Doch der Rückgang der Blauzungeninfektionen geht nicht mit einem Ende der Teuerung einher. Denn an den Fundamentaldaten hat sich nichts geändert: Weniger Bauern halten weniger Rinder. Der Beruf des Rinderhalters scheint so unattraktiv geworden zu sein, dass nicht einmal die hohen Preise daran etwas ändern. "Eine Trendwende in der Rinderhaltung ist derzeit nicht erkennbar", sagt eine Sprecherin des Bundesverbands Rind und Fleisch. "Auch wenn man hätte erwarten können, dass einige Betriebe die aktuell günstige Marktlage noch mitnehmen, bevor sie aufhören, setzt sich der Strukturwandel unverändert fort."
Immer mehr Bauern geben Rinderzucht auf - andere freuen sich über hohe Preise
Für die Bauern, die ihre Rinderhaltung nicht aufgegeben haben, sind die hohen Erzeugerpreise naturgemäß erfreulich. Etliche Landwirte sind jedoch besorgt, dass das - noch nicht ratifizierte - Mercosur-Freihandelsabkommen der EU mit Südamerika hierzulande die Preise wieder in den Keller treiben könnte. Brasilien ist mit über 210 Millionen Tieren weltgrößter Rindfleischproduzent, auch in Uruguay, Argentinien oder Chile gibt es riesige Rinderherden.
"Das Mercosur-Abkommen dürfte den europäischen Fleischmarkt weniger stark beeinflussen als vielfach vermutet", heißt es dazu beim Bundesverband Rind und Fleisch. "In den Nachverhandlungen wurden die zusätzlichen Importmengen deutlich begrenzt, sodass es sich im Fall von Rindfleisch lediglich um ein sehr kleines Volumen im niedrigen einstelligen Prozentbereich der südamerikanischen Jahresproduktion handelt."
Aber warum geben Rinderhalter auf, wenn die Erzeugerpreise sowohl für Fleisch als auch für Milch hoch sind? Der Bayerische Bauernverband nennt mehrere Gründe: große bürokratische Belastungen und Anforderungen, hohe Investitionskosten und "gesellschaftlichen Druck". Letzteres bezieht sich unter anderem auf die jahrelange Kritik von Umwelt- und Tierschützern an der konventionellen Landwirtschaft, die viele Bauern entnervt.
Erzeugerkosten steigen ebenfalls - Bullenmast besonders teuer
Hohe Erzeugerpreise bedeuten auch nicht zwangsläufig, dass die Bauern nun riesige Gewinne einfahren würden. "Gerade in der Bullenmast kommt zum Tragen, dass zwar die Preise gestiegen sind, jedoch auch die Kosten", sagt eine BBV-Sprecherin. "Bullenkälber kosten 2025 deutlich mehr als im Vorjahr, zeitweise sogar das Doppelte." Abgesehen davon zeichnet sich der Agrarmarkt seit jeher durch wilde Schwankungen aus. So litten vor allem die Milchbauern noch vor ein paar Jahren unter Tiefpreisen, die nicht einmal die Kosten deckten.
Derzeit deutet jedoch wenig auf eine neuerliche Tiefpreisphase. "Dass die Rindfleischpreise wieder auf das Niveau sinken, wie wir es vor eineinhalb Jahren hatten, glaube ich nicht", sagt Fleischfachmann Koch bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft. "Wir werden uns auf einem höheren Niveau einpendeln."
Rindfleisch folgt allgemeinem Trend: Inflation steigt insgesamt weiter - besonders bei Lebensmitteln
Damit folgen auch die Preise für Fleisch einem allgemeinen Trend: Im September stieg die Inflation in der Eurozone nämlich auf 2,2 Prozent, nach 2,0 Prozent im August, und liegt damit über der Zielmarke der EZB von 2 Prozent. Besonders deutlich verteuerten sich Dienstleistungen (+3,2 Prozent) sowie Lebens- und Genussmittel (+3,0 Prozent), während Energiepreise leicht sanken (-0,4 Prozent).
Die Kerninflationsrate blieb unverändert bei 2,3 Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte, die Notenbank sei mit einem Einlagenzins von 2,0 Prozent gut auf mögliche Inflationsrisiken vorbereitet. Volkswirte rechnen in den kommenden Monaten mit einer Annäherung an die 2-Prozent-Marke. Unter den Mitgliedsländern verzeichnete Spanien mit 3,0 Prozent die höchste und Frankreich mit 1,1 Prozent die niedrigste Inflationsrate.
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