Nürnberg
Tatverdächtiger festgenommen

Familie von Nürnberger Todesopfer (30) bedankt sich bei Polizei - Gemeinde "erleichtert und erfreut"

Die Familie des erschossenen 30 Jahre alten Nürnbergers hat sich nach der Festnahme des mutmaßlichen Täters bei der Polizei bedankt. Auch die türkische Gemeinde sei "erleichtert und erfreut", berichtet deren Vorsitzender inFranken.de.
Tödliche Schüsse in Nürnberg: Familie von Opfer (✝30) bedankt sich nach Zugriff bei Polizei
Ein Mann tot, ein weiterer schwer verletzt: In der Nürnberger Südstadt fielen im Oktober Schüsse auf offener Straße. Nach monatelanger Fahndung konnte der Tatverdächtige nun in Italien festgenommen werden. Foto: NEWS5 / Oßwald (NEWS5)
+1 Bild
}

Die tödlichen Schüsse in der Nürnberger Südstadt sorgten nicht nur in Franken vielerorts für Entsetzen. Ein 30-Jähriger mit türkischen Wurzeln wurde bei der Tat am 24. Oktober 2022 tödlich verletzt - ein 35-Jähriger kam schwer verletzt ins Krankenhaus. Nach monatelanger Fahndung wurde der mutmaßliche Todesschütze, der aus der Türkei stammende Mert A., am Donnerstag (26. Januar 2023) im italienischen Rimini verhaftet werden.

In der türkischen Community der Frankenmetropole atmet man nach der jüngsten Entwicklung nun erst einmal auf. "Wir als Türkische Gemeinde sind erleichtert und erfreut", sagt Bülent Bayraktar, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in der Metropolregion Nürnberg, am Montag (30. Januar 2023) im Gespräch mit inFranken.de. Die Familie des getöteten 30-Jährigen bedankte sich indessen auf Facebook bei der deutschen Polizei für ihre Ermittlungsarbeit. 

Nürnberg: Türkische Geschäftsleute nach Festnahme von mutmaßlichem Todesschützen erleichtert

Unter den türkischstämmigen Menschen in Nürnberg herrschte nach dem Tötungsdelikt Fassungslosigkeit. "Viele sind geschockt", berichtete Bülent Bayraktar inFranken.de Ende Oktober. Umso größer ist nun augenscheinlich die Last, die von vielen Schultern fällt. Gerade unter den Geschäftsleuten sorgte man sich vor weiteren Taten des mutmaßlichen Killers. Nach aktuellem Erkenntnissen plante Mert A. in Nürnberg unter anderem einen Vertrieb von Tabak- und Shishaprodukten. Bei seinen beiden späteren Opfern soll es sich um Geschäftspartner und anfänglich gar Freunde gehandelt haben.

Anders als das in Nürnberg aufgewachsene und sozialisierte Todesopfer waren der mutmaßliche Täter und der 35-Jährige erst Monate vor der Tat aus der Ukraine nach Deutschland eingereist. Die Bluttat ereignete sich offenkundig infolge einer Auseinandersetzung innerhalb des Trios. Laut Schilderung des Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde, der gut mit dem Vater des Getöteten befreundet sei, habe sich der 30-jährige Nürnberger nicht an illegalen Machenschaften beteiligen wollen. "Als die Geschäfte kriminelle Züge angenommen haben, haben sich die Wege getrennt." Was die anderen beiden Geschäftspartner genau im Sinn hatten, ist allerdings noch unklar. Auch, was schließlich zum Bruch der einstigen Freunde führte, müsse weiterhin geklärt werden, erklärte Alexander Berthold, Leiter der "Soko Graben", am Montag in einer Pressekonferenz in Nürnberg.

Laut Insider-Informationen aus der türkischsprachigen Community soll Mert A. in der Frankenmetropole als Schuldeneintreiber für Angst und Schrecken gesorgt haben. Nach Bülent Bayraktars Einschätzung habe sich dabei um ein "kriminelles Geschäftsmodell" gehandelt. "Es ging dabei wohl nicht um Schulden, die man juristisch angehen könnte", sagt der Gemeinde-Vorsitzende. Auch um "Schutzgeld im klassischen Sinne" sei es nicht gegangen. Diesbezüglich müsse gleichwohl die Polizei noch ermitteln. 

"Hat gespürt, dass großes Interesse besteht": Vorsitzender lobt Ermittlungsarbeit der Polizei

"Es kann nicht sein, dass ein Mensch in die türkische Gemeinde kommt, um kriminelle Geschäftsmodelle aufzubauen", betont der Vorsitzende. Die Arbeit der Ermittler lobt er indes ausdrücklich. "Man hat gespürt, dass großes Interesse besteht, den Fall möglichst schnell aufzuklären." Der Vater des getöteten 30-Jährigen habe sich inzwischen bei der Polizei bedankt - "und bei allen, die ihm in dieser schwierigen Zeit zu Seite gestanden haben", erzählt Bayraktar. Wie der Vorsitzende weiter schildert, sei sein langjähriger Freund über Wochen hinweg von türkischstämmigen Polizeibeamten betreut worden. "Gerade für Menschen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ist die interkulturelle Kommunikation wichtig", betont Bayraktar. 

"Allgemein ist die Erleichterung unter den Gewerbetreibenden groß, seit der mutmaßliche Täter gefasst ist", schildert Bayraktar abschließend noch einmal die gegenwärtige Gemütslage in der Nürnberger Südstadt. Die türkischen Geschäftsleute lägen jetzt verstärkt Wert darauf, dass der Fall vollumfänglich aufgeklärt werde. "Sie waren eine Zeit lang frustriert, dass es so lang gedauert hat und es kein sichtbares Ergebnis gegeben hat", berichtet er. Umso größer sind nun anscheinend die Freude und Dankbarkeit hinsichtlich des Fahndungserfolgs. 

Nach Bülent Bayraktars Schilderung sollen nun sogenannte "Round Tables" zwischen Türkischer Gemeinde und Polizei angestrebt werden, um verbleibende Ungereimtheiten rund um das Tötungsdelikt aufzuarbeiten. Ziel sei auch, dass sich die Geschäftsleute wieder voll und ganz der Polizei anvertrauen könnten, sollten sie Zeugen oder gar Opfer von Kriminalität werden. "Das Vertrauen muss wieder aufgebaut werden", sagt der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde rund drei Monate nach den tödlichen Schüssen in Nürnberg.

Ebenfalls interessant: So lief die Festnahme des mutmaßlichen Todesschützen: Wird die Anklage auf Mord geändert?