Mythen der Kindheit: Warum dir kein Baum im Bauch wächst, wenn du Kerne und Samen isst

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Kerne von Obst kannst du bedenkenlos mitessen; es wächst natürlich kein Baum deinem Magen.
Kerne von Obst kannst du bedenkenlos mitessen; es wächst natürlich kein Baum deinem Magen.
CC0 / Pixabay / JillWellington

In unserer Kindheit bekommen wir einige Mythen aufgetischt, die zwar hängenbleiben, an denen jedoch nichts dran ist. So wie beispielsweise der Irrglaube vom wachsenden Baum im Bauch.

  • Die Magensäure verhindert ein Keimen der Kerne
  • Auch Kaugummis kannst du problemlos herunterschlucken
  • Diese Kindheitsmythen stimmen nicht

Es hört sich tatsächlich nach einer echten Horror-Geschichte an: Verschlucken wir einen Kern, beispielsweise von einem Apfel oder einer Kirsche, dann, so haben es zumindest viele Eltern gesagt, wächst im Bauch ein Baum. Doch was ist an diesem Mythos wirklich dran und welche weiteren Kindheitsmythen gibt es? Wir gehen dem Ganzen auf den Grund.

Aus verschluckten Kernen wächst kein Baum

Sicherlich haben sich die meisten in ihrer Kindheit irgendwann die Frage gestellt, ob tatsächlich ein Obstbaum im Magen wachsen kann, wenn wir die Kerne mitessen oder herunterschlucken. Doch wie bereits zu erwarten, ist dieser Mythos falsch: Natürlich wachsen keine Äste oder Baumstämme aus unserem Körper heraus. Das liegt daran, dass die Verdauung bereits im Mund beginnt.

Der Speichel bricht die Nahrung auf, und der Verdauungsprozess setzt sich im Magen fort. Die Magensäure sorgt dafür, dass sowohl Obst als auch Gemüse nicht keimen können. Darüber hinaus benötigen Pflanzen, andere Temperaturen, Nährstoffe, Wasser sowie Licht, um wachsen zu können. All diese Dinge haben sie im Magen nicht. Die Kerne werden also bereits im Magen zersetzt, und selbst wenn das nicht geschieht, haben sie nicht die Bedingungen, um wachsen zu können. Alles, was wir essen, wird nach etwa zwei bis vier Tagen wieder ausgeschieden. Der Mythos entstand vermutlich aus der Idee, Kindern mitzuteilen, dass sie vorsichtig sein sollten, was sie essen.

Bei den meisten Früchten kannst du die Kerne also problemlos mitessen: Dazu gehören Wassermelonen, Trauben, Zitronen, Erdbeeren, Kiwis oder exotische Sorten wie Maracuja, Papaya und Feige. Kerne von Steinobst, wie bei Aprikosen, Kirschen, Pflaumen oder Pfirsichen sind dagegen tatsächlich ungesund, da sie Amygdalin enthalten. Dieser Stoff wird im Körper in Blausäure umgewandelt, bei größeren Mengen drohen sogar Vergiftungen. Allerdings sind die Kerne so groß, dass du sie eigentlich nicht unabsichtlich mitessen kannst.

Der Mythos vom Kaugummi im Magen

Ein weiterer ähnlicher Mythos ist der vom Kaugummi im Magen. Angeblich soll sich der Magen dadurch verkleben und teilweise wird sogar behauptet, dass der Kaugummi sieben Jahre lang im Magen bleibt. Doch auch das kann getrost als Märchen abgestempelt werden, denn jeder Kaugummi verlässt den Körper auch wieder auf natürliche Art und Weise.

Die Magenschleimhaut ist so feucht und glitschig, dass ein Kaugummi nicht an der Magenwand kleben bleiben kann. Wenn du massenhaft Kaugummis schluckst, dann kann sich im Magen tatsächlich eine Verklumpung von unverdaulichen Materialien bilden. Doch dafür müsstest du direkt hintereinander eine große Menge einnehmen. Darüber hinaus bestehen Kaugummis zu einem Großteil aus verdaulichen Stoffen, wie Aromen, Zucker und Farbstoffen, die vom Körper aufgenommen werden. Ein Kaugummi wird also auch nicht komplett unverdaut wieder ausgeschieden.

Gefährlich werden kann ein Kaugummi nur, wenn man sich daran verschluckt und dieser statt in die Speiseröhre in der Luftröhre landet. Da sind Kinder tatsächlich besonders gefährdet, da die Öffnungen und die Muskulatur noch nicht komplett ausgebildet sind. Kaugummis zu kauen hat ansonsten sogar positive Auswirkungen, so gibt es Sorten, die zur Zahngesundheit angeboten werden und den Speichelfluss anregen sowie den Mineralienhaushalt im Mund nach einer Mahlzeit ausgleichen.

Weitere Mythen im Check

Ein weiterer Mythos aus unserer Kindheit ist dieser: Hör auf zu schielen, sonst bleiben deine Augen so stehen. An diese Warnung erinnern sich wahrscheinlich heute noch viele, hat man als Kind die Augen in verschiedenen Richtungen verdreht, wurde man schnell darauf aufmerksam gemacht. Allerdings können die Augen nicht dauerhaft in einer Richtung verharren. Wer bewusst schielt, hat also keine Konsequenzen zu befürchten. Das Gegenteil ist sogar der Fall: Kannst du deine Augen besonders gut verdrehen, hast du besonders viel Kontrolle darüber. Woher das Gerücht kommt, ist schwer zu sagen, eventuell assoziieren Eltern mit Schielen, dass das eigene Kind einen dümmlichen Eindruck erwecken könnte.

Auch den Mythos, dass man viereckige Augen bekommt, wenn man zu nah vor dem Fernseher sitzt, kennen sicherlich noch viele. Dass die Augen tatsächlich viereckig werden, ist natürlich falsch. Doch auch allgemein verursacht eine zu große Nähe zum Fernseher keine bleibenden Augenschäden, so Dr. Roland Berger, von der Augenklinik im UKE, im Hamburger Abendblatt. Wenn du dich jedoch besonders nah an den Bildschirm setzen musst, damit das Bild scharf ist, dann solltest du deine Augen untersuchen lassen, das kann auf eine Kurzsichtigkeit hindeuten. Trotzdem strengt die große Nähe die eigenen Augen an, vor allem bei alten Fernsehern mit einer geringen Auflösung ist es empfehlenswert, einen gewissen Abstand einzuhalten. Bei modernen Displays kannst du den Mindestabstand mit dieser Formel berechnen: Bildschirmdiagonale in Zentimetern mal 2,1 ergibt den empfehlenswerten Abstand zum Gerät.

Zu viel Fernsehen kann sich irgendwann auf die Augen auswirken: Sie können trockener werden und anfangen zu brennen. Das hängt damit zusammen, dass weniger geblinzelt wird, wenn man auf einen Bildschirm schaut. Die Tränenflüssigkeit wird schlechter auf der Hornhaut verteilt, problematisch ist das jedoch nur für Menschen, die ohnehin trockene Augen haben. Wer einen intakten Tränenfilm besitzt, kann auch für längere Zeit auf den Fernseher gucken, die müden Augen erholen sich im Schlaf.

Fazit

Viele der Kindheitsmythen sind also tatsächlich unwahr, entstehen jedoch aus einem nachvollziehbaren Grund und mit guter Absicht. Oft kannst du ein Fehlverhalten jedoch auch verhindern, wenn du es dem Kind verständlich erklärst, ohne auf einen Mythos zurückgreifen zu müssen. Kerne zu verschlucken ist also weder ungesund (außer bei Steinobst), noch kann dir ein Baum im Magen wachsen.