Ein Indikator für Tierwohl? Das bedeuten die Haltungsformen 1-4 auf der Fleischverpackung

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Ein Indikator für Tierwohl? Das bedeuten die Haltungsformen 1 - 4 auf der Fleischverpackung
Die Einführung der Skala ist ein guter Schritt in Richtung mehr Tierwohl.
Ein Indikator für Tierwohl? Das bedeuten die Haltungsformen 1 - 4 auf der Fleischverpackung
© Haltungsform

Seit einigen Jahren findet man auf immer mehr Fleischverpackungen im Supermarkt eine Bewertungs-Skala, die die Haltungsbedingungen der Schlachttiere einstuft. Wir haben zusammengetragen, was die Zahlen 1 bis 4 dir sagen und warum es noch Luft nach oben gibt.

  • Haltungsform-Kennzeichnung in deutschen Supermärkten: Was steckt dahinter?
  • Eine hohe Skala-Nummer ist nicht gleichbedeutend mit Tierwohl
  • Menschen haben ein gesteigertes Bewusstsein für Tierschutz
  • Zu wenig Angebot von Fleisch aus guten Haltungsbedingungen

In deutschen Supermärkten sind die meisten Fleischverpackungen mit einer Skala von eins bis vier versehen. Diese Zahlen stehen für die Haltungsform der Tiere. So können Kund*innen bewusstere Entscheidungen beim Kauf von Fleisch treffen. Doch Vorsicht, Haltungsbedingungen sind nicht gleichbedeutend mit dem Tierwohl.

Umgekehrte Logik: Die Bestnote ist 4 und nicht 1

Das Wichtigste zuerst: Die Skala geht gewissermaßen gegen die menschliche Logik, da Nummer 1 nicht die beste Haltungsform symbolisiert, sondern die schlechteste. 4 ist daher die Bestnote auf der Skala. Aber schon Haltungsform 3 signalisiert eine deutlich bessere Tierhaltung, als nur die gesetzlichen Mindestanforderungen. Die deutsche Verbraucherzentrale kreidet an, dass das Angebot von Fleisch der Haltungsstufe 3 oder 4 viel zu gering ausfällt. Der*die Käufer*in ist also gewissermaßen dazu gezwungen, dennoch aus Haltungsform 1 oder 2 zu kaufen.

2020 wurde die prozentuale Verteilung zuletzt ausgewertet. Ganze 51 Prozent des Fleisches - besonders von Schwein und Rind - war der Haltungsform 1 zugeordnet. 36 Prozent war der Stufe 2 zugehörig, wobei sich vor allem Geflügelfleisch darunter fand. Tierische Produkte aus den Haltungsformen 3 und 4 machten daher nur 13 Prozent aus - ein wirklich kleiner Anteil.

Wie zuvor schon erwähnt, dient die Skala nur als ungefährer Indikator. Nur weil das Fleisch von Tieren stammt, die etwas mehr Platz als andere oder Einstreu im Stall haben, ist das noch kein Beweis für mehr Tierwohl. Hier muss differenziert werden. Das Leben der Tiere aus Haltungsformen 3 und 4 ist nämlich nicht automatisch gesünder oder glücklicher, als das der Tiere, die unter den Standards von Klasse 1 oder 2 aufgezogen wurden - es ist lediglich ein bisschen weniger grausam.

Haltungsform Stufe 4 ist nicht mit Tierwohl gleichzusetzen

Um eindeutige Aussagen über das Tierwohl treffen zu können, müsste das Verhalten und die Gesundheit der Tiere regelmäßig überprüft und ausgewertet werden. Die Verbraucherzentrale nennt Kriterien, wie beispielsweise Lahmen, Verletzungen, Organbefunde und so weiter, die systematisch erhoben werden müssten.

Verbraucher*innen haben inzwischen ein gesteigertes Bewusstsein für Themen wie Tierschutz und sind viel bedachter darauf, welches Fleisch sie kaufen, als noch vor ein paar Jahren. Die Frage "hat das Tier gut gelebt, das ich esse?", ist also viel präsenter in den Köpfen.

Das Label für die Haltungsformen ist keine Neuheit. Schon 2018 wurde ein sogenannter "Haltungskompass" eingeführt. Ein Discounter fing damit an und weitere Supermärkte zogen nach. Jedoch wurde kein einheitliches System eingeführt, was zu großer Verwirrung bei den Kund*innen geführt hatte. Seit April 2019 einigten sich Handelsunternehmen auf eine einheitliche vierstufige Skala.

Auf welchen Produkten finde ich das Haltungskennzeichen?

Fleisch, welches in geschlossenen Verpackungen in Selbstbedienungstheken ausliegt, ist grundsätzlich mit der Kennzeichnung versehen. Gelabled wird in erster Linie das Fleisch vom Schwein, Rind, Huhn und Pute. Aber auch Kaninchenfleisch, und das Fleisch von Pekingenten kann seit Juli 2021 ausgezeichnet werden. Aber nicht nur Rohfleisch ist mit der Einstufung versehen, sondern auch immer mehr Wurstwaren. Seit Januar 2022 gilt die Haltungsformen-Skala nicht nur für Fleisch und Wurst - auch Milch und Milchprodukte wurden in das System aufgenommen. Damit wird die Haltung der Milchkühe eingestuft. Was genau bedeuten nun die einzelnen Abstufungen der Haltungsformen? Das Informationsportal Haltungsform.de von der Initiative Tierwohl dröselt sie genau auf.

Haltungsform 1 - Stallhaltung

Mit dieser Haltungsform ist die Erfüllung der gesetzlichen Mindeststandards bei Schweinen, Hühnern, Kaninchen gemeint. Für Enten, Puten, Mast- und Milchrinder gibt es bislang keine gesetzlichen Mindestanforderungen. Die Betriebe müssen allerdings an einem sogenannten Qualitätssicherungsprogramm, wie dem Prüfsystem "QS", teilnehmen.

Haltungsform 2 - StallhaltungPlus

Abgesehen von Pekingenten und Milchkühen wird Tieren in dieser Haltungsform Beschäftigungsmaterial und mehr Platz geboten. Entenställe fallen dann in diese Haltungsstufe, wenn Tageslicht im Stall vorhanden ist. Kühe dürfen nicht mehr angebunden leben.

Haltungsform 3 - Außenklima

Der Begriff "Außenklima" klingt vielversprechend, jedoch bedeutet diese Haltungsform lediglich, dass die Tiere in Kontakt mit dem Außenklima kommen. Das wird durch eine offene Stallseite oder einen überdachten Außenbereich am Stall geschaffen. Abgesehen von Enten haben alle anderen Tiere noch mehr Platz als zuvor schon. Schweinen wird beispielsweise vierzig Prozent mehr Platz zugestanden, als in den gesetzlichen Mindeststandards verankert ist. Zudem muss Futter ohne Gentechnik verfüttert werden.

Haltungsform 4 - Premium

Premium ist eine Haltungsform dann, wenn die Tiere einen tatsächlichen Auslauf im Freien bekommen und deutlich mehr Platz in den Stallungen. Schweinen wird beispielsweise einhundert Prozent mehr Platz im Stall zugestanden, als in den Mindestanforderungen festgeschrieben. Auch in dieser Haltungsform muss den Tieren Futter ohne Gentechnik gegeben werden. Bio-Fleisch gehört beispielsweise zu dieser Haltungsstufe.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Haltungsform-Skala ein guter erster Schritt zu besseren Bedingungen in der Tierhaltung ist und auch das Bewusstsein der Menschen für Tierschutz weiter steigert. Dennoch gibt es noch viel unausgeschöpftes Potenzial, was das Tierwohl angeht.