicht der Betreuungsvermeidung, sondern der Gestaltung einer vom Gericht angeordneten Betreuung. 1.Was genau ist eine Patientenverfügung? Durch dieses Dokument kann für den Fall der Einwilligungs- und Entscheidungsunfähigkeit Einfluss auf die ärztliche Behandlung genommen werden. Es ist praktisch eine schriftliche Willensbekundung über Art und Weise ärztlicher Behandlung in ganz bestimmten Situationen, die in gesunden Tagen abgefasst werden muss. Damit wird sichergestellt, dass der Patientenwille umgesetzt wird, auch wenn er in der aktuellen Situation nicht mehr geäußert werden kann. 2.Was muss man in der Patientenverfügung niederschreiben?Sie müssen genau die Krankheit und das Krankheitsstadium benennen, wann diese Patientenverfügung greifen soll. Sie müssen aufschreiben, wie Sie in diesen Krankheitssituationen behandelt werden möchten. Ganz wichtig ist es, festzulegen, welche lebensverlängernden Maßnahmen unterbleiben sollten und welche pflegerischen und medizinischen Maßnahmen Sie wünschen. 3.Wo kann ich mich über eine Patientenverfügung beraten lassen?Zum Beispiel bei den Hospizvereinen. Diese finden Sie in unserer Region unter anderem in Bamberg, Coburg, Kulmbach, Forchheim, Höchstadt, Herzogenaurach, Kronach, Lichtenfels, Bad Kissingen, Kitzingen, Schweinfurt oder Bayreuth. Auch Betreuungsstellen und Hausärzte führen Beratungen zu Patientenverfügungen durch. 4.Wer kann eine Patientenverfügung verfassen?Jeder Mensch über 18 Jahren kann das tun. Er muss entscheidungsfähig sein, das heißt, er muss Art und Bedeutung dessen, was er unterschreibt, verstehen und sich über die Konsequenzen im Klaren sein. 5.Wie muss eine Patientenverfügung verfasst werden?Sie muss schriftlich verfasst werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob man vorgefertigte Texte aus dem Internet oder anderweitigen Broschüren verwendet oder sie vollständig handschriftlich verfasst. Wichtig ist, dass sie mit Ort, Datum und voller Unterschrift, das heißt, mit Vor- und Zunamen, unterschrieben wird. Eine Beratung wird von der Gesetzgebung nicht vorgeschrieben. 6.Gilt eine einmal verfasste Patientenverfügung mein ganzes Leben lang? Kann sie widerrufen werden?Grundsätzlich gilt sie ein Leben lang. Sie sollte jedoch in regelmäßigen Abständen, etwa alle zwei bis drei Jahre, nochmals gelesen, auf Aktualität überprüft und unterschrieben werden. Sie sollten sich fragen: Hat sich eventuell die Gesetzeslage geändert? Oder die persönliche Einstellung zu Leben, Tod und schwerer Krankheit? 7.Kann ich die Patientenverfügung auch widerrufen?Selbstverständlich! Die Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden, indem man das Dokument vernichtet. Hierbei sollte man darauf achten, dass Kopien ebenfalls zu vernichten sind. Das gilt auch für Kopien, die eventuell bereits im Krankenhaus gespeichert wurden. 8. Soll ich meinen Hausarzt über die Patientenverfügung informieren? Ja. Im Vorfeld sollte man unbedingt mit einem Arzt seines Vertrauens sprechen und sich auch hinsichtlich des Inhaltes der Patientenverfügung beraten lassen. Außerdem kann der Arzt mit seiner Unterschrift auch bezeugen, dass Sie zum Zeitpunkt der Erstellung der Patientenverfügung entscheidungsfähig gewesen sind. 9.Ist eine Patientenverfügung für den behandelnden Arzt rechtlich verbindlich?Sie ist sowohl für den Arzt als auch für das Pflegepersonal vonseiten des Zivilgesetzes rechtlich verbindlich. Die Befolgung dieser Behandlungswünsche ist auch vom Strafgesetz her erlaubt und keine Tötung auf Verlangen. Ebenso kann die Missachtung des Patientenwillens als Körperverletzung strafrechtlich verfolgt werden. Seit 2009 ist auch die sogenannte Reichweitenbegrenzung aufgehoben, das heißt, dass die Patientenverfügung nur für die Sterbephase gilt. Deshalb muss exakt benannt werden, bei welcher Krankheit und in welchem Krankheitsstadium sie gültig sein soll. 10.Muss ich eine Patientenverfügung notariell beglaubigen lassen?Nein, das ist nicht notwendig. Es geht hier um Ihre eigenen Behandlungswünsche, die Sie einfach nur aufschreiben müssen. 11.In vielen Vordrucken für die Patientenverfügung wird nach dem Vorliegen eines Organspendeausweises gefragt. Warum?Wenn ein Mensch verstirbt, hört als Erstes das Herz auf zu schlagen. Danach erlöschen nach kurzer Zeit alle anderen Körperfunktionen. Möchte man gerne seine Organe einem anderen Menschen spenden, so ist es notwendig, dass diese Organe durchblutet werden. Aufgrund dessen kommen zur Organspende nur Patienten infrage, die an einem Hirntod versterben. Dies ist meist bei Unfallpatienten der Fall. Sie müssen in der Patientenverfügung nun entscheiden, ob Sie bis zur Organentnahme für wenige Stunden lebensverlängernden Maßnahmen wie Beatmung und kreislaufstützenden Medikamenten zustimmen oder nicht. 12.Wann kommt eine Patientenverfügung zum Tragen?Solange man mit dem Arzt selbst kommunizieren kann, hat das gesprochene Wort oberste Priorität. Kann man dies nicht mehr, gilt der voraus verfügte Wille in der Patientenverfügung. Hat man eine solche nicht, muss der Arzt in Gesprächen mit Familie, Freunden, Bekannten oder Bevollmächtigten den mutmaßlichen Willen des Patienten ermitteln. Ist dies nicht möglich, wird zum Wohle des Patienten therapiert. Mit anderen Worten: Solange ich selbst sprechen und entscheiden kann, kann ich mich auch entgegen der Patientenverfügung entscheiden und lebensverlängernde Maßnahmen wünschen. 13.Wer sorgt für die Durchsetzung meines Patientenwillens?Der von mir eingesetzte Bevollmächtigte oder der per Gericht bestellte Betreuer hat zu überprüfen, ob die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation auf eine in der Patientenverfügung genannte Krankheitssituation zutrifft. Ist dies der Fall, hat der Bevollmächtigte bzw. Betreuer dafür zu sorgen, dass der Patientenwille auch wirklich umgesetzt wird.