Finanzminister Christian Lindner (FDP) stellt die Solarförderung auf den Prüfstand. Wir erklären, was das für private PV-Anlagen-Betreiber bedeuten könnte.
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Es gibt viel Unruhe, seit dem Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Solarförderung von Photovoltaik-Anlagen (PV) nicht mehr für notwendig hält. Energieminister Robert Habeck (Grüne) hält dagegen.
Wegen der angespannten Haushaltslage des Bundes kündigt die Regierung weitere Sparmaßnahmen an. Im Interview mit der Funke Mediengruppe vertraute Finanzminister, Christian Lindner (FDP), den Journalisten an, dass er die Solarförderung (konkret: Die Einspeisevergütung) als nicht mehr notwendig ansieht und abschaffen will. Energieminister Robert Habeck (Grüne) verfolgt dagegen weiterhin unbeirrt seine ambitionierten Ziele beim PV-Ausbau. Und zur Einspeisevergütung hat er eine klare Meinung: "Das Fördersystem, das da ist, gilt." Bahnt sich damit der nächste Streit in der Ampelkoalition an?
Ist die Einspeisevergütung überflüssig?
Finanzminister Christian Lindner (FDP) sucht händeringend nach Milliarden Euro, um die Löcher im Haushalt zu stopfen. Deshalb greift er den Vorschlag der Wirtschaftsweisen Prof. Veronika Grimm auf. Sie hat vorgeschlagen, die Subventionen für den Klimaschutz zu kürzen. Die Ökonomin weist darauf hin, dass die Solar- und Heizungsförderung vor allem wohlhabenden Hausbesitzern zugutekommt.
Im Interview mit der Funke Mediengruppe Anfang August greift er den Vorschlag auf und fokussiert ihn auf die Solarförderung. Hier sieht er "dringenden Handlungsbedarf". Konkret meint Lindner die derzeit gültige Einspeisevergütung von 8,03 Cent pro Kilowattstunde, die PV-Anlagen Besitzer bekommen.
Dies sei eine unsinnige Förderung, die "gar nicht mehr in der Breite" nötig sei. "Das muss schnellstmöglich beendet werden", geht es nach Lindner bereits zum 1. Januar 2025. Lindner erinnert daran, dass die Ampelkoalition sich bereits darauf verständigt hat, dass die Subventionen für erneuerbare Energien spätestens mit dem Kohleausstieg, also bis 2038, beendet sein sollen.
Der negative Strompreis ist ein Problem für den Bundeshaushalt
"Aus meiner persönlichen Sicht könnten wir deutlich schneller sein. Die neue Kleinanlage auf dem Hausdach habe ich von der Mehrwertsteuer befreit, das ist bereits Förderung genug", so Lindner weiter im Interview. Was dem Finanzminister die Zornesröte ins Gesicht treibt, ist ein Ereignis, das sich erstmals in dieser Größenordnung vom 9. bis zum 16. Mai in Deutschland an acht aufeinanderfolgenden Tagen ereignete. Es gab an diesen Tagen Stunden mit Strompreisen um null Euro oder darunter, also negative Strompreise. Damit ist der bisherige Rekord aus dem Dezember 2023 gebrochen. Damals hatte es an sechs Tagen hintereinander Stunden mit negativen Preisen gegeben.
Während im Dezember vergangenen Jahres die Windkraft ausschlaggebend für die negativen Preise war, spielte ab dem 9. Mai zunächst die Photovoltaik die dominierende Rolle, ab dem 13. Mai kam dann noch eine starke Windeinspeisung hinzu. Das belegen die aktuellen Marktdaten der Bundesnetzagentur.
Warum ist das ein Problem? Bei negativen Strompreisen gibt es Milliardenbelastungen für den Bundeshaushalt und die gefallen Lindner natürlich überhaupt nicht. Verantwortlich dafür ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), und zwar genauer der § 51. Der Staat subventioniert die Produktion von Solarstrom durch die Einspeisevergütung an die PV-Kunden auch an Tagen, an denen es zu negativen Strompreisen kommt. In diesem Fall fließt der Ausgleich für die Zeiten von negativen Strompreisen an die Erzeuger, und zwar aus dem Bundeshaushalt.
Alt-Verträge laufen 20 Jahre
Da es negative Strompreise mit dem fortschreitenden Ausbau von PV-Anlagen immer öfters geben wird, sinnen die Beteiligten auf Abhilfe. Beim Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) gibt es den Vorschlag, weg von Zeit- hin zu einer Mengenförderung. Christian Lindner verfolgt aber zunächst eine andere Idee: Als Sofortmaßnahmen plane die Regierung, so kündigte er an, jede Förderung bei negativen Strompreisen zu beenden. Ob damit gemeint ist, ein genereller Stopp der Einspeisevergütung oder nur an bestimmten Tagen, bleibt offen. Erst die Beratungen des Haushalts 2025 im Deutschen Bundestag schaffen da mehr Klarheit. Perspektivisch soll die Einspeisevergütung jedenfalls ganz entfallen.
Philipp Schröder, Gründer und CEO von 1KOMMA5°, dem Hamburger Unternehmen für CO₂-neutrale Energie, Wärme und Mobilität, bewertet den Vorstoß kritisch und sieht in der Ankündigung eine weitere Verunsicherung des PV-Marktes. "Diese Ankündigung kommt überraschend. Ursprünglich war geplant, die Einspeisevergütung schrittweise bis 2030 abzubauen", so Schröder gegenüber inFranken.de. Zwar hätte ein Wegfall der Solarförderung auf bestehende Anlagen erstmal keine Auswirkungen, schließlich haben die PV-Anlagen-Besitzer ab Inbetriebnahme Verträge mit einer Laufzeit von 20 Jahren mit den Energieerzeugern abgeschlossen.
Haushalte, die ihre PV-Anlage mit Batteriespeicher neu in Betrieb nehmen, würden so bis zu 4.800 Euro verpassen. Wer keinen Batteriespeicher hat, müsste langfristig sogar auf knapp 12.000 Euro verzichten. Pro Jahr könnte das vollständige Ende der Einspeisevergütung neue PV-Besitzer pro Haushalt 560 bis 600 Euro kosten, so Berechnungen von 1KOMMA5°. Wer von der Einspeisevergütung profitieren will, sollte also jetzt handeln: Denn alle Anlagen, die vor dem Wegfall ans Netz gehen, können weiterhin mit der Einspeisevergütung rechnen. 2024 ist also der richtige Zeitpunkt, um auf Solarstrom umzurüsten. Einenkostenlosen Preisvergleich für Photovoltaik* kannst du ganz einfach mit wenigen Klicks über Solaranlagen-Portal.com machen.
Die Aussage von Lindner, dass Solaranlagen sich auch ohne Einspeisevergütung rechnen, trifft nur auf PV-Systeme zu, die einen hohen Eigenverbrauch des Solarstroms ermöglichen. Den Eigenverbrauch zu optimieren, wird mit dem möglichen Wegfall der Einspeisevergütung folglich immer wichtiger. Die Schlüsselrolle spielen hier Batteriespeicher für Privathaushalte.
So rechnet die Verbraucherzentrale vor: "Heimspeicher können die Unabhängigkeit vom Stromversorger in einem typischen Einfamilienhaus mit PV-Anlage von rund 25 bis 30 % auf bis zu 70 % erhöhen." Philipp Schröder erklärt: "Wer eine neue Solaranlage plant, muss den Speicher mitdenken." Ein durchschnittliches Einfamilienhaus mit einem E-Auto und einer Wärmepumpe verbraucht jährlich circa 10.000 kWh. Entsprechend wird eine PV-Anlage mit etwa 10 kWp Leistung und ein Batteriespeicher mit 10 kW empfohlen. Beim Preisvergleichsportal Idealo ist der günstigste Speicher von SolaX mit rund 6.000 Euro gelistet (Preisinfos am 21.8.2024). Betriebe mit freien Kapazitäten*, die dich bei der Umsetzung deines PV-Projekts beraten und unterstützen, findest du mithilfe von Solaranlagen-Portal.com.
Mithilfe eines Speichers ist es möglich, die Eigenverbrauchsquote der PV-Anlage auf 43 % anzuheben, das berechnet zumindest der Unabhängigkeitsrechner der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Für den Haushalt bedeutet das, statt 7.000 bis 7.500 kWh werden nur noch 4.100 kWh ins Stromnetz eingespeist. "Der Speicher federt den Verlust bei Ausbleiben der Einspeisevergütung ab. Statt 560 bis 600 Euro verlorenem Einkommen müssen Besitzerinnen und Besitzer von Solaranlagen nur noch auf knapp 330 Euro verzichten", so Schröder.
Energieminister Robert Habeck: Das jetzige Fördersystem gilt, ist aber zu verbessern
Bei einem Besuch in Flensburg beim Solar-Installationsbetrieb Enerix diskutierte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Lage der Branche. Dabei kamen auch die Pläne der FDP zur Sprache. Lindners Vorschlag verunsichert die Kunden, befürchtet Enerix-Geschäftsführer Boris Grundl. "Ich finde die Kommunikation etwas unglücklich zu einem Zeitpunkt, wo wir mehr Drive brauchen", wird Grundl im Norddeutschen Rundfunk zitiert. Habeck versuchte, die Wogen zu glätten: "Das Fördersystem, das da ist, gilt." Trotzdem hält er es für sinnvoll, "über die Förderung systemdienlichen Zubau anzureizen." Stromproduktion und Verbrauch müssen seiner Meinung nach im Einklang stehen.
Was meint Habeck damit? Bei der Einspeisung vom Hausdach fehlen derzeit die richtigen Anreize. Betreiber neuer Anlagen bekommen durchgehend etwa acht Cent pro Kilowattstunde – egal ob der Strom gerade gebraucht wird oder nicht. Insbesondere im Sommer zur Mittagszeit entsteht dadurch ein Überangebot. Systemdienlich könnte es sein, so Habeck, PV-Anlagen stärker zu fördern, die nach Osten oder Westen ausgerichtet sind. "Sie liefern morgens und abends mehr Strom, wenn dieser auch gebraucht wird." Mithilfe von kostenlosen Anbietervergleichen* findest du Betriebe aus deiner Region, die dich zur Ausrichtung deiner Solaranlage beraten.
Trotz aller Überlegungen bleiben die PV-Anlagen auf Hausdächern für Habeck ein wichtiger Bestandteil der Energiewende: "Immer mehr wird der eigenproduzierte Strom im eigenen Haus verbraucht. Dahin geht der Trend", wird er im NDR zitiert. Er erwartet, dass sich die Branche bei sinkenden Zinsen und einer anziehenden Bauwirtschaft wieder erholt. Und nicht zuletzt glaubt der Minister, dass eine intelligente Solaranlagensteuerung per App zum neuen Volkssport wird. "2026 wird es das Gesprächsthema beim Grillen sein", ist Habeck überzeugt.
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