Nächster Discounter kündigt Fleisch-Revolution an: Tierschützer äußern deutliche Kritik

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Aldi Nord und Aldi Süd kündigen Fleisch-Revolution an
Aldi kündigt eine Fleisch-Revolution an.
Aldi Nord und Aldi Süd kündigen Fleisch-Revolution an
Aldi Süd

Weil der Trend weg vom Billigfleisch und hin zur Achtsamkeit bezüglich Tierwohl geht, hat ein weiterer Discounter eine große Fleisch-Revolution angekündigt. Bis 2030 soll ein Großteil bestimmter Produkte aus den Kühltheken verschwunden sein.

In einer Pressemitteilung kündigte der Lebensmittel-Discounter Aldi Nord und Aldi Süd eine wahre Fleisch-Revolution an - und folgt somit Beispielen wie Lidl.

Die Discounter Aldi Nord und Aldi Süd wollen bis 2030 nun auch ihr Sortiment bei gekühlten Fleisch- und Wurstwaren voll auf die beiden höchsten Tierhaltungsformen umstellen. Damit werde dies auf Produkte wie Salami, Kochschinken, Wiener Würstchen oder Bacon ausgeweitet, teilten die Unternehmen mit. Für frisches Fleisch war eine solche Umstellung auf die Stufen 3 und 4 schon 2021 angekündigt worden. Es bezieht sich auf eine vierstufige Haltungskennzeichnung des Handels, die bei Stufe 1 mit dem gesetzlichen Mindeststandard beginnt.

Ernährungsminister Özdemir zeigt sich zustimmend

Bundesernährungsminister Cem Özdemir hat angekündigte Umstellungen im Handel hin zu Fleischwaren aus besserer Tierhaltung und mehr pflanzlichen Produkten begrüßt. Der Fleischkonsum sinke beständig, gleichzeitig wollten Verbraucherinnen und Verbraucher, dass Tiere besser gehalten werden, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag. "Darauf zu reagieren, ist Marktwirtschaft, nix anderes."

Özdemir sagte, der Lebensmitteleinzelhandel sende ein wichtiges Signal an die Landwirtinnen und Landwirte, dass die Nachfrage nach Produkten aus tiergerechterer Haltung steige und sich damit Geld verdienen lasse. Dies gebe heimischen Höfen eine planungssichere Perspektive. Der Markt verändere sich. "Wer jetzt so tut, als könne alles so bleiben, wie es ist, setzt die Tierhaltung in Deutschland, viele Höfe, an denen Familien hängen, aufs Spiel."

Özdemir verwies auf die geplante Förderung zum Umbau der Tierhaltung und das vorgesehene staatliche Tierhaltungslogo, das in diesem Jahr zunächst mit Schweinefleisch starten soll. Er begrüßte außerdem Ankündigungen aus dem Handel zu mehr pflanzlichen Produkten. Dies sei auch eine Reaktion auf geändertes Verbraucherverhalten. Der Discounter Lidl hatte angekündigt, den Anteil pflanzenbasierter Proteinquellen bis 2025 zu erhöhen, auch mit mehr veganen Produkten.

Greenpeace bestätigt den Trend: Auf Tierwohl wird mehr und mehr Wert gelegt

Die Umweltorganisation Greenpeace erklärte, Billigfleisch werde im Supermarkt mehr und mehr zum Auslaufmodell. Die Ankündigung von Aldi sei ein entscheidender Schritt, denn die Hälfte des konsumierten Fleisches lande als Wurst und Aufschnitt auf den Tellern. Bessere Haltung bedeute aber immer auch, deutlich weniger Tiere zu halten.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch monierte, es solle vorgegaukelt werden, mit dem Kauf von Produkten der Stufen 3 und 4 das Leben der Tiere nachhaltig verbessern zu können. Gegen Krankheit und Elend von Tieren helfe aber keine irreführende Haltungskennzeichnung, sondern nötig seien lückenlose Gesetze für mehr Tiergesundheit.

Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten begrüßte eine Auslistung der "absolut tierschutzwidrigen Haltungsstufen 1 und 2". Wichtig wäre aber auch, dass Aldi ab sofort auf Werbung für Billigfleisch oder billige Milchprodukte aus schlechter Haltung verzichte. Der Deutsche Tierschutzbund erklärte, die Ankündigung müsse ein Weckruf für die Regierung sein, jetzt die Weichen für bessere Tierschutzstandards zu stellen. Das geplante Tierhaltungskennzeichen trage dazu nicht bei.

Harsche Kritik: Die Wurzel des Problems ist eine andere

Dazu erklärt Annemarie Botzki von der Verbraucherorganisation foodwatch: "Aldi gaukelt den Menschen vor, mit dem Kauf von Produkten der Haltungsstufen 3 und 4 das Leben der Tiere nachhaltig verbessern zu können. Wissenschaftlich ist aber längst belegt: Etwas mehr Platz und Auslauf schützen nicht vor Lungenentzündungen, Abszessen und Kannibalismus. Aldi und andere Handelsketten nutzen ihre Marktmacht aus, um von Landwirten massenhaft Billigfleisch zu bekommen - zulasten der Tiere. Gegen Krankheit und Elend von Millionen Tieren hilft keine irreführende Haltungskennzeichnung, sondern nur lückenlose Gesetze für mehr Tiergesundheit."

Millionen Nutztiere leiden massiv unter Krankheiten, Verletzungen und Schmerzen. Die Haltungsform - also ob die Tiere auf einem Bio-Hof oder in einem konventionellen Betrieb gehalten werden - spielt dabei kaum eine Rolle. Das belegt eine systematische Auswertung tiermedizinischer Studien, die foodwatch in einem ausführlichen Report im Januar veröffentlicht hat.

Zum Weiterlesen: Aldi schafft neuen Service kurz nach Einführung wieder ab: Was es mit kriminellen Schülern zu tun hat