Mert A. und die beiden Opfer seien sich laut Hinweisen vor der Tat "nahegestanden" und hätten "gemeinsame Geschäfte" geplant, erläutert Berthold. Was dann zum Bruch führte, müsse weiterhin geklärt werden. In Deutschland sei Mert A. unter anderem wegen eines Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz im Juli 2022 sowie im September wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und des Verdachts der Urkundenfälschung auffällig geworden. Der Getötete, ein 30-jähriger Nürnberger, hinterließ eine schwangere Frau, die noch immer betreut werden müsse. Der schwer verletzte 35-jährige Türke hatte sich wie A. erst wenige Monate in Deutschland aufgehalten.
Er schlief, als die Handschellen klickten: Mutmaßlicher Südstadt-Todesschütze residierte in elegantem Hotel in Italien
"Mert A. hielt sich nach der Tat über Nacht in Nürnberg verborgen", so das Ergebnis der Ermittler zum Fluchtverhalten. Am nächsten Tag sei der 28-Jährige in Richtung Frankfurt aufgebrochen. Die Polizei habe in den kommenden Wochen und Monaten mehrere Durchsuchungen in den Städten Bayreuth, Ulm, Fürth, Nürnberg und eine große Aktion in Frankfurt am 19. Dezember 2022 veranlasst - allerdings ohne Erfolg. Es seien allerdings auch "zahlreiche intensive Fahndungsmaßnahmen im europäischen Ausland" durchgeführt worden, so Berthold. Nach Mert A. sei auch mittels eines "europäischen Haftbefehls" gefahndet worden. Auch zur Ermittlung des Aufenthaltsortes sei "länderübergreifend zusammengearbeitet" worden, so der Kriminalbeamte.
Dafür habe man Maßnahmen "im IT-Bereich" sowie der "Telekommunikationsüberwachung" genutzt. Weil der Fall Mert A. auch im Schengener Informationssystem (Fahndungsdatenbanken der europäischen Sicherheitsbehörden) aufgeführt war, sei es der "Polizia di Strato" in Rimini zusammen mit Zielfahndern gelungen, Mert A. ausfindig zu machen. "Telekommunikations- und Datenanalysen" hätten italienische Cybercrime-Kräfte zum 4-Sterne-Hotel "De Londres" am Hafen von Rimini geführt. In diesem schicken Hotel mit Whirlpool und Spa-Bereich, zwei Minuten vom Strand entfernt, habe sich A. am Vormittag des 26. Januar 2023 aufgehalten, als eine Spezialeinheit seine Zimmertür mit einem Generalschlüssel geöffnet und den 28-Jährigen im Schlaf überrascht habe.
"Ihm wurden unverzüglich die Handfesseln angelegt, Mert A. leistete hierbei keinen Widerstand", so Berthold. Bei ihm seien ein griechischer Ausweis, mehrere Smartphones sowie "bei einer Durchsuchung seiner Person eine Pistole der Marke Glock samt zwei Magazinen mit insgesamt 14 Patronen des Kalibers 9-mal-19-Millimeter aufgefunden" worden. Bereits seit dem 28. Dezember 2022, sei die Person, unter deren Identität Mert A. sich in Rimini aufhielt, im Hotel eingecheckt gewesen. Nun wolle man ermitteln, ob sich A. wirklich bereits seit rund einem Monat in Rimini aufhielt. Antje Gabriels-Gorsolke, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, erklärt, man habe am 25. Oktober 2022 einen Haftbefehl "auf Totschlag" beantragt. Ob A. letztlich wegen Mordes angeklagt werde, müssten die Ermittlungen zeigen. Im nächsten Schritt soll der mutmaßliche Todesschütze nach Deutschland ausgeliefert werden. Darüber müsse in den kommenden Tagen entschieden werden.
Live-Ticker zum Nachlesen: Pressekonferenz zur Festnahme des mutmaßlichen Nürnberger Todesschützen
+++ 11.02 Uhr: Die Pressekonferenz wurde beendet.
+++ 10.55 Uhr: Antje Gabriels-Gorsolke, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, erläutert den aktuellen Stand aus juristischer Perspektive. A. soll demnach bald nach Nürnberg ausgeliefert werden, man habe ein entsprechendes Ersuchen geschickt. A. soll nun aber zunächst in Italien befragt werden. Der genaue zeitliche Ablauf stehe vermutlich in den kommenden Tagen fest, so die Sprecherin.
+++ 10.50 Uhr: 17.000 Fahndungsplakate seien verteilt worden, 20.000 Infoscreens wurden bespielt, auch in europäischen Netzwerken der Polizei wurde die Fahndung geteilt. Die "Polizia die Stato" im Bezirk Rimini und die italienischen Zielfahnder hätten dann die Verhaftung vollzogen. Über Telekommunikationsüberwachung sei am 25. Januar 2023 festgestellt worden, dass sich A. im 4-Sterne-Hotel "De Londres" in Rimini aufhielt. A. sei am Morgen des 26. Januars schlafend im Hotelzimmer festgenommen worden. Bei ihm wurden eine Pistole, Munition, ein gefälschter griechischer Pass und mehrere Smartphones gefunden. Er wurde auch wegen Urkundenfälschung und Waffenbesitz verhaftet.
+++ 10.46: A. hielt sich noch in der Nacht nach der Tat in Nürnberg auf und floh dann am nächsten Tag weiter nach Frankfurt. Am 19. Dezember 2022 habe man mehrere Objekte in Frankfurt nach ihm durchsucht. "Hier verlor sich bis auf Weiteres die Spur", so Berthold.
+++ 10.43: Mert A. sei Türke aus Manisa. Anfang 2022 sei er als Ukraine-Flüchtling nach Nürnberg gekommen, sein Aufenthalt sei am Tag der Tat abgelehnt worden. Das habe er aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst, da ihm der Bescheid noch nicht zugestellt worden war. In Nürnberg habe er Tabak- und Shishaprodukte vertreiben wollen. A. habe ein großes Netzwerk an Bekanntschaften in ganz Deutschland und Europa. Mit den Opfern habe er "geschäftliche Beziehungen" geplant und wohl auch durchgeführt. Warum es zum Bruch kam, müsse weiterhin ermittelt werden.
+++ 10.40: Alexander Berthold, Leiter der "Soko Graben" erklärt, wie die Ermittlungen verliefen. Die Tat sei von einer Videokamera aufgezeichnet worden, rund 100 Polizeikräfte seien sofort eingesetzt worden - doch ohne Erfolg, da der Täter fliehen konnte. Kurz nach der Tat habe man Mert A. allerdings aufgrund von Befragungen und den Aufnahmen identifizieren können. Bis zu 50 Einsatzkräfte, darunter auch Zielfahnder und Cyberspezialisten seien in der Sonderkommission vertreten. Circa 900 Personen seien insgesamt während der Fahndung kontaktiert worden. 15 von 23 Hinweisen gingen nach der Ausstrahlung von "Aktenzeichen XY" ein.
+++ 10.34: Blöchl rekapituliert die Ereignisse. Bei den Ermittlungen habe sich herausgestellt, dass zwischen Tätern und Opfern eine Vorbeziehung bestand. Es habe sich ein "sehr komplexes Beziehungsgeflecht" ergeben. 450 Ermittlungsspuren, über 100 Zeugenvernehmungen gab es bis heute. In Bayreuth, Ulm und in Frankfurt habe es Spuren zu Mert A. gegeben. Die polizeilichen Maßnahmen hätten dann letztlich zum Erfolg in Rimini geführt. Die extra gegründete "Soko Graben" habe "jeden Stein nach dem Verdächtigen" umgedreht.
+++ 10.32: Adolf Blöchl, Polizeipräsident des Präsidiums Mittelfranken spricht von "großer Betroffenheit in der türkischen Community" und einem "Ruf nach Aufklärung". Er sei "sehr erleichtert", dass es nun gelungen sei, den Flüchtigen, zuletzt mit europäischem Haftbefehl gesucht, in Rimini zu finden und zu verhaften.
+++ 10.31: Italienischen Kollegen sei die Festnahme von Mert A. am vergangenen Donnerstag gelungen, sagt Pressesprecher Markus Feder.
+++ 10.30 Uhr: Die Pressekonferenz hat begonnen.