Ein kleines Dorf wird aus einem weltpolitisch tragischen Anlass berühmt. Während des Kalten Krieges teilte eine Mauer nicht nur Berlin, sondern auch Mödlareuth. Heutzutage befindet sich dort ein Museum, das mit überraschenden Einblicken aufwartet.
Der Bundespräsident war schon Anfang Oktober zur Einweihung da, nun öffnet am 9. November der Neubau des Deutsch-Deutschen Museums Mödlareuth samt neuer Dauerausstellung offiziell. Für rund 22 Millionen Euro ist das weltweit bekannte Museum umfassend modernisiert worden. Die Fläche für die Dauerausstellung habe sich deutlich erhöht, sagt der Hofer Landrat Oliver Bär (CSU): von bisher 270 auf mehr als 500 Quadratmeter. Vom Neubau aus können Besucherinnen und Besucher direkt auf das Außengelände blicken.
Die lokale Geschichte des einst geteilten Dorfes Mödlareuth an der Grenze zwischen Bayern und Thüringen verwebt sich im Museum mit der deutschen und internationalen Geschichte - und bietet so manch überraschenden Einblick.
Mödlareuth war schon vor dem Krieg geteilt - gestört hat es nicht
Die Mauer, die Zäune, die Grenzpolizisten machten die Teilung mehr als offensichtlich. In Mödlareuth prallten zwei Welten aufeinander: die BRD, eingewoben in westliche Bündnisse, und die DDR, fest an der Seite der Sowjetunion. Deshalb wurde das Dorf berühmt als "Little Berlin". Doch schon lange vor dem Zweiten Weltkrieg bestand der kleine Ort quasi aus zwei Teilen. "Mödlareuth war schon vor 1945 verwaltungstechnisch geteilt", sagt Museumschef Robert Lebegern.
Nur: Gestört hat es niemanden. 1810 wurde ein Grenzstein am Tannbach gesetzt, der mitten durch Mödlareuth fließt: Der eine Teil gehörte zum Königreich Bayern, der andere zum Fürstentum Reuß. Trotzdem gingen die Mödlareuther Kinder gemeinsam zur Schule, die Menschen trafen sich zum Gottesdienst im bayerischen Töpen. "Die Menschen arbeiteten zusammen in ihrer landwirtschaftlichen Struktur", sagt Ludwig Unger von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildung. Die Trennung existierte nur auf dem Papier - bis 1945.
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs nahmen US-amerikanische Soldaten Thüringen ein. Allerdings zogen sie sich wieder zurück, weil nach dem Londoner Protokoll von 1944 das Gebiet in die sowjetische Besatzungszone fallen sollte. "Versehentlich", so heißt es im Museum, überließen die US-Soldaten dabei auch den bayerischen Teil Mödlareuths der Roten Armee.
Beinahe wäre ganz Mödlareuth in die Sowjet-Besatzungszone geraten
Die sowjetischen Soldaten hätten am Ortsausgang Richtung Töpen einen Schlagbaum aufgestellt und einen Kommandoposten eingerichtet. Es sei im Dorf mehrfach zu Übergriffen auf die Zivilbevölkerung gekommen. Erst im Juli 1946 hätte sich die sowjetische Armee hinter den Tannbach zurückgezogen. Der Grenzverlauf lag nun so, wie es die Siegermächte abgesprochen hatten.
Aus dem Ostteil Mödlareuths gab es Fluchtversuche in den Westen. Geschildert im Museum wird das Schicksal der Familie Wurziger, die die Obere Mühle des Dorfes bewohnt hatte. Haus und Scheune standen genau an der Grenze zur Bundesrepublik. Im Juni 1952 sollte die Familie umgesiedelt und die Mühle geräumt werden. Doch kurz bevor der Transport-Lkw das Anwesen erreichte, gelang der Familie die Flucht nach Bayern - über das Scheunenfenster.