Stromtrassen: Atempause für Franken

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Foto: dpa
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War die ganze Aufregung um die beiden Mega-Leitungen durch die Rhön und das Fichtelgebirge umsonst? München und Berlin stoppen zunächst einmal alle Ausbaupläne.

Bayern will erreichen, dass alle Planungen für den Bau neuer Stromtrassen im Zuge der Energiewende "jetzt unterbrochen" werden. Dies sagte die Chefin der Münchner Staatskanzlei, Christine Haderthauer (CSU), gestern nach einer Sitzung des Kabinetts und meinte damit "ein tatsächliches faktisches Stillhalten".

Diese weitere Kehrtwende bei der Energiewende in München deckt sich mit der Meinung der Bundesregierung. Die räumte am Montag auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag ein: "Die Bundesregierung kann derzeit keine verlässliche Aussage darüber treffen", ob und in welchem Umfang neue Stromleitungen gebaut werden müssen. Hintergrund sind Pläne, unter anderem den Ausbau der Windkraft zu drosseln.

Die Leitungspläne haben in allen drei fränkischen Regierungsbezirken für Proteste gesorgt. Zwei der vier großen Stromtrassen sollen grob der A7 im Westen und der A9 im Osten folgen.
Die betroffenen Kommunen und Landkreise wehren sich gegen diese Projekte.

Dieses Moratorium soll gelten, bis die Bundesregierung im August die Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorgelegt hat, denn diese Reform, so Haderthauer, "verändert die Geschäftsgrundlage".
Einen Beschluss fasste die Staatsregierung nicht, aber laut Haderthauer "bestand Einigkeit im Kabinett", das unter dem Eindruck der heftigen Proteste gegen die geplante Gleichstrom-Trasse durch Oberfranken nach Schwaben tagte.


Keine Handhabe

Die ist wie ihr Gegenstück durch Unterfranken vom Bundesgesetzgeber bisher als vordringlich eingestuft. Für sie will der Netzbetreiber Amprion im März Antrag stellen. Eine rechtliche Handhabe gegen Amprion hat die Staatsregierung nicht; federführend ist die Bundesnetzagentur. Handhabe sei aber gar nicht erforderlich, sagte Haderthauer: "Der politische Wille reicht."

Dies bedeute nicht, dass sich die Staatsregierung generell gegen neue Trassen stelle, betonte Haderthauer. So bleibe es bei der "grundsätzlichen Unterstützung der Thüringer Strombrücke" (bereits im Bau) nach Unterfranken. Aber erst die "Folgenabschätzung" der Neufassung des EEG könne zeigen, "was für Trassen wir brauchen, und wie sie liegen".

Für die weiteren Planungen im Freistaat wird nach Auffassung der Staatsregierung entscheidend sein, inwieweit die Grundlastfähigkeit des Stromnetzes in Bayern selbst gesichert werden kann. Dies soll mit neuen Gaskraftwerken geschehen.

Über Anzahl und Standorte solcher Gaskraftwerke, die das Netz stabilisieren sollen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, wurde gestern im Kabinett nicht geredet.


Kapazitätsmarkt

Allerdings erwartet die Staatsregierung vom Bund die Schaffung eines Kapazitätsmarkts. Über den soll die bereitgestellte und nicht nur die abgenommene Leistung der Kraftwerke bezahlt werden, denn anders sind sie nicht rentierlich zu betreiben.

Eine Strom-Autarkie des Freistaats hält Haderthauer für "nicht realistisch". Aber: "Wir wollen aus dem Ausland keinen Strom aus Kernkraft oder Kohle importieren." Den Ausstieg aus der Kernkraft samt Zeitplan nannte sie "irreversibel". Ende 2015 soll das Kernkraftwerk im unterfränkischen Grafenrheinfeld vom Netz gehen.