Auf Krawall sind die Tierschützer nicht aus, die am Samstag gegen die Delfin-Lagune in Nürnberg protestieren. Die Botschaft ist trotzdem eindeutig. Der Zoo will nun in die Offensive gehen.
Keine 100 Menschen sind dem Protest-Aufruf gefolgt. Trotzdem werden die Besucher des Tiergartens beim Anblick der Protest-Plakate nachdenklich. "Wegen mir könnte der Tiergarten auf Delfine verzichten", sagt ein Mann aus der Oberpfalz, der mit Frau und Tochter den Samstag im Zoo verbringen will. Auch eine andere Familie fragt sich, ob es noch zeitgemäß sei, wilde Tiere in kleinen Becken zu bestaunen. Die 25-jährige Milena freut sich, dass ihre Botschaft bei den Besuchern ankommt. "Delfine sind keine Zirkusclowns" hat die Tierfreundin auf ein Plakat gepinselt. "Wir wollen den Besuchern nicht den Ausflug in den Tiergarten vermiesen", sagt Ramsi Sras.
Stattdessen wollen die Tierschützer auf das skrupellose Geschäft mit den Zoo-Delfinen in aller Welt aufmerksam machen. Fast 150 000 Euro koste derzeit ein Delfin aus freier Wildbahn. Ein lukratives Geschäft für Delfin-Fänger.
"Ich war im November in Japan, zur jährlichen Jagd-Saison auf wilde Delfine", erzählt der 44-jährige Tierschutz-Aktivist. Die schönsten Tiere würden gefangen und von dort in alle Welt verkauft, nachdem man die Meeressäugetiere an toten Fisch gewöhnt und ihnen die ersten Kunststückchen beigebracht habe.
Gesellschaftlicher Dialog Deshalb wollen die Tierschützer den Zoobesuchern "die Augen öffnen". Der wohlklingende Name "Delfin-Lagune" suggeriere den Gästen zudem, dass es den Tieren hinter Gittern gut gehe. In Wahrheit müssten die Tiere in toten Becken leben. Den Besuchern würde lediglich eine "heile Welt" vorgegaukelt. Das sei nicht mehr zeitgemäß. "Warum schützt der Tiergarten nicht die einmischen Wildtiere?", fragt sich die Tierschützerin Daniela Antela-Martinez.
"Warum muss man exotische Tiere in Käfige stecken?" Ein Gehege für Löwen, Giraffen oder Delfine könne niemals artgerecht sein. Generell wolle man nicht die Zoos abschaffen. Ziel sei ein gesellschaftlicher Dialog über zeitgemäße Tiergärten. In Nürnberg sei das besonders schwierig, weil man über 30 Millionen Euro in die neue "Delfin-Lagune" investiert habe, um eine neue Attraktion für die Besucher zu schaffen. "Noch sind die Delfine leider das Zugpferd in Nürnberg", sagt Ramsi Sras.
"Aufgabe des Tiergartens ist der Artenschutz" Diese Feststellung kann und will Tiergarten-Direktor Dag Encke nicht widersprechen: Natürlich habe sich der Zoo in Nürnberg für die große Investition entschieden, um auch die Attraktivität und die Einnahmen des Tiergartens zu sichern.
Trotzdem glaubt Encke, dass die Delfin-Haltung in Nürnberg noch zeitgemäß ist. "Die Aufgabe des Tiergartens ist der Artenschutz", sagt Encke. Leider seien die Tierschützer nicht bereit, die Argumente sachlich zu diskutieren. Wichtig für die Delfine sei nicht die Freiheit, sondern die Sicherung des weltweiten Lebensraums.
Letztendlich sei es eine Güterabwägung. "Wir stellen Tiere wie die Delfine unter menschliche Hege, um die Art überhaupt vor dem Aussterben zu retten", sagt Encke. Die Proteste würden auf einem ganz großen Missverständnis von Natur basieren. "Wir sind uns allerdings mit den Tierschützern einig, dass wir nie aufhören, Verbesserungen für die Tiere im Tiergarten voranzutreiben", betont der Tiergarten-Direktor weiter. Die meisten Zoos in Deutschland hätten aus finanziellen Erwägungen die Delfin-Haltung abgeschafft.
Froh ist Encke trotzdem, dass der Zoo in Nürnberg auf keine Delfine aus freier Wildbahn mehr angewiesen sei. "Wahrscheinlich brauchen wir in den nächsten 200 Jahren keine Wildfänge, weil wir mit unserer Delfin-Gruppe genetisch für die Nachzucht gut aufgestellt sind." Der Tiergarten-Direktor kündigt an, in die Offensive gehen zu wollen, damit die Delfinarium-Gegner nicht die Oberhand in der öffentlichen Debatte gewinnen.