Das Deutsche Museum will ab 2020 eine Zweigstelle in der Nürnberger Altstadt eröffnen. Die Bürger haben gegen das Vorhaben erstaunlich wenig einzuwenden.
Beim Stammtisch haben sie die Idee einst ausgeheckt. Jetzt wird der Traum von Museumsdirektor Wolfgang M. Heckl und Finanzminister Markus Söder (CSU) tatsächlich realisiert. Das Deutsche Museum bekommt im Herzen der Frankenmetropole eine Dependance. Am Samstag haben Heckl und Söder die Bürger zum Dialog ins Heimatministerium nach Nürnberg eingeladen. Der Andrang ist enorm, die Stimmung geradezu euphorisch. Obwohl das weltberühmte Technikmuseum in Nürnberg deutlich kleinere Brötchen als in der Landeshauptstadt backen will.
Meckern gehört normalerweise zum guten Ton in Nürnberg. Der Franke ist eben gerne skeptisch. Ausnahmen bestätigen diese Regel. Wenn es um den Plan geht, der heimlichen Hauptstadt des genauso stolzen wie störrischen Volksstammes einen "kleinen Bruder" des Deutschen Museums zu schenken, ist diese "goldene Regel" offensichtlich außer Kraft gesetzt. Selbst beim Bürgerdialog am Samstag im Heimatministerium haben die Franken keinen Grund zum Mosern gefunden. Ganz im Gegenteil: Die Nürnberger sind begeistert von den Plänen, der Wissenschaft einen Tempel zu bauen. Horst Berl findet, dass die geplante Dependance die "Bratwurst-Metropole" nach vorne bringt. "Nürnberg bedeutet bald nicht mehr nur Glühwein und Lebkuchen. Dieses Projekt wird dem Tourismus ganz viel Schwung geben", ist sich der ehemalige Chef des "Grand Hotels" sicher.
Selbst der kritische Hinweis eines anderen Nürnbergers zeigt, wie sehr sich die Nürnberger auf das neue Haus freuen. "Ich bin hochzufrieden mit den Plänen. Es darf nur zu keinen Pleiten, Pech und Pannen beim Bau kommen. Das sollten wir bei einem so tollen Projekt vermeiden", sagt Klaus Bayer mit Verweis auf peinliche Endlosbaustellen wie den neuen Flughafen in Berlin oder die Elbphilharmonie in Hamburg. Selbst an den Entwürfen des geplanten Neubaus auf dem Gelände des ehemaligen "Augustinerhofes" haben die Nürnberger nichts zu meckern. "Der Standort ist genial. Die Umsetzung ist ein Glücksfall", zeigt sich Christiane Müller rundum begeistert.
Keine erhitzen Gemüter
Auf dem Podium sind derweil nur strahlende Gesichter zu sehen. Minister Söder und Museumschef Heckl würden sich wohl am liebsten in den Armen liegen. Denn normal ist das nicht. Dass bei einem Bürgerdialog keine Kritik laut wird. Dafür sind solche Dialoge eigentlich erfunden worden. Dass man dagegen sein kann. Dass man zumal in Nürnberg über die Münchner schimpfen kann. Gründe gibt es eigentlich immer. Auch an diesen Plänen könnte man herumnörgeln. Das macht ein einfacher Blick auf die Zahlen deutlich. In München beschäftigt das Deutsche Museum rund 650 Mitarbeiter. In Nürnberg werden es nur ein Dutzend sein.
Selbst der Entwurf des geplanten Neubaus erhitzt die Nürnberger nicht. Architekt Volker Staab und Immobilienunternehmer Gerd Schmelzer müssen am Samstag glauben, im falschen Film zu sitzen. Keine Kritik? Beim Augustinerhof? Allein der Name löst normalerweise Angst und Schrecken in Nürnberg aus. Schon einmal sollte hier am Ufer der Pegnitz im Herzen der Altstadt ein Neubau entstehen. Mit Händen und Füßen haben sich die Nürnberger in den 90er Jahren gegen die "aufgeschnittene Bratwurst" in ihrer "guten Stube" gewehrt und den modernen "Glaspalast" des Star-Architekten Helmut Jahn gegen den Willen des Stadtrates zum Teufel gejagt. Die aktuellen Entwürfe scheinen dagegen Glücksgefühle auszulösen. Verträumt schauen die Bürger auf die Bildschirme, über die die Pläne verlockend flimmern. Allein die ersten Zeichnungen scheinen pure Vorfreude beim Publikum auszulösen. Eine kleine "spanische Treppe" soll vom Museum zum Pegnitzufer führen. Auf diese Art und Weise soll ein neuer Platz zum Wohlfühlen entstehen. Einige Bürger können es kaum unterdrücken, wollüstige Laute von sich zu geben. Plätze zum Wohlfühlen sind in Nürnberg genauso selten wie Fußballmeisterschaften.
Nürnbergern leuchten die Augen
Auf dem Podium dürften sie immer noch nicht ihren Sinnen trauen. Bei einem Bürgerdialog blicken sie in ausnahmslos leuchtende Augen. Die allgemeine Euphorie verführt Minister Söder dazu, die übliche Bedenkenträgerei genüsslich durch den Kakao zu ziehen. "Das schafft ihr nicht!" Diese düstere Prophezeiung habe er sich immer anhören müssen, wenn er in Nürnberg alte heiße Eisen wie die Kaiserburg oder den Wöhrder See endlich anpacken wollte. Der Minister ist sogar dermaßen gut gelaunt, dass er sich ausführlich für die Hilfe seiner Mitstreiter auf dem Podium wie Kultusminister Ludwig Spaenle oder Kulturreferentin Julia Lehner (beide CSU) bedankt. In erster Linie dürfte Söder freilich Museumschef Heckl auf Knien danken, dass er das geplante Museum aller Wahrscheinlichkeit zu einer auch politischen Erfolgsgeschichte machen wird.
Museum soll junge Leute für Technikbegeistern
Heckl und Söder sind sich dabei einig, dass das Museum vor allen Dingen junge Menschen für Technik begeistern soll. Langweilig sollen andere Museen sein. Die Zukunft der Technik, auch hier sind sich die beiden bekennenden Science-Fiction-Fans einig, soll in dem Haus mit eigenen Händen spielerisch erlebbar werden. In dem fränkischen Ableger des Deutschen Museums sollen die Wissenschaftler von morgen für Technik von übermorgen begeistert werden. Hightech-Unternehmen aus der Region sollen mit ihren Erfindungen ebenfalls vorgestellt werden.
Schließlich soll die Wirtschaft weiter gedeihen. Und die braucht besonders in Franken schlaue Technikköpfe. Heckl und Söder nicken zufrieden. Die beiden "Star-Trek-Fans" schauen drein, als ob ihnen Käpt`n Kirk das Steuerrad der Enterprise für eine Spritztour durch das Weltall überlassen hat. Als "endlich" eine halbwegs kritische Frage aus dem Publikum kommt, scheinen sich die beiden auch darüber zu freuen, "Sind elf Millionen Euro für das Museum tatsächlich genug?", versucht Dieter Riesterer, Vorstand der IHK-Kulturstiftung, etwas Wasser in den Wein zu gießen. Gelassen lehnen sich Heckl und Söder zurück. Beide hätten die Pläne schon um ein Drittel vergrößert, sagen sie. Ursprünglich sollte die Zweigstelle "nur" drei Etagen des Augustinerhofes bekommen. Nun zieht das Museum in einen ganzen Gebäudeflügel ein. Mehr sei für Nürnberg auch nicht gut, finden beide. Größenwahnsinnig sind die Franken schließlich nicht.
"München ist nicht das Ziel", sagt Söder und erteilt gigantischen Bauwerken in der Altstadt in ungewohnter Bescheidenheit eine Absage. Nürnberg sei schließlich schon schön genug. Durch das neue Technikmuseum der Zukunft soll die Frankenmetropole noch schöner werden. Zuviel kann da nur schaden. Dagegen haben die Bürger offensichtlich nichts einzuwenden. Spätestens 2020 soll der Traum bereits Wirklichkeit werden. Die Nürnberger freuen sich darauf.
Eine klasse Idee, aber leider hört sich das Ganze an, als würde die Umsetzung eher in einem kleinen "Museumchen" münden als in einem richtigen Museum. Gerade mal 12 Mitarbeiter? Zum Vergleich: Selbst das eher unbedeutende Naturkundemuseum in Coburg listet 18 Mitarbeiter auf seiner Webseite auf...
Das Deutsche Museum in München hat übrigens etwa 73.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Klar, dass in Nürnberg kein zweites Deutsches Museum wie in München entstehen kann. Aber laut Zeitungsberichten soll die Ausstellungsfläche in Nürnberg nur etwa 1.650 Quadratmeter betragen. In meinen Augen viel zu wenig. Selbst für eine sog. "Außenstelle".
Aber das Zitat "mehr sei für Nürnberg auch nicht gut" aus dem Artikel sagt schon alles aus....