Andreas Bornemann, der neue Sport-Vorstand beim 1. FC Nürnberg, spricht im Interview über seine Ziele beim Club und wie wichtig der 5:1-Sieg im Pokal gegen Düsseldorf war.
Der 1. FC Nürnberg hat sich in den vergangenen Wochen intern komplett verändert. Der zweiköpfige Vorstand ist neu besetzt. Zum einen mit dem kaufmännischen Leiter Michael Meeske und zum anderen mit Andreas Bornemann, der den sportlichen Bereich des 1. FCN zu besseren Resultaten führen soll. Seit 1. Oktober ist der gebürtige Südbadener nun im Amt. Im Interview spricht der 44-Jährige über seine ersten Eindrücke und Ideen, damit der Erfolg an den Valznerweiher zurückkehrt.
5:1 im Pokal gegen Düsseldorf. Wie wichtig ist so ein Sieg für das Team und das Selbstbewusstsein des 1. FCN?Andreas Bornemann: Es steht außer Frage, dass so ein Erfolg allen im Verein gut tut und wir hoffen, dass wir den Schwung aus dieser Partie in das Spiel gegen den Karlsruher SC und in die restliche Hinrunde mitnehmen können. Mal davon abgesehen, dass der wirtschaftliche Effekt in unserer aktuellen Situation nicht zu vernachlässigen ist.
Wie ist Ihr Eindruck nach den ersten Wochen?Bornemann: Sehr gut, aber ich sauge immer noch viele Infos auf. Es geht Schlag auf Schlag. Gleich an meinem zweiten Arbeitstag gab es ja das 2:2 gegen Bielefeld. Ich möchte so schnell wie möglich verstehen, was im Verein los ist und wie ich mich einbringen kann. Aber erst einmal lerne ich nach und nach eine Menge neuer Gesichter kennen. Dazu gehört auch, dass ich auch die Typen in der Mannschaft analysiere um ihre Charaktere einschätzen zu können.
Fühlen Sie sich schon wohl? Bornemann: Ja, das tue ich. Der erste Arbeitstag war auf jeden Fall positiv und mein Bauchgefühl signalisierte mir, dass das hier in Nürnberg etwas Gutes werden kann. Man merkt so etwas relativ rasch nach den ersten Tagen, wenn es passt.
Haben Sie noch gar nichts vom sprichwörtlichen eigensinnigen Charakter der Franken mit bekommen?
Bornemann: Also ich habe das vor meinem Amtsantritt nicht gegoogelt, was mich in der Region erwarten könnte. Aber meine Wahrnehmung ist, dass die Menschen in Nürnberg sehr offen sind. Im Grunde ist es nicht viel anders als an meinen früheren beruflichen Stationen: Es ist immer wichtig, wie offen man auf sein Umfeld zugeht, und so kommt es auch meistens zurück.
Haben die Fans auf Sie auch so einen positiven Eindruck gemacht? Bornemann: Es ist schon erstaunlich, wie viele Anhänger uns zum Beispiel zu den Auswärtsspielen begleiten. In Leipzig und Duisburg waren es jeweils mehr als 2000. Und obwohl unsere Leistung bei beiden Begegnungen nicht gerade durch die Decke ging, haben sie uns unterstützt. Das gilt natürlich auch für Heimspiele. Das ist schon bemerkenswert.
In der Liga läuft es mittelprächtig. Der 1. FC Nürnberg liegt auf Platz zehn, hat sechs Punkte Rückstand auf Rang drei und sieben Zähler Abstand zu Platz 16. Wie wollen Sie die Fans weiter bei Laune halten? Bornemann: So etwas kann man nicht mit künstlichem Aktionismus erzeugen. Gerade Fans schaffen es oft besser, unsere Leistungen zu differenzieren. Sie merken, ob auf dem Platz eine ehrliche, saubere Leistung geboten wird. Wir müssen uns diese Anerkennung der Fans erarbeiten. Ich weiß, dass der Club in den letzten beiden Spielzeiten eine schwierige Phase hatte. Es hat ja diese Aufeinandertreffen zwischen Fans und Mannschaft an Stadionzäunen und auf Rastplätzen gegeben. Solche Aktionen hinterlassen bei mir zwiespältige Gefühle. Was ich derzeit wahrnehme, ist, dass uns die Anhänger leidenschaftlich unterstützen.
Wie sieht Ihr Urteil zum Kader aus? Sie haben bereits geäußert, dass der zu teuer für die Zweite Liga sei. Bornemann: Was bedeutet zu teuer? Der Aufwand im sportlichen Bereich stand in keinem guten Verhältnis zum Ertrag, sprich zum Tabellenplatz. Unsere Aufgabe muss es sein, dieses Verhältnis wieder zu verbessern. Zusammen mit meinem Vorstandkollegen Michael Meekse prüfen wir gerade, wo sich Einsparungsmöglichkeiten im Verein befinden. Und natürlich ist hier der Lizenzspieler-Bereich ein wichtiger Faktor. Unser Ziel muss es sein, das Optimale herauszuholen.
Genau das ging aber in der letzten Zeit gehörig schief. Laufend gab es Trainerwechsel und Veränderungen der Mannschaft. Ist damit nun Schluss? Bornemann: Aus der Entfernung habe ich wahrgenommen, dass es beim Club viel öffentliche Diskussion gab. Auch über die Verpflichtung von Spielern - und wer dafür alles verantwortlich gewesen sein soll. Einmal soll es der Trainer gewesen sein, dann der Chef-Scout und schließlich auch in anderen Fällen die sportliche Führung. Das kannte ich von meinen früheren Stationen nicht. Da ist sicherlich vieles nicht gut gelaufen. Nach einigen Jahren der Erstklassigkeit wollte man den Aufstieg mit einem großen finanziellen Kraftakt hinbekommen. Und scheiterte daran. Wir müssen nun die Realität bewältigen. Das kurzfristige Ziel muss die Stabilität in der Zweiten Liga sein. Doch bei alledem wollen wir auch nicht die Träume der Fans verbauen.
Wie wichtig ist der Trainer in solch einem Umbruch? Bornemann: René Weiler kam in einer sehr unruhigen Phase zum Club und arbeitete mit einem Kader zusammen, an dessen Zusammenstellung er nicht mitgewirkt hatte. Dazu kommt, dass es sicherlich nicht optimal war, dass es hier in nur 15 oder 16 Monaten sechs Trainerwechsel gegeben hat und die Mannschaft einmal komplett ausgetauscht wurde. Das ist nicht meine Vorstellung von einer idealen Kaderplanung und -entwicklung.
Wo liegt Ihr Saisonziel?
Bornemann: Bisher habe ich den Eindruck, dass sich in der Mannschaft etwas tut. Wir dürfen nicht vergessen, dass es viele Wechsel und Umstellungen gab. Wir wollen punkten, punkten, punkten. So häufig wie möglich. Denn nur wer es schafft, über die gesamte Saison hinweg Punkte einzusammeln, wird auf der Zielgeraden überhaupt erst die Option haben, in der Tabelle nach vorne zu stoßen. Die Liga ist sehr ausgeglichen und steht eng zusammen.
Könnten junge Talente des Clubs hier das Profiteam verstärken?Bornemann: Ich habe einige Spiele der Jugendmannschaften gesehen und stehe mit den sportlichen Leitern unseres Nachwuchsleistungszentrums in engem Austausch. Hier gibt es tolle Rahmenbedingungen und gute Jugendspieler. Gerade im Jugendbereich ist es auch von großer Bedeutung, dass wir für die jungen Spieler Räume schaffen, damit sie Schritt für Schritt an die Profimannschaft heran geführt werden können.
Ist denn Patrick Erras so ein Spieler, der den Sprung schaffen kann?Bornemann: René Weiler hat mir signalisiert, dass er auf den Spieler setzt und ihn fördern will. Erras hat eine stabile Entwicklung in der U21 hinter sich. Er hat seine ersten Einsätze bei den Profis ordentlich gemacht, obwohl er in seinem Alter auch noch mit Rückschlägen rechnen muss. Aber bei ihm haben wir wirklich Fantasie für mehr.
Hat der Club ein Problem in der Offensive? Bornemann: Nicht jedes Team braucht unbedingt einen Knipser im Sturm, der Tore am laufenden Band erzielt. Die Ausgewogenheit eines Kaders ist aber entscheidend. Wir müssen die richtige Mischung zwischen Defensive und Offensive finden. Es stimmt, dass wir vorne effektiver und kaltschnäuziger werden müssen. Genau diese richtige Balance fehlt uns eben noch. Die Mannschaft tut sich noch schwer bei unerwarteten Dingen, dann ist sie oft fünf oder zehn Minuten sehr unruhig. Da braucht es Spieler auf dem Platz, die die Richtung vorgeben. Solche Spieler sorgen für Sicherheit, auch wenn es brenzlig wird. Es ist eine spannende Frage, wer das aus dem momentanen Kader werden kann.
Wo könnte der Schlüssel für den künftigen Erfolg des Clubs liegen?
Jedes Team im Profifußball ist anders und hat seine eigene Philosophie, die nicht übertragbar ist. Für mich sind Ruhe und Kontinuität entscheidend. Freiburg und Mainz haben das vorgelebt und so über Jahre hinweg im deutschen Fußball tolle Arbeit geleistet. Selbst nach einem Abstieg aus der Bundesliga ist dort keiner aus der Führungsebene durchgedreht und hat eine Harakiri-Aktion initiiert. Man kann die Vereine nicht vergleichen und Dinge von einem Klub auf den anderen einfach übertragen. Aber man kann zumindest versuchen, positive Aspekte zu übernehmen.
Wie lautet Ihr Motto für den Erfolg? Welche Grundsätze wiesen Ihnen den Weg nach oben?
Ich glaube, es ist wichtig, authentisch zu bleiben. Daneben braucht es auch Überzeugung und natürlich einen ausgeprägten Ehrgeiz, dann steigt auch die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg. Doch bei alledem möchte ich nie ein Einzelkämpfer sein. Ich möchte mich immer auf ein starkes Team verlassen können. Das ist enorm wichtig. Ich möchte einen Prozess anstoßen und mich auch nicht durch Rückschläge aus der Ruhe bringen lassen.
Wo endet Ihre Reise mit dem Club?Ich möchte dazu beitragen, die Mannschaft wieder in die Spur zu bekommen. Wir wollen stabil werden und eine gute Einheit auf dem Platz sein. Wo wir dann landen, werden wir sehen.