Genau 1244 junge Polizei-Anwärter wurden am Samstag in Nürnberg feierlich vereidigt. Damit habe die Polizei in Bayern den "höchsten Personalstand aller Zeiten" erreicht, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und sprach zugleich eine Warnung aus.
Unter der Mütze funkeln die Augen. "Ich wollte schon immer zur Polizei. Seit meiner Kindheit träume ich davon, Kommissarin zu werden", sagt die 19-jährige Marion Liebhardt und rückt die Schirmmütze zurecht. 294 Frauen und 950 Männer, die ihren Dienst an sieben Ausbildungsstandorten bei der Bereitschaftspolizei angetreten haben, sind am Samstag auf das Grundgesetz und die Bayerische Verfassung vereidigt worden. "Das ist heute für mich wirklich ein sehr bedeutender Tag", sagt Marion Liebhardt. Dann spielt das Polizei-Orchester einen zünftigen Marsch und gemeinsam mit über 1200 anderen jungen Menschen in Uniform zieht die 19-Jährige feierlich in die Frankenhalle ein.
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) spricht davon, wie sich die feierliche Zeremonie mit den Jahren doch verändert habe. Früher seien ein Drittel bei der Vereidigung umgekippt.
Schließlich hätten die jungen Polizei-Azubis vor nicht allzu langer Zeit im Freien bei jedem Wind und Wetter ihren Amtseid auf Gott und Vaterland ablegen müssen. Dass die Vereidigungsfeier mittlerweile zum fünften Mal unter dem Dach der schönen Frankenhalle stattfände, dokumentiere die "menschliche Entwicklung", die die Polizei insgesamt genommen habe.
Soziale Kompetenzen ganz oben auf dem Lehrplan Die Worte des Ministers kann Robert Heimberger nur bestätigen. "Diese Vielfalt an Bildung und Kultur hat es bei uns nicht gegeben", erzählt der Polizeipräsident von Oberbayern-Süd am Rande der Zeremonie auf der Ehrentribüne. Damals hätten die jungen Polizei-Anwärter noch nicht so ein buntes Bild abgegeben.
"Bei uns gab es keine Frauen und keine Anwärter mit Migrationshintergrund", erinnert sich Heimberger an seine Ausbildungszeit vor über 30 Jahren zurück. Auch bei der Ausbildung selbst habe sich viel getan. "Bei uns wurde noch viel mehr auf Formalitäten geachtet." Heute werde kaum noch marschiert während der Ausbildung. Dafür stünden soziale Kompetenzen ganz oben auf dem Lehrplan.
Derweil werden die einzelnen Ausbildungsseminare vorgestellt. Fast die Hälfte der Polizei-Azubis könne mittlerweile ein Abitur oder einen Realschulabschluss vorweisen. Häufig haben die Polizeianwärter bereits sogar eine abgeschlossene Berufsausbildung. 20 Jahre sind im Durchschnitt die zukünftigen Freunde und Helfer alt. Die meisten Anwärter beginnen ihre Laufbahn bei der Polizei im Mittleren Dienst, der heute 2. Qualifikationsebene genannt wird.
Nur 89 Polizei-Anwärter durften ein Studium an der Fachhochschule in Sulzbach-Rosenberg zum Polizeikommissar beginnen.
Aufgabenvielfalt steigt Die genaue Zahl der Polizei-Azubis ist freilich ein Politikum. "Während in anderen Bundesländern Personal abgebaut wird, haben wir in den Haushaltsjahren 2009 bis 2013 insgesamt mehr als 2000 dauerhafte neue Stellen geschaffen", sagt Innenminister Herrmann. "Heuer können wir mehr als 1200 Nachwuchskräfte einstellen. Damit haben wir den höchsten Personalstand aller Zeiten erreicht", freut sich Herrmann. Gleichzeitig warnt der Minister vor Personalengpässen in der nahen Zukunft.
Bis zum Jahr 2020 würden zahlreiche Polizisten in den Ruhestand gehen. Gleichzeitig steige die Aufgabenvielfalt der Polizei. Verstärkt wolle man deshalb für den Polizeidienst zukünftig werben, um die Nachwuchsprobleme zu lösen.
Höhere Bezüge stellte der Minister den Anwärern freilich nicht in Aussicht. Dafür garantiere der Freistaat seinen Polizeibeamten einen "sicheren Arbeitsplatz".
Die 1244 Polizei-Azubis in der Frankenhalle versuchen derweil immer noch Haltung zu bewahren. Auch Albrecht D. und Bakir K. schauen unter ihren Schirmmützen nicht nach links und nicht nach rechts. Stattdessen träumen die beiden bereits von einer Karriere bei der Polizei. Zum Sondereinsatzkommando (SEK) würden beide gerne gehen. Deshalb wollen sie auch nicht ihren Nachnamen in der Zeitung lesen. Erst als nach der Vereidigung die bayerische und dann die deutsche Nationalhymne erklingt, entspannen sich viele Gesichter.
Noch stolzer blicken nur die vielen Angehörigen und Freunde drein, die auf der Zuschauertribüne in der Frankenhalle die feierliche Zeremonie verfolgt haben. "Ich bin ganz stolz, dass mein Sohn bei der Polizei ist", sagt Mehmet Ünal und die Schwester Belgin und die Schwiegertochter Tugba nicken. Die kleine Tochter Nisa schläft ruhig im Kinderwagen. Der Papa wird auf sie aufpassen. Und auf uns sicher auch ein bisschen.