Das große Ziel fest im Blick: Die Freien Wähler wollen zum ersten Mal ins Europaparlament einziehen. Mit einem Ja zum "Europa der Bürger" und einem Nein zum "Europa der Lobbyisten" soll dies endlich gelingen.
Hubert Aiwanger und seine Freien Wählen wollen mit aller Macht nach Brüssel. "Wir sehen, dass sich vieles in die falsche Richtung entwickelt hat, weil die etablierten Parteien den Menschen ausblenden und immer mehr mit Lobbyisten zusammenarbeiten. Wir wollen Europa neu erfinden", sagt Aiwanger bei der einstimmigen Verabschiedung des Europawahlprogramms am Samstag in Roth und kritisiert besonders seinen bayerischen Intimfeind. "Eine CSU ist heute eine Lobbyorganisation, die außerhalb der bayerischen Grenzen das tut, was Gott verboten hat", sagt Aiwanger und schielt auf die europaweite Freigabe der grünen Gentechnik, die Seehofer und Co. nicht verhindert habe. Auch die Trinkwasserversorgung müsse in kommunaler Hand bleiben. Ein Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA dürfe ohne Bürgerbeteiligung nicht zustande kommen.
Mit dieser Marschrichtung hofft Aiwanger, den Einzug der Freien Wähler in das Europaparlament endlich zu schaffen. "So wenig Stimmen können wir gar nicht bekommen. Das muss klappen", gibt sich Aiwanger optimistisch und rechnet vor, dass bereits fünf Prozent der Wählerstimmen allein aus Bayern für den erstmaligen Sprung nach Brüssel ausreichen würden. Angst im großen Brüssel unterzugehen, hat Aiwanger nicht. "Wir wollen bei wichtigen Entscheidungen das Zünglein an der Waage sein. Ein guter Abgeordneter kann mehr bewegen, als zehn Schnarchnasen", sagt Aiwanger und erinnert an die Geschichte von David und Goliath. Die kleinen Freien Wähler wollen im fernen Brüssel mitreden und gleichzeitig daheim den großen Gegner ärgern. Die CSU habe derzeit auch nur acht EU-Abgeordnete.
"Nach der nächsten Wahl im Mai wird es ein paar CSU-Abgeordnete weniger in Brüssel geben", kündigt Aiwanger süffisant an.
Mit der Erfahrung auf kommunaler Ebene wollen die Freien Wähler auch in Europa punkten. "Wir wollen die Eigenverantwortung der Region stärken", sagt Aiwanger. Bislang würden die Gelder aus den EU-Fördertöpfen versickern. "Lasst die Leute vor Ort mehr mitbestimmen, dann sind die Ergebnisse besser, als wenn alles weit entfernt und abstrakt von Bürokraten entschieden wird", sagt Aiwanger und fordert, dass mit dem Gieskannen-Prinzip in Europa endlich Schluss gemacht werden müsse. "Kein Haferlschnitt für alle, sondern angepasste Lösungen für jede Region Das muss möglich sein in einem Europa der Regionen", so Aiwanger. Dann habe beispielsweise auch die bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland eine Zukunft.
Die Spitzenkandidatin der Freien Wähler bei den Europawalen, Urlike Müller, kommt auch aus der Landwirtschaft und fordert für die EU-Agrarpolitik: "Wir müssen das Kontrollsystem vereinfachen und Beamte einsparen, um den EU-Apparat zu verschlanken." Müller will auf europäische Fehlentwicklungen rechtzeitig hinweisen und wenn nötig "auf den Putz" hauen. Entscheidend sei die parteiinterne Kommunikation, um gegen Fehlentwicklungen in der EU frühzeitig vorgehen zu können. "Ich werde alle Dinge, die dort in Brüssel behandelt werden, rechtzeitig an unsere Bürgermeister in ganz Bayern und ganz Deutschland weitergegeben. Das ist mein oberstes Ziel", sagt Müller, die sich nach dem Ende der Fünf-Prozent-Hürde bessere Chancen bei den Wahlen im Mai ausrechnet.