Gefährlicher Trend: Selfies auf Bahngleisen

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Foto: Matthias Hoch
Foto: Matthias Hoch

Bevorzugt Mädchen lichten sich gemeinsam an Bahngleisen ab. Es soll ein Schwur der ewigen Freundschaft sein. Das Phänomen ist nicht neu. Trotzdem besucht die Polizei in Franken fast täglich Schulen, um vor den Gefahren zu warnen.

Es sollte ein romantischer Freundschafts-Schnappschuss werden und endete in einem großen Polizeieinsatz: Zwei zwölf und 13 Jahre alte Mädchen hatten sich Ende Juni an einer Eisenbahnbrücke bei Kitzingen mit einem Handy-Selbstporträt ablichten wollen. Letztlich beendete die Bundes- und die Landespolizei die lebensgefährliche Aktion und übergab die Mädchen an die Eltern.

Schon länger verbreitet

Selfies - also Selbstaufnahmen in der Regel mit dem Smartphone - sind unter Jugendlichen sehr beliebt. Sie werden belanglos an fast jedem Ort geschossen und in den sozialen Netzwerken geteilt. Das Ablichten an Bahngleisen ist dabei schon länger verbreitet. "Wir beobachten dieses Phänomen seit 2007", informiert Sven-Eric Franz von der Pressestelle der Bundespolizeiinspektion Würzburg. Der Gefahren seien sich die Kinder meist nicht bewusst.
"Sie sagen uns häufig, dass sie die Fahrpläne der Züge doch kennen. Das ist natürlich Unsinn. Güterzüge stehen beispielsweise auf keinem Fahrplan."

Weil sich die Jugendlichen für das Foto meist direkt auf die Gleise setzen oder stellen, kam es auch schon zu schweren Unfällen. Vor rund drei Jahren ereignete sich bei Memmingen (Schwaben) ein tödlicher Unfall, als zwei Mädchen, 13 beziehungsweise 16 Jahre alt, von einem Zug erfasst wurden. Die Ermittler entdeckten später Fotos auf deren Handys und in Profilen in sozialen Netzwerken, die sie auf den Gleisen zeigten. Bei einem vergleichbaren Fall kamen in Lünen (Westfalen) zwei 14 beziehungsweise 15 Jahre alte Freundinnen ums Leben. Auch hier entdeckte die Polizei solche Fotos. "Die Züge kommen angerauscht. Selbst bei Windstille hört man sie häufig nicht", warnt Franz.

"Coole Location"

Winfried Felbinger ist Polizeihauptmeister bei der Würzburger Bundespolizeiinspektion. Er arbeitet ausschließlich im Bereich Kriminalprävention und besucht auch wegen des Phänomens "Selfies an Bahngleisen" immer wieder Schulen in Unter- und Oberfranken. "Man merkt recht schnell, dass die Kids wissen, wovon ich rede." Einige würden sich auch outen. "Früher begründeten sie die Aktion damit, dass Bahngeleise eine coole Location sei. Heute sagen sie meist, dass das jeder macht."

Auch Hochzeitsfotos

Felbinger ist teilweise täglich in Schulen unterwegs. Das trage Früchte, sagt der Polizeihauptmeister. "Dort, wo wir verstärkt unterwegs sind, passiert nahezu nichts mehr." Trotzdem würde das Motiv "Fotos im Gleisbett" wohl immer interessant bleiben. Und zwar nicht nur für die Selfie-Generation. Selbstporträts machen laut Felbinger heute nur noch 50 Prozent der Motive aus. Mittlerweile würden auch gewerbliche Bilder auftauchen. Erst kürzlich habe ein Firma aus Stuttgart Hochzeitsfotos auf Bahngleisen angeboten.

Teurer Schnappschuss

Was die Jugendlichen, neben den Gefahren, bei ihrer romantischen Fotosession auch nicht bedenken: So ein Schnappschuss kann ganz schön teuer werden. Wird der Zugbetrieb nicht gestört, bleibt es zwar nur bei einem Verwarnungsgeld von 25 Euro. Eine Schnellbremsung eines Zuges stellt aber möglicherweise eine Straftat dar.
Zudem kann es bei entstandenen Verspätungen zivilrechtliche Forderungen seitens des Zugunternehmens geben. "Wir müssen bei einem Einsatz die Strecke sperren. In diesem Fall kann der Eigentümer Schadensersatzforderungen stellen", erklärt Sven-Eric Franz.