DJ Bobo feiert sein 25-jähriges Bühnenjubiläum und kommt mit neuem Album und neuer Tour im Frühjahr auch nach Franken. Wir haben ihn in Nürnberg getroffen.
Mystisch ist es schon irgendwie, dass es DJ Bobo mit seinen Dancefloor-Songs ("What a feeling") geschafft hat, ein ganzes Vierteljahrhundert auf der Bühne zu stehen. Am meisten wundert sich Bobo wohl selbst darüber, dass er mit seinen Discoschlagern noch immer nicht in der Mottenkiste der Popgeschichte verschwunden ist.
Den Nobelpreis für Literatur wird DJ Bobo wohl niemals in den Händen halten können. Dafür sind die Texte des 48-jährigen Hitproduzenten aus der Schweiz einfach zu banal. Das weiß er selbst am besten. "Die Texte sind ein wunder Punkt", gibt ein sichtlich aufgeräumter Popstar am Dienstag in Nürnberg unumwunden zu. Wer wisse, wie die Texte damals entstanden seien, müsse sich nicht wundern, findet Bobo und lacht. Schließlich habe damals der hämmernde Rhythmus im Vordergrund gestanden. Um die Texte habe man sich erst ganz zum Schluss gekümmert. Und das ziemlich stiefmütterlich.
"Wir konnten kaum Englisch"
Sinn machen mussten die Songzeilen jedenfalls nicht. Der Reim sei viel wichtiger gewesen. Dafür seien die Regeln der englischen Sprache häufig außer Kraft gesetzt worden. Der DJ, der mit echtem Namen Peter René Baumann heißt und dank seiner vielen verkauften Schallplatten in einer Villa mit Blick auf den Vierwaldstädter See lebt, wundert sich heute noch immer, dass er es mit Zeilen wie "Everybody likes to move/All the fellows having the groove" überhaupt in die englischen Hitparaden geschafft hat. "Wir konnten kaum Englisch", wirft Bobo, der eigentlich Bäcker werden wollte, entschuldigend ein.
Mit dem Rückenwind des 25-jährigen Bühnenjubiläums will der Schweizer im nächsten Jahr nach einer dreijährigen Bühnenpause wieder durchstarten. Pünktlich zum runden Bühnenjubiläum hat der 48-Jährige ein neues Album im Gepäck und eine neue Tour vor der Brust. Beidem hat Bobo den etwas hochtrabenden Titel "Mystorial" verpasst. Der großspurige Titel erinnert an eine durch den esoterischen Wortfleischwolf gedrehte Zwangshochzeit der englischen Begriffe für "historisch" und "mystisch". Bobo denkt als ehemaliger "King of Dance" eben nicht in kleinen Kategorien. Bobo sei heute eine Marke, ein Gesamtkunstwerk. Symbol goldener Schallplattenvergangenheit und moderner Unterhaltungszukunft. Bobo verspricht Popshows für die ganze Familie. Vati, Mutti und Kind sollen sich beim Schweizer - wenn sie für die Tickets schon zwischen 40 und 270 Euro hinlegen müssen - amüsieren können. Dafür will Bobo bei der Tournee im kommenden Jahr klotzen statt kleckern.
Mit der Zeitmaschine durch die Menschheitsgeschichte
Eine "Zeitmaschine" (kein Witz!) habe er extra für die anstehenden Konzerte erfunden. Damit will Bobo mit dem Mikro in der Hand durch die Menschheitsgeschichte reisen. Angesteuert werden beispielsweise die Steinzeit und das alte Ägypten. Zum Höhepunkt des Trips will Bobo in den 90ern landen. Dann soll gefeiert werden, als ob die Zeit für immer stehengeblieben ist.
Kinder dürften sich freilich heute kaum noch erklären können, warum "Bands" mit Namen wie "Dr. Alban" und Hits wie "It´s my life" überhaupt in der Lage waren, ein größeres Publikum zu erreichen. DJ Bobo erklärt sich das einfache Erfolgsmuster der Eurodance-Chartbreaker aus den 90ern so: Man nehme einen monotonen Grundbeat aus dem europäischen Technoregal, würze diesen mit amerikanischen Rapzeilen und garniere das Ganze mit souligen Frauenstimmen. Fertig sei der Dance-Hit gewesen und die Eurodance-Welle geboren. Überall auf der Welt schepperten plötzlich solche Ohrwürmer aus den Boxen. Man darf es den Kindern nicht verschweigen, wie groß die Welle wirklich war. Sie war gigantisch. Praktisch niemand konnte sich vor diesem Techno-Schlager-Tsunami retten. Tanzschulen zeigten den willfährigen Massen, wie man genauso wie DJ Bobo die Hände beim Tanzen sanft vor dem Gesicht faltet oder die Finger göttergleich in den Discohimmel reckt.
"Die Amis konnten Eurodance nicht", erinnert sich Bobo an die lukrativen Jahre des Musikmonopols zurück und lacht noch immer über die kreative Begriffsstutzigkeit, die jenseits des Atlantiks herrschte. Nach fünf Jahren versandete die Eurodance-Welle genauso plötzlich, wie sie gekommen war. Nur an den Rändern der Welt hielt sich der Disco-Sound aus der Konserve noch einige Jahre. Auch Bobo reiste der Dance-Welle hinterher. Allein sein Auftritt in der Mongolei dürfte dort noch heute unvergessen sein.
Hierzulande wurde es in den Nullerjahren ruhig um Bobo. Die meisten Menschen blickten peinlich pikiert auf letzte Jahrzehnt im 20. Jahrhundert zurück. Bobo hofft, dass der Schrecken nun endlich ein Ende hat und seine Musik zurückkommt. Das Fremdschämen sei vorbei, ist sich der DJ sicher. Die Fans von einst seien heute selbstbewusst genug, um zu ihren popkulturellen Sünden zu stehen. Schließlich hätten viele der heute 40-Jährigen zu "What a feeling" unter der Discokugel geknutscht. Und diesen Klassiker hat ihnen - Sie erraten es vermutlich - ein DJ mit vier Buchstaben ins Ohr gesetzt. Soll jeder nun selbst entscheiden, ob er die Ohrwürmer aus den 90ern wieder beleben oder für immer zum Schweigen bringen will. Bobo würde es sicher anders formulieren und ganz direkt fragen: Somebody dance with me? Und dazu die Hände wie zum Gebet vor der Brust falten. Damit die Zeitreise beginnen kann...
Infos und Tickets zur Tour DJ Bobo ist am 19. Mai 2017 in der Arena in Nürnberg zu Gast. Nähere Infos und Tickets gibt es hier.