Zwischenstopp eines Weltenbummlers: Das Handball-Comeback des Jahres

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Kim Ekdahl du Rietzdpa
Kim Ekdahl du Rietzdpa
Du Rietz bei einem Erstligaspiel gegen Eisenach in Coburg. Fotos: dpa
Du Rietz bei einem Erstligaspiel gegen Eisenach in Coburg.  Fotos: dpa
 

Im Sommer 2017 beendet Kim Ekdahl du Rietz mit 27 Jahren seine Profikarriere, um auf Weltreise zu gehen. Jetzt kehrt der Schwede überraschend zurück.

Am Tag, als bei den Rhein-Neckar Löwen kurz vor Weihnachten 2017 das Spitzenspiel gegen Flensburg-Handewitt ansteht, kämpft Kim Ekdahl du Rietz bei hochsommerlichen Temperaturen gegen die Höhenmeter im fernen Neuseeland. Der Schwede lässt es sich trotzdem nicht nehmen, während der Klettertour per Smartphone eine kleine Videobotschaft nach Mannheim zu senden. "Ich hoffe, dass ihr die Flensburger platt macht. Ich vermisse euch. Egal, wo ich auf der Welt bin."

Das Heimweh des Schweden war anscheinend größer, als er es damals keuchend zu Protokoll gab. Am Freitag verkündet der amtierende deutsche Handballmeister bei einer Pressekonferenz die Rückkehr des beliebten Rückraumspielers. Kim Ekdahl du Rietz wird bis zum Saisonende aushelfen und am kommenden Dienstag im Pokal-Viertelfinale gegen Leipzig erstmals zum Kader gehören. Es ist zweifellos das Handball-Comeback des Jahres.

Zum Ende der abgelaufenen Spielzeit hatte der damals 27-Jährige die Verantwortlichen überraschend um die Auflösung seines bis Sommer 2018 laufenden Vertrags gebeten. Ein Schock für den Verein, hatte der Rechtshänder doch maßgeblichen Anteil daran, dass die Rhein-Neckar Löwen zwei Mal in Folge die Meisterschaft feiern konnten. "Besser als zuletzt lief es nie", resümierte du Rietz damals. Trotzdem wollte er nicht mehr. Weil es nicht genug war, "nur" Handball zu spielen. Weil ihm der Profisport nicht reicht, um glücklich zu sein.


Vier Kontinente bereist

Es war die Freiheit, die ihm fehlte in den monotonen Mühlen des Profisports. Mit dem freiwilligen Rückzug aus der schwedischen Nationalmannschaft hatte er 2014 seinen großen Schritt eingeleitet. Kim Ekdahl du Rietz, der nebenbei Psychologie studiert und vier Sprachen fließend spricht, wollte endlich die Welt sehen.

In den letzten neun Monaten hat er diesen Wunsch konsequent verfolgt. Nach einem Sommer in Schweden bereiste er vier Kontinente, erkundete Länder wie Neuseeland, Australien, Gambia, Marokko, USA und besuchte zwischendurch immer wieder Freunde in Europa. "Ich bin ein bisschen rumgekommen", sagt der Schwede mit einem Lächeln bei der Pressekonferenz. Die Rückkehr aufs Handballfeld sei jetzt ein neues Abenteuer, auf das er sich sehr freue. "Die Halle, die Fans, die Mannschaft. Ich habe das alles vermisst."

Abgebrochen war der Kontakt zum Verein nie. Immer wieder hatten die Verantwortlichen erfolglos versucht, den 1,96 Meter großen Sympathieträger zur Rückkehr zu bewegen. Bei der Handball-EM im Januar ließ sich der 28-Jährige dann die Aussage entlocken, dass er sich das gelbe Trikot überstreift, wenn sich noch ein Spieler verletzt. Nach dem Saison-Aus von Abwehrchef Gedeon Guardiola ging alles ganz schnell. "Vor ein paar Tagen war ich noch in Frankreich. Dann rein in den Zug, Vertrag unterschrieben. Jetzt bin ich zurück im alten Leben."


"Bringt gute Laune rein"

Kritische Fragen zu seinem Fitnesszustand beantwortet der Schwede gewohnt locker. Er habe beim Besuch eines Freundes in Bordeaux zuletzt ein paar Bälle geworfen. "Ich bin selber gespannt. Entscheidend wird sein, dass ich mich bis Dienstag nicht verletzte." Für den Sportlichen Leiter Oliver Roggisch steht fest, dass der Neuzugang dem Team sofort weiterhelfen wird. Und zwar nicht nur auf sportlicher Ebene. "Er bringt viel gute Laune rein."

Was nach dem Saisonende Anfang Juni folgt, weiß Kim Ekdahl du Rietz noch nicht. Vieles deutet aber darauf hin, dass der 28-Jährige, der sein komplettes Gehalt spenden wird, wieder auf Weltreise gehen wird. "In den letzten neun Monaten habe ich fantastische Momente erlebt."

Ein zweites Comeback wird es hingegen nicht geben - auch wenn er mit den Löwen womöglich den dritten Meistertitel in Folge feiern wird. "Nach dem letzten Spiel ist Schluss. Das steht fest." Bis dahin will Kim Ekdahl du Rietz den Moment genießen. "Wieder hier zu sein, ist ein Traum, total surreal."

Kommentar: Eine außergewöhnliche Geste

Die mediale Resonanz war groß, als Fußballer Juan Mata im Sommer 2017 erklärt hatte, dass er ein Prozent seines Jahresgehaltes spenden wird. Einige Kollegen, unter anderem Bayern-Spieler Mats Hummels, folgten Matas Aufruf und unterstützen seither die Initiative "Common Goals".
Auch Kim Ekdahl du Rietz wird spenden. Nicht ein Prozent, sondern sein gesamtes Comeback-Gehalt. Das sind zwar "nur" drei Monatsgehälter eines Bundesliga-Handballers und nicht mit den Fußball-Summen zu vergleichen.
Trotzdem zeigt diese Geste, welch außergewöhnlicher, uneitler Mensch der Schwede ist. Weil der 28-Jährige bei seiner Lebensplanung stets auch immer das große Ganze im Blick hat.