Wirft dein Kind nun beispielsweise den Löffel immer wieder vom Tisch, könnte es sein, dass es sich dafür interessiert, ob der Löffel immer gleich schnell fliegt und immer in die gleiche Richtung. Vielleicht fliegt er ja auch einmal hoch statt runter? Dich kann dies natürlich schnell ärgern, da du die Grundsätze der Gravitation bereits kennst. Das Kind möchte sie jedoch gerne selber herausfinden und experimentieren. Hier gilt es, etwas Verständnis aufzubringen und zu versuchen, die Situation und die Gedanken des Kindes zu verstehen.
Stresssituationen entschärfen: So kann es gelingen
In ihrem Buch "Hätte ich netter schimpfen sollen?"* gibt die Kinder-, Jugend- und Sachbuchautorin und Lehrerin Heidemarie Brosche Praxisanleitungen und Hilfestellungen für eine Erziehung ohne Schreien. Wie sie gegenüber Eltern.de erklärt, versuchen es viele Elternteile in der Regel zunächst ruhig und gelassen. Erst wenn das nicht auf Gehör stößt, wird die Stimme oft lauter. Das Schreien entsteht dann häufig auch durch Zeitdruck und die ohnehin schon gegebene nervliche Anspannung.
Folgende Tipps gibt die Expertin, um das Schreien in Stresssituationen zu vermeiden:
- Versuche einen Perspektivenwechsel: Überlege dir, was dein Kind gerade denkt. Wie empfindet es diese Situation? Wieso reagiert es nicht auf deine Aufforderungen?
- Überlege dir, ob es bestimmte Zeiten oder Orte gibt, an welchen es häufig eskaliert. Vielleicht könntest du aktiv versuchen, diese Konfliktsituationen zu entschärfen oder sogar zu vermeiden.
- Bitte andere um Hilfe, wenn du gerade sehr gestresst bist und mit der Situation nicht klarkommst.
Darüber hinaus gibt Brosche Tipps für das "nettere Schimpfen". Dies kann so ablaufen, dass du etwas, was dir wichtig ist, noch einmal mit Nachdruck sagst. Das ist noch kein Schimpfen und auch kein Schreien. Generell ist es wichtig, dass du deine Aufforderung klar formulierst. So gehst du sicher, dass das Kind richtig versteht, was du meinst. Möchtest du etwas an deinem Kind kritisieren, solltest du ihm klarmachen, dass die Kritik sich rein auf das Verhalten bezieht. Andernfalls könnte das Kind sich persönlich angegriffen fühlen. Zuletzt kann es helfen, die Liebe für dein Kind auch in Konfliktsituationen zu zeigen. So kannst du deinem Kind beispielsweise ein kleines Lächeln schenken oder ihm über den Arm streicheln. Dann merkt dein Kind, dass du es immer noch lieb hast und du dich gerade nur über die Situation selbst aufregst.
Das macht Schreien mit dem Kind
Das Kind anzuschreien, kann größere Folgen haben, als du vielleicht denkst. Schreist du dein Kind an, erzeugst du damit psychischen Druck; auch dann, wenn du es wahrscheinlich nicht verletzend oder böse meinst. Zudem ist es oft so, dass dein Kind insbesondere in jüngerem Alter gar nicht wirklich versteht, weshalb du laut wirst. Die Situation vollständig zu greifen, ist für die Kleinen nicht so einfach.
Elternratgeber 'Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen' - hier direkt ansehen
Schreien in der Erziehung fällt unter die sogenannte emotionale Gewalt. Frühe Erfahrungen emotionaler Gewalt können laut einer Studie der Universität Leipzig rund um die Psychotherapeutin Franziska Schlensog-Schuster schwerwiegende Folgen für die psychische Gesundheit der Kinder haben. Emotionale Gewalt führe bei jüngeren Kindern bis acht Jahren vor allem zu Störungen des Sozialverhaltens, bei älteren eher zu Depressionen und Angststörungen.
Es sind die Erlebnisse aus der Kindheit, die uns noch ein ganzes Leben lang prägen. Sind diese Erinnerungen stark negativ konnotiert, kann es dem Kind zukünftig schwerer fallen, sich selbst zu akzeptieren. Darüber hinaus können emotionale Gewalterfahrungen in der Kindheit dazu führen, dass das Kind im späteren Leben nur schwer Beziehungen mit anderen Menschen eingehen kann.
Fazit
Schreien in der Erziehung wird auch emotionale Gewalt genannt. Diese kommt sehr häufig vor, findet öffentlich bisher jedoch wenig Beachtung. Als Elternteil solltest du versuchen, in deiner Erziehung auf das Schreien zu verzichten. Sicherlich ist dies nicht immer einfach, jedoch solltest du die möglichen Folgen für das Kind immer im Hinterkopf behalten.
Bist du mit der Erziehung deines Kindes überfordert, solltest du nicht zögern, dir Hilfe zu suchen. Hier findest du einige Anlaufstellen, die dir gerne bei Schwierigkeiten helfen.